Zum Erfolg von Gottfried Annau
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, meine Ziele mit ethischen Mitteln erreicht zu haben. Ein weiterer Aspekt des Erfolges besteht darin für mich, daß ich die Möglichkeit habe, Dinge, die ich für richtig erachte, durchzuführen und umzusetzen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Wenn ich die nicht gerade üppige Palette der Aufstiegschancen eines Lehrers betrachte, sehe ich meine Position als gewisse Form des Erfolges. Anerkennung erfahre ich durch die Tatsache, daß viele Menschen meinen Rat schätzen und mich bei Problemen befragen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Natürlich strebt der Mensch Erfolg an. Mir stellte sich jedoch immer wieder die Frage, mit welchen Einsätzen ich diesen Erfolg zu erreichen versuche. Erfolg um jeden Preis haben zu wollen, sehe ich als eines der größten Probleme unserer heutigen Zeit. Eigentlich verwunderte mich die Tatsache, daß der Erfolg auf mich zu kam. Man trat immer wieder an mich heran, entweder mit Fragestellungen oder Aufstiegsmöglichkeiten, ich persönlich dachte, da ich den Beruf des Lehrers immer liebte, nie daran, Direktor zu werden. Als mir die Position des Direktors angeboten wurde, verordnete ich mir eine Nachdenkpause, um alle Veränderungen zu bedenken. Für mich bedeutete die Übernahme dieser Funktion, daß ich bereit sein mußte mich noch mehr einzusetzen und mich über das nötige Ausmaß hinaus zu engagieren. Erfolg hat nicht allein mit Qualifikation zu tun. Ich glaube, daß der Erfolg mit dem Zusammentreffen vieler Konstellationen zusammenhängt, die sich oft zufällig, auch gepaart mit Glück, an einem Punkt schneiden. Dazu muß man auch bereit sein, zu kommunizieren, denn ein introvertierter Mensch wird kaum in die Nähe eines solchen Schnittpunktes gelangen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich empfand mich als erfolgreich, als ich mit 38 Jahren Direktor wurde, obwohl man diese Position normalerweise erst ab 50 einnimmt.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Es gibt zur Zeit mehrere ungelöste Probleme, vor allem das zum Teil erschreckende Ausmaß an Erziehungsabstinenz der Eltern. Die Fremdverantwortlichkeit wird in vielen Fällen vor die Eigenverantwortlich gestellt. Daher sehen wir uns immer öfter mit den Argumenten der Eltern konfrontiert, die meinen, daß die Institution Schule, für die in manchen Fällen ja auch Schulgeld gezahlt wird, die Erziehung mit übernehmen soll. Viele junge Kollegen scheitern daran, weil sie sich mit Situationen konfrontiert sehen, mit denen sich Lehrkräfte nie auseinanderzusetzen hatten. Es stellt sich die Frage, ob man als Lehrer für Erziehung verantwortlich ist, oder nur die Verantwortung über die Lehre übernommen hat. Wenn man bereit ist, beide Aufgabengebiete zu übernehmen, stellt sich die weitere Frage, in welchem Verhältnis man an diese differenten Aufgabenstellungen zueinander stellt. Zusätzlich sind keine adäquaten Ressourcen vorhanden, so müßte beispielsweise in bestimmten Bereichen eine Entlastung der Lehrkräfte vorgenommen werden, die Entscheidungen der Regierung führen jedoch in eine andere Richtung.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich bin der Meinung, daß man nicht nach festgelegten Regeln motivieren kann. Es gibt natürlich Strategien, für mich ist es aber am wichtigsten, daß sich Eltern, Lehrer und Schüler wohlfühlen. Das Geheimnis besteht darin, Bedingungen zu schaffen, die es dem Lehrer ermöglichen, seinen ursprünglichen Beweggrund, diesen Beruf zu ergreifen, nicht aus den Augen zu verlieren. Daher ermögliche ich es meinen Lehrkräften nach vorne zu schauen und mit mir über ihre Vorstellungen zu kommunizieren. Motivation liegt darin, Möglichkeiten für zukünftige Wirkmechanismen zu finden.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich bin ein sehr familienbezogener Mensch, der auch unter seinem Erfolgsdruck leidet, wenn er dadurch die Familie vernachlässigt. Ich war gezwungen, Kompromisse einzugehen, und da ich eher den Konsens anstrebe, traf mich der Erfolg eher als etwas Anstrengendes. Ich schaffte es eigentlich nur, den Beruf mit meinem Familienleben zu verbinden, indem ich Vertrauen in meine Mitarbeiter setze und daher Aufgabengebiete delegieren kann.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Jeder, der steil nach oben steigt, oder nach oben steigen möchte, sollte bedenken, auf wessen Rücken er seine Stufen errichtet hat. Ich sah sehr oft, daß Menschen, die unbedingt nach oben wollten, sehr negativ verändert dort angelangten.