Zur Karriere von Thomas Seidel
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Nach dem Bundesheer begann meine berufliche Laufbahn bei der Raiffeisenbank St. Wolfgang, wo ich nach Absolvierung des entsprechenden Ausbildungsprogrammes mit der Leitung des Rechnungswesens betraut wurde. Insgesamt war ich viereinhalb Jahre lang in dieser Funktion tätig, als sich die Gelegenheit bot, eine Stelle in einem der ältesten, historisch interessantesten und für die Region wahrscheinlich wichtigsten Industriebetriebe, der Österreichischen Salinen AG, zu übernehmen. Eine Stelle im Rechnungswesen wurde im Sommer 1985 ausgeschrieben, meine Bewerbung wurde positiv beschieden, und ich begann meine Tätigkeit mit Oktober 1985 in der Debitorenbuchhaltung. Schnell konnte ich mein Fachwissen in diesem vielseitigen und abwechslungsreichen Aufgabengebiet erweitern und nach Durchlauf aller Bereiche der Finanzbuchhaltung wurde ich, damals als jüngster Mitarbeiter dieser Abteilung, stellvertretender Leiter des Finanz- und Rechnungswesens. Ein einschneidendes Erlebnis war, als ein damaliger Arbeitskollege und guter Freund, mit dem ich die meisten meiner Bergtouren unternahm, bei einer gemeinsam unternommenen Tour durch einen tragischen Bergunfall ums Leben kam. Viele Gedanken hetzten in den nächsten Wochen und Monaten durch mein Bewußtsein, viele quälende Fragen nach Sinn oder Nichtsinn. Ist wirklich immer der höchste Punkt, der Gipfel, das ultimative Ziel? Noch im selben Jahr beschlossen meine Lebenspartnerin Irmgard und ich, unsere damals seit vier Jahren bestehende Beziehung auch formell zu legitimieren und heirateten am 7. September 1989. In Folge war und ist es meiner Frau zu verdanken, das Lebensschiff sicher durch Stürme und Brandungen zu steuern, ohne sie wäre mein Werdegang mit Sicherheit anders verlaufen. Beruflich bahnte sich im Laufe des Jahres 1992 die nächste Veränderung an. Der damalige Leiter und zugleich mein Vorgesetzter wurde im November 1992 in die Unternehmensleitung berufen und zum Vorstand Finanzen bestellt. Mit Jänner 1993 wurde ich mit der Leitung des gesamten Finanz- und Rechnungswesens der Unternehmensgruppe betraut, und mit Juli 1993 wurde mir die Prokura verliehen. Die Salinen AG befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem geschützten Markt, das Salzmonopol war aufrecht, entsprechend erfreulich stellten sich die Betriebsergebnisse dar. Doch schon bald danach sollte für mich eine der intensivsten und zugleich interessantesten Perioden meiner Laufbahn anbrechen: Es folgten der Wegfall des Monopols und damit freier Wettbewerb, die Umstrukturierung der Firmengruppe, um EU-fit zu sein, die Verkündung des damaligen Eigentümers Republik Österreich, die Salinen AG privatisieren zu wollen, die Eingliederung in die ÖIAG, mit dem Auftrag die Privatisierung durchzuführen, die Verhandlungen mit österreichischen und internationalen Kaufinteressenten und der Zuschlag an die Bietergruppe Androsch/Raiffeisenlandesbank OÖ/Thomanek mit April 1997. All diese Aktivitäten konnte ich in verantwortungsvoller Position begleiten. Mit April 1997 brach eine neue Ära in meinem Berufsleben an. Unternehmensleitung und Manager wurden ausgewechselt, die Organisation auf neue Füße gestellt, kein Stein blieb auf dem anderen. Enorme Investitionen wurden umgesetzt, die Produktionskapazität um 50 Prozent erhöht. Ich konnte mich in diesem vollkommen neuen und der Privatwirtschaft entsprechend orientierten Umfeld gut behaupten, sodaß mir im Zuge von notwendigen Internationalisierungsbestrebungen angeboten wurde, meine Tätigkeit um den Bereich Mergers & Acquisitions zu erweitern. Der internationale Salzmarkt ist intensiven Konzentrationsaktivitäten ausgesetzt, der Druck am Markt wächst. Die Salinen AG als eher kleiner Produzent ist bestrebt, nicht Opfer einer Übernahme durch einen Großen zu werden, sondern rechtzeitig die Augen nach strategischen Partnerschaften offen zu halten. Die Devise des Unternehmens lautet: Nicht der Große schluckt den Kleinen, sonder der Schnelle den Langsamen. Diese neue zusätzliche Aufgabe führte mich quer durch Europa. Das Kennenlernen vieler interessanter Menschen, das Hineinschnuppern in fremde Unternehmenskulturen und letztlich die Überwindung persönlicher, innerer Barrieren waren sicherlich Höhepunkte meiner bisherigen beruflichen Laufbahn. Dieses sich ständig im Wandel befindliche Umfeld sowie immer größer werdende Anforderungen an die Unternehmensgruppe führten zu einer neuerlichen Organisationsänderung per Juli 2003. Abgeleitet von amerikanischen Organisationsmodellen wurde für die Salinen AG ein System mit operativen Verantwortungsbereichen, sogenannten Vice Presidents, die den Vorstand unterstützen sollen, eingeführt. Mir wurde die Ehre zuteil, mit der Funktion des Vice President für den Bereich Finanzen, Rechnungswesen, Beteiligungen und Akquisitionen betraut zu werden. Die Firmengruppe, die von einer Führungs- und Finanzholding aus gesteuert wird, umfaßt derzeit neben dem Kernbereich Salz noch die Geschäftsfelder Immobilien und Tourismus. Tochterfirmen und Beteiligungen werden im In- und Ausland gehalten, darunter auch eine maßgebliche Beteiligung am Flugzeugteilehersteller FACC. Gemäß dem Lebensmotto Face your fears freue ich mich auf jeden Tag, an dem ich einen kleinen Beitrag zur gedeihlichen Entwicklung und positiven Gestaltung dieses für mich absolut interessantesten Unternehmens, das ich bisher kennenlernen durfte, leisten kann.