Zum Erfolg von Jutta Meyer-Kulak
Was bedeutet für Sie Erfolg? Die persönliche Komponente des Erfolges würde ich in einer Art von Zufriedenheit sehen. Erfolg hat ja immer auch mit einem Ziel zu tun. Das heißt, erfolgreiches Wirken ist immer dann gegeben, wenn man ein Ziel erreicht hat - dann könnte man sagen, daß das der Erfolg ist. Es gibt natürlich auch den wirtschaftlichen, menschlichen und fachlichen Erfolg. Für mich persönlich ist es wichtig, daß ich morgens in den Spiegel schauen und sagen kann: das was ich machte, machte ich so gut, wie ich es machen konnte. Für mich ist Erfolg auch immer gepaart mit einer gewissen Zufriedenheit mit dem, was man vorwärts brachte. Man muß das machen, was man gerne tut, wobei es in jedem Beruf natürlich so ist, daß es Dinge gibt, die man gerne, und solche, die man weniger gerne macht. Es ist auch die Frage, wo man Prioritäten setzt; ob man im Beruf oder im Privatleben diese Erfüllung sieht, oder ob es einem gelingt beides zu kombinieren. Das Günstigste wäre natürlich beides zu kombinieren - wobei ich der Meinung bin, der Beruf sollte das Privatleben nicht verdrängen. Aus Leidenschaft berufstätig zu sein wäre für mich nicht das Ziel des Lebens. Ich denke, es gibt noch etwas anderes außerhalb des Berufes. Ich lege sehr viel Wert auf mein Privatleben, versuche geschäftliche ud private Dinge so weit als möglich zu trennen und mich in meinem Beruf jedoch nicht anders zu geben als ich privat bin. Ich spalte mich nicht in zwei Persönlichkeiten. Bei mir sehe ich als Erfolg das Vertrauen, das die Mandanten zu mir haben. Das gleiche Vertrauen haben die Leute auch im Privatleben zu mir.
Was macht Ihren spezifischen Erfolg aus?
Ich denke, das Eingehen auf die speziellen Probleme der Aufgaben, die ich habe. Im wesentlichen habe ich ja mit Menschen zu tun, denen ich in etwas prekären Lagen helfen soll. Dazu braucht man natürlich Einfühlungsvermögen. Viele Kollegen absolvieren das sehr geschäftsmäßig; ich habe mir über die Jahre das nötige Mitgefühl bewahrt, einzusehen, daß diese Leute oft ganz große Probleme haben, auch wenn diese für mich als Jurist und als Person überhaupt nicht so tragisch sind. Ich versuche immer, meine Erfahrung hineinzugeben, die Menschen zu beruhigen, ihnen Vertrauen und den Mut zu geben, Dinge zu sagen, die sie sich sonst vielleicht nicht trauen würden auszusprechen. Das geht natürlich auf Kosten meiner Zeit und der Wirtschaftlichkeit. Aber ich habe akzeptiert, daß es so ist. Deshalb habe ich mich in meiner Karriere als Anwältin auch etwas anders entwickelt als viele andere Kollegen. Ich bleibe in einer Ebene, die mir die nötige Befriedigung gibt, die aber mit Sicherheit für manche Leute, die ganz groß herauskommen wollen, nicht erstrebenswert ist. Ich habe das für mich so beschlossen - ich will das so, und bewahrte mir dadurch meine Unabhängigkeit. Wenn man als Anwalt ganz groß herauskommen will, geht das immer auf Kosten des Privatlebens. Ein weiteres Problem ist, daß man - meiner Meinung nach - seine Unabhängigkeit verliert und unter enormem Leistungsdruck steht. Ich kann hier vor mir selbst vertreten was ich mache, habe den Überblick und kann sagen: das mache ich, und das andere will ich nicht machen. Ich denke, diese Unabhängigkeit ist ein Vorteil der Selbständigkeit. Aber die würde immer wieder sofort eine Abhängigkeit bewirken, wenn ich eine gewisse Größe überschreite - denn je mehr Leute, Mitarbeiter