Zum Erfolg von Stefano Colombo
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich sehe Geld nur als Teil des Erfolges, als eine gewisse Anerkennung. Erfolg im Arbeitsleben bedeutet für mich die Fähigkeit, verschiedene Elemente meiner Umgebung am besten zu interpretieren und zu entwickeln. Wenn ich im Unternehmen als positive Kraft erkannt werde, und zwar nicht nur unter dem finanziellen, sondern vor allem unter dem menschlichen Aspekt, werte ich das als großen Erfolg. Mit jedem Aufstieg in der Hierarchie einer Firma steigt die Verantwortung, die Aufgaben werden schwieriger. Wenn ich dieses Vertrauen rechtfertige, bin ich erfolgreich, aber nur dann, wenn ich mir jeden Tag im Spiegel reinen Gewissens in die Augen schauen kann.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich glaube, ich habe bisher bereits mehr erreicht als ein durchschnittlicher Manager. Ich stellte meine Fähigkeiten in unterschiedlichen Ländern und Kulturen unter Beweis. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Die Kommunikationsfähigkeit, sowohl nach oben als auch nach unten, ist sicher ein wichtiger Faktor. Ich bin Italiener und trotz unterschiedlicher Mentalität und Kultur ist es mir gelungen, mich überall durchzusetzen. Natürlich braucht man in meiner Position Entscheidungsfreudigkeit und exzellente Führungsqualitäten, bei der Telekom Austria bin ich direkt und indirekt für rund 1.100 Bedienstete verantwortlich. Was man aber unbedingt braucht, um über Jahre erfolgreich zu sein, sind Konsequenz, eiserner Wille, Freunde, Familie und ein starker Glaube. Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Man kann verschiedene Modelle vor Augen haben, aber am Ende muß man sein eigenes Modell entwickeln.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich habe erlebt, daß Menschen weinten, weil ich die Firma verließ - mit vielen meiner früheren Mitarbeiter und Kollegen habe ich noch heute Kontakt. Ein anderes Beispiel: Ich rief bei einer Firma an, die ich vor 14 Jahren verlassen hatte, und die Dame am Telefon erkannte mich sofort wieder. Das sind schöne Momente der Anerkennung und des Erfolges. Ich habe mir im Laufe meiner Karriere niemals Feinde gemacht.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Sie tragen sicher mehr als 50 Prozent zu meinem Erfolg bei. Das kommt aber nicht von alleine, ich muß dafür die Voraussetzungen schaffen. Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Wenn ich neu in ein Unternehmen komme, versuche ich zunächst, die Mitarbeiter nach meinen Vorstellungen zu motivieren und zu formen. Das klappt bei einigen, bei einigen nicht. Wenn ich neue Mitarbeiter aufnehme, muß ich das Gefühl haben, daß der Bewerber in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen. Ich will und brauche Leute, die so gut sind, daß sie mich jederzeit von meinem Sessel drängen könnten. Ein erfolgreicher Manager hat niemals Angst vor seinen Mitarbeitern.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich gebe klare Linien und klare Verantwortlichkeiten vor. Ich sage meinen Leuten: Du mußt mit mir nicht über alles reden oder dich mit mir abstimmen, aber wenn du Hilfe bei deinen Entscheidungen brauchst, bin ich da. Ich stehe auch bei Fehlentscheidungen und nach außen hin zu meinen Mitarbeitern, schließlich habe ich sie für diese Aufgabe ausgewählt und wir sind ein Team. Vor meiner Zeit herrschte eine gewisse Beamtenmentalität nach dem Motto Ich bin zwar zuständig, aber nicht verantwortlich. Heute heißt es: Ich bin verantwortlich, auch wenn ich nicht dafür zuständig bin.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich begann eigentlich erst vor zwei oder drei Jahren, mich etwas mehr um mein Privatleben zu kümmern. Die Zeit davor war eine dramatische Investition in die Karriere, in den Erfolg. Wie bei der Telekom Austria war jeder Einstieg in eine neue Firma auch ein Neubeginn, nicht für die Karriere, aber hinsichtlich der Aufgabe. Ich mußte die Probleme analysieren, mit neuen Leuten zurechtkommen und mich einarbeiten - da blieb keine Zeit für Privatleben. Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ich stehe seit 21 Jahren im Berufsleben, und Fortbildung spielte immer eine ganz wichtige Rolle, um voranzukommen und mich weiterzuentwickeln. Ich saugte alles Wissen auf, das ich bekommen konnte, erst in den letzten Jahren ist es mehr eine Pflege dieses gesammelten Wissens geworden. Trotzdem lernt man fast jeden Tag etwas Neues. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Ich halte es für wichtig, in verschiedenen Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen Erfahrungen zu sammeln - also keine Angst vor neuen Herausforderungen zu haben. Man muß die Welt kennenlernen, das wird in der heutigen Zeit immer wichtiger.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Über meine unmittelbare nächste berufliche Zukunft habe ich noch nicht entschieden, auf jeden Fall möchte ich etwas mehr Zeit für mich selbst haben. Außerdem gibt es einige weltweite Organisationen, die sich um Menschen kümmern, die im Leben nicht so erfolgreich sind. Ich könnte mir vorstellen, dort mein Know-how einzubringen. Ich habe in meinem Leben sehr viel bekommen, jetzt wäre es Zeit für einen Ausgleich, indem ich der Gesellschaft ein bißchen zurückgebe.