Zum Erfolg von Lubor Bystricky
Was ist für Sie Erfolg? Erfolg hängt von der eigenen Weltanschauung und der eigenen Werteskala ab. Zu Beginn war für mich der höchste Wert die Freiheit, und dieser Wert beeinflußte mich dahingehend, daß ich mich für Chemie entschied, weil in der damaligen Gesellschaftsordnung in der Naturwissenschaft die größte Freiheit herrschte. Aus politischen und persönlichen Gründen konnte ich damals auch nicht damit rechnen, ein Firmenchef zu werden, da alles das von den kommunistischen Parteiorganen bestimmt wurde, und so kümmerte ich mich auch nie um Positionen.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Im obigen Sinne ja. Damals war alles politisch kontrolliert, und man konnte nicht frei seine eigenen Ziele verfolgen. Leider konnte ich auch nur eine Einladung zu einem Auslandsaufenthalt (1981 Studienaufenthalt an der Universität Stockholm, Institut für analytische Chemie) absolvieren und nicht allen Einladungen folgen, um international wissenschaftlich zu arbeiten. Trotzdem fühlte ich mich zufrieden. Im wissenschaftlichen Bereich war ich insofern erfolgreich, als ich dazu beitragen konnte, daß Gaschromatografie (komplizierte Meßmethoden und komplexe Analysen im Zusammenhang mit Umweltschutz) heute zur Routine geworden sind. Im politischen Bereich sehe ich mich nur zu einem Teil erfolgreich, und die Analyse darüber sollte man erst nach Beendigung der Tätigkeit stellen. In der Politik muß man sich ja auch mit Menschen beschäftigen, und das ist nie so objektiv wie in der Naturwissenschaft. Politisch bin ich insofern gescheitert, als ich es nicht schaffte, Parteivorsitzender zu werden, da ich meine Parteifreunde nicht überzeugen konnte. In meiner jetzigen Position ist nach eben erst zehn Monaten keine Schlußfolgerung zulässig. Wenn ich langfristig meine Ziele durchsetzen kann, werde ich das als Erfolg bezeichnen. In führende Position zu kommen, ist für mich kein Ziel, sondern gewisse Dinge erfolgreich durchzusetzen.
Wie sieht Sie Ihr Umfeld - als erfolgreich?
Die Menschen bemerken bei mir zuerst wahrscheinlich nicht den Erfolg, sondern meine dominante Erscheinung, daß ich eine starke, eventuell sogar sture und strenge Persönlichkeit bin. Das Leben hat mich gelehrt, daß man sich in einer oft auch unfreundlichen Umgebung nur mit Strenge, auch zu sich selbst, durchsetzen kann, und das muß man auch täglich üben.
Wobei haben Sie erfolgreich entschieden?
Es ist ein ständiger Prozeß der kleinen Schritte. Ich reflektiere jeden Schritt, nehme ihn unter die Lupe und betrachte ihn selbstkritisch. Dadurch gelingt es mir meist, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich interessiere mich aber auch für oppositionelle Meinungen, da diese oft neue Perspektiven öffnen. Nach der Wende ergab sich die Möglichkeit, die Werte meines Lebens (Freiheit, Demokratie, Pluralismus, Achtung des Rechtsstaates - in der Zwischenkriegszeit war ja die Tschechoslowakei das einzige demokratische Land Europas) zu verwirklichen, und so nützte ich die Chance, um in die Politik einzusteigen.Was ist für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Durchsetzungsvermögen. Ich bin eine starke Persönlichkeit und kann einer feindlichen Umgebung oder Zeit trotzen, da ich ohne Überheblichkeit sehr selbstbewußt bin, mir meiner Eigenschaften, Stärken und meines Willens bewußt bin.
Was macht Ihren spezifischen Erfolg aus?