und Partner, da sind, desto mehr Rücksicht muß man nehmen, desto mehr Komplikationen gibt es, desto mehr Hierarchien werden aufgebaut.Wie gehen Sie mit Rückschlägen um? Mit Rückschlägen umgehen heißt eigentlich, sich nicht unterkriegen zu lassen. Nur wer versucht, wieder aufzustehen kann überhaupt weitermachen - so banal das klingt. Man muß natürlich einen Weg finden, sich bei Rückschlägen nicht ständig Selbstvorwürfe zu machen. Man kann nicht immer an sich selbst höhere Maßstäbe setzen als die Umwelt, weil man dann wenig Erfolg spürt. Allerdings neige ich dazu, aber ich versuche das auszugleichen und sage mir, daß es besser ist, selbst der schärfste Kritiker zu sein, nicht die Mandanten. Denn man hat einen gewissen Anspruch und dieser ist sicher höher als der, der verlangt wird. Ich denke, den sollte man sich bewahren, weil man sonst zu zufrieden und behäbig wird.Welche Rolle spielt die Familie für den Erfolg? Ich glaube, die Familie ist für den Erfolg sehr wichtig. Mir hilft sie sehr und sie bringt mich auch dazu, zu sagen, ich habe die Sachen, die ich machte, richtig gemacht. Ab und zu habe ich auch das Bedürfnis, meine Sorgen meinem Mann, in dem ich einen sehr kompetenten und verständigen Ratgeber habe, mitzuteilen. Wobei das Wesentliche ist, daß er mir das Gefühl gibt, daß er mich für intellektuell sehr hochstehend hält. Das heißt, er gibt mir das Gefühl, daß ich die Sachen beherrsche und von meiner Persönlichkeit her richtig mache. Mache ich einmal einen Fehler oder habe ich Probleme, für die ich im Moment keine Lösung sehe, so hilft er mir schon alleine dadurch, daß er mir zutraut, diese zu lösen.Was gibt Ihnen Kraft? Sicher auch meine Familie. Kraft ist eigentlich für mich der Bezug zu meiner Umgebung; das gelebte Leben, die Erfahrungen, die ich mache, und die ich weitergeben kann.Was sind Ihre Ziele, was möchten Sie erreichen? Ich steckte mir nie ein Ziel, sondern lebte immer in der Gegenwart und werde das auch weiterhin tun. Denn ich bin der Meinung, wenn ich mir ein Ziel zu hoch stecke, bin ich enttäuscht und wenn ich es mir zu niedrig stecke, werde ich blockiert. Ich mache meine Arbeit so wie sie kommt. Ich stellte eine Weiche, als ich sagte, daß ich Jura studieren werde. Die zweite Weiche stellte ich, als ich in die Anwaltschaft ging und da dann ganz bewußt die Ebene der Zweier-Sozietät wählte. Das alles hatte ich mit Ende 20 erreicht. Ich finde meinen Beruf so abwechslungsreich, daß ich sage, eigentlich sind die Ziele immer die täglichen Aufgaben, die ich habe. Durch die mittlere Struktur meiner Sozietät kann ich zwar einerseits nicht so viel verdienen wie eine große Kanzlei, aber andererseits bin ich einfach unabhängiger, kann auch einmal sagen, das machen wir lieber nicht.Haben Sie einen Ratschlag für den Erfolg? Wichtig wäre für mich eine Unabhängigkeit gegenüber bestehenden Strukturen. Unerschrockenheit, ein Selbstbewußtsein, das auch Rückschläge aushält. Man braucht Zivilcourage. Wobei sich natürlich immer die Frage stellt, was man erreichen will. Will man Karriere im herkömmlichen Sinne machen - also oben stehen und Macht haben - muß man natürlich sehr viel Rücksicht nehmen, auf die Eitelkeiten der Leute eingehen, muß sich in vielen Dingen anpassen. Man muß einfach wissen, ob man das will und sich entscheiden, welchen Weg man geht.Haben Sie ein Lebensmotto? Ja, es gibt einen Satz von Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.