Zum Erfolg von Klaus Liebscher
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Es gibt kleine und große, private und berufliche Erfolge. Erfolg beginnt für mich im privaten Bereich, nämlich bei meiner glücklichen Familie mit zwei Töchtern. Die beiden sind für mich und meine Frau der wertvollste Erfolg. Erfolg im allgemeinen bedeutet, sich ein Ziel zu setzen und dieses unter den angepeilten Rahmenbedingungen auch zu erreichen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Heute, mit 64 Jahren, kann ich sagen, daß es einiges gegeben hat, bei dem ich mitwirken durfte, das für mich als Erfolg gilt. Als besonderes Beispiel nenne ich die Einführung des Euro in einer Währungsunion mit zwölf europäischen Ländern. Der Aufgabenbereich der OeNB bestand dabei darin, gemeinsam mit meinen Kollegen aus den Zentralbanken der Währungsunion im Rat der EZB die europäische Geld-, Währungs- und Zinspolitik festzulegen. Die Währungsumstellung bedeutete für alle Mitarbeiter unseres Hauses eine große Herausforderung und ich freue mich, daß wir diese Aufgabe erfolgreich bewältigten. Selbstverständlich war dieses Ereignis auch für mich eine besondere berufliche Herausforderung. Um sich erfolgreich fühlen zu können, braucht man nicht unbedingt die ganz großen Erfolge. Viele kleine Erfolge helfen dabei, den Motivationsmotor in Schwung zu halten.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Mein Vater war mir immer ein Vorbild und prägte meine innere Haltung zu verschiedenen Themen. Beruflich war mein ehemaliger Chef bei der Raiffeisen Zentralbank, der leider mittlerweile verstorbene Generaldirektor Dr. Klauhs, für mich ganz wesentlich. Ich konnte beruflich, aber auch menschlich vieles von ihm annehmen. Er prägte mich zweifellos und ich bin ihm dafür dankbar.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Bis jetzt habe ich nur positive Meldungen vernommen. Die Anerkennung durch meine Frau ist mir am wichtigsten, weil sie vorurteilslos ist.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Fachwissen, kollegiales bzw. amikales Verhalten, damit meine ich soziale Kompetenz im allgemeinen, die Fähigkeit, persönliche Überzeugungen zu revidieren, wenn es überzeugende Argumente dagegen gibt, Loyalität sowie ein offener und ehrlicher Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen sind für mich die wichtigsten Kriterien für eine gelungene Form der Zusammenarbeit.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Wichtig ist, die Leistung von Mitarbeitern bzw. externen Kräften anzuerkennen und diese Anerkennung auch zu vermitteln. Dies ist wohl die beste Motivation, obwohl man Lob nicht im Übermaß vergeben, es nicht inflationär gebrauchen sollte.Welche besonderen Fähigkeiten brachten Sie an diese Position? Abgesehen von meiner Ausbildung habe ich mein Leben lang gearbeitet und gelernt. Außerdem braucht man für Berufe im Finanzsektor ein hohes Maß an Moral, Ethik, Integrität und Seriosität. Diese Anforderungen glaube ich zu erfüllen. Selbstverständlich gilt es in meiner derzeitigen Funktion auch politisch akzeptiert zu werden, was sowohl durch meine Qualifikation aus lebenslanger Praxis im Bankenbereich, als wohl auch durch meine eigene Persönlichkeit gegeben ist.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Viele erfolgreiche Junggesellen haben für sich richtig entschieden. Für mich hat (meine) Familie allerdings sehr hohen Stellenwert. Die Entscheidung für oder gegen eine Familie muß jeder für sich selbst treffen.Nach welchen Kriterien wählten Sie den Bankenbereich? Das war ein reiner Zufall. Ehrlicherweise muß man zu den Parametern des Erfolges auch das Glück zählen. Man braucht die Chance - einer frei werdenden Position bzw. einer Veränderung, die neue Perspektiven eröffnet. Selbstverständlich muß man diese Chance dann durch entsprechende Leistung nützen.
Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Zweifelsohne erlebte ich Niederlagen. Wichtig dabei ist, sie zu erkennen, die Ursache zu verstehen, etwaige Eigenschuld zuzugeben, aber auch zu erkennen, wo die Grenzen der eigenen Verantwortung liegen. Mit Sicherheit lernt man aus Niederlagen, man wird von Ihnen geprägt.Woher beziehen Sie Kraft? Physische Energieverluste mache ich durch ein Wochenende, an dem ich mich mit meinen Hobbies beschäftige, wieder wett. Darüber hinaus versuche ich morgens, dem beginnenden Tag etwas Positives abzugewinnen. Das gibt mir Kraft.Welche Philosophie begleitete Sie in schwierigen Situationen? Man sollte in den meisten Fällen relativ gelassen an Ereignisse herangehen. Ich habe ein sehr ausgeglichenes Naturell und bin der Überzeugung, daß sich Probleme nach 24 Stunden oft ganz anders darstellen. Dann soll bzw. muß man reagieren.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Mein sehr ernst gemeinter Rat lautet, lernen, arbeitsam und anständig sein, Chancen nutzen und niemals verzweifeln - denn es geht immer weiter.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Im beruflichen Bereich gilt es in eine durch die Währungsunion und die Schaffung des Euros neue Finanzwelt einzutreten und eine Reihe von Herausforderungen zu meistern.
Ihr Lebensmotto?
Aus der Lebenserfahrung ergab sich für mich ein Motto, genau genommen zwei: Denke positiv und überlege morgens, worauf du dich heute freust.