Das wichtigste für Erfolg ist die optimale Zusammensetzung eines Teams, die Leute so zu motivieren, daß das Team zu einem gut geschmierten Werk wird. Die richtigen Menschen an den richtigen Stellen sind zu großen Leistungen fähig, und auch das beeinflußt den Erfolg.Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt? Ich hatte schon als Kind eine Beziehung zu Politik, Sozialem, Theologie, Philosophie und Fremdsprachen. Im Alter von zehn Jahren war ich von Castro oder Che Guevara begeistert und kam durch Persönlichkeiten wie Olof Palme oder Bruno Kreisky zur Sozialdemokratie, was ich damals aber nicht ausleben konnte. Auch 1989 bewarb ich mich nicht um einen neuen Job, sondern fühlte mich intuitiv für diese Tätigkeit geschaffen.Welche Rolle spielt die Familie? Meine Eltern leben noch und haben einen hohen Stellenwert in meinem Leben. Auch in meiner eigenen Familie habe ich sehr hochgesetzte Ziele. Wichtig ist es mir, meine Kinder Selbständigkeit zu lehren.Welche Rolle spielen die Mitarbeiter? Meine Mitarbeiter sind alle in einem Alter, in dem sie noch flexibel sind. Ich bin sehr anspruchsvoll und verlange maximale Leistung, versuche aber fair zu sein und beurteile niemanden nach persönlicher Sympathie oder Antipathie. Um aus den Menschen das Beste herauszuholen, beobachte ich sie aus psychologischer Sicht und versuche in die Seele zu schauen.Nach welchen Kriterien stellen Sie Mitarbeiter ein? Ich mag keine Schmeichler und Leute, die sich das Leben auf Kosten anderer leicht machen. Ich bevorzuge Menschen, die neben einem salonfähigen Benehmen auch eine eigene Meinung und ähnliche Ziele wie ich haben, selbstbewußte Menschen, deren Hauptziel nicht Geld und Positionen sind.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Junge Mitarbeiter beauftrage ich mit anspruchsvollen Tätigkeiten, an denen sie wachsen können. Für gute Leistungen lobe ich, ich bin aber auch kritisch in vier Augen Gesprächen. Karrieren kann ich durch Funktionen und Ränge beschleunigen, und auch Prämien gehören dazu. Vor allem aber muß man eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Leute schätzen. Ich bin auch stolz darauf, daß mir meistens die Motivation gelingt. Als Erfolg betrachte ich es auch, wenn aus meinen Mitarbeitern etwas wird, viele von ihnen machten große Karrieren, und es freut mich, wenn es mir gelingt, aus ihnen das Beste herauszuholen.
Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Ich versuche daraus eine Lehre zu ziehen, zu analysieren und Fehler nicht zu wiederholen.Woraus schöpfen Sie Kraft? Das ist eine vererbte Eigenschaft. Meine Mutter ist eine sehr starke Persönlichkeit mit eisernem Willen.
Ihre Ziele?
Keine formelle Stelle oder Position. In meiner Funktion ist es mein Grundziel, ein besseres Verständnis zwischen unseren Völkern zu schaffen und nicht nur auf gute bilaterale Beziehungen auf höchster Ebene beizutragen, sondern vorurteilsfrei zwischen den einfachen Menschen.Haben Sie Anerkennung von außen erfahren? Ich bin äußerst selbstbewußt, und daher genieße ich das Gefühl der Anerkennung nur ein paar Stunden. Anerkennung ist mir ziemlich gleichgültig, zur Zeit verachte ich sie auch und will mich weder mit allen Anerkennungen identifizieren und auch nicht im Scheinwerferlicht stehen, weil ich auch privat ungestört durch die Straßen gehen will.
Ihr Lebensmotto?
So zu leben, daß ich mit mir (zumindest von Zeit zu Zeit) zufrieden bin und mich nicht schämen muß.
Haben Sie Vorbilder?
Menschen, die nicht durch ihre Umwelt beeinflußt werden, sondern umgekehrt, die ihre Eigenschaften ausnützen und in den Dienst anderer stellen.
Anmerkung zum Erfolg?
Gesundheit hat absolute Priorität, um sein Leben bis zuletzt genießen zu können, dazu ist auch Selbstdisziplin nötig. Man kann alles klauen, nur nicht die Gesundheit.