Zum Erfolg von Hannelore Steinböck
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich ganz einfach, mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Auch Anerkennung durch Patienten und Kollegen werte ich als Erfolg.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich mußte Anfang der neunziger Jahre einige private und gesundheitliche Schicksalsschläge hinnehmen, konnte mich aber aus diesem Tief befreien. Die von mir angestrebte wissenschaftliche Karriere mit Habilitation mußte ich allerdings aufgeben. Als ich meine Kraft wieder erlangt hatte, gründete ich 1994 meine Ordination - das war durchaus eine Arbeitstherapie und eine persönliche Genugtuung, es geschafft zu haben. Jetzt bin ich gesund und führe - hoffentlich noch recht lange - eine gutgehende Praxis. Ich bin mit meinem Leben zufrieden und fühle mich durchaus erfolgreich. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich bin ein Stehaufmännchen - je mehr man versucht, mich hinunterzudrücken, desto stärker wird meine Gegenwehr - Kraft erzeugt Gegenkraft. Wenn man mir sagt: Das geht nicht, sehe ich das als Aufforderung, das Gegenteil zu beweisen. Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Ich entstamme einer Generation, wo Frauen in der männerdominierten Welt der Ärzte einen schweren Stand hatten. Nach Abschluß meines Studiums waren Kinder- und Augenheilkunde eigentlich die einzigen Fächer, die auch Frauen ohne größere Probleme offenstanden. Auch meine Mutter hatte Medizin studiert, ihren Beruf aber nie ausgeübt, sondern als Ordinationshilfe bei meinem Vater gearbeitet. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Mein Vater war für mich sicher ein Vorbild als guter Arzt. Er hat mich aber damals im St. Anna Kinderspital nicht speziell gefördert, um sich im Kollegenkreis nicht den Vorwürfen der Protektion auszusetzen. Im Gegenteil: Ich mußte neben der Arbeit im Spital für meinen Vater noch zusätzliche Aufgaben erledigen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Mein jüngerer Bruder, Prof. Dr. Reinhard Krepler, ist ebenfalls Mediziner und ein sehr erfolgreicher Arzt am AKH, wo er als Direktor fungiert - er weiß schon, daß meine Arbeit etwas ganz Besonderes ist. Aber natürlich kommt die meiste Anerkennung von den Patienten. Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Auch wenn unser Gesundheitssystem immer wieder kritisiert wird, sind unsere Probleme im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland, der Schweiz oder England eher gering. Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Vielen Patienten, die zu mir kommen, konnte vorher an den Universitätskliniken nicht geholfen werden, weil sie dort immer wieder andere Ärzte betreuen, die auch gar nicht über ein so fundiertes Fachwissen und eine so hohe Erfahrung verfügen wie ich. Meine kontinuierliche Betreuung und meine genaue Kenntnis der Fälle sind sicherlich große Stärken. Außerdem bin ich über das Handy auch außerhalb der Ordinationszeiten erreichbar. Jeder Patient bekommt Anamneseblatt, Arztbrief, neurologischen Status und EEG-Befund sofort mit.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich arbeite von Montag bis Donnerstag etwa zehn bis zwölf Stunden täglich in der Ordination. Dafür nutze ich das Wochenende, um neue Kraft zu schöpfen, ein bis zwei Mal pro Monat aber auch für den Besuch von Fachkongressen. Ich arbeite nach wie vor gerne und auch viel, kenne und akzeptiere aber meine Grenzen. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Jungen Medizinern rate ich, unbedingt ins Ausland zu gehen, um dort neue Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln. Wer beispielsweise nur in Wien bleibt, wird immer wieder mit denselben Fehlern und Meinungen konfrontiert und dreht sich praktisch im Kreis. Ein anderer Blick auf die Krankheitsbilder ist also ganz wesentlich, außerdem stärken Auslandsaufenthalte die Persönlichkeit.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich bin ein Mensch, der sich zeitlebens fortgebildet und weiterentwickelt hat, und will auch in Zukunft nicht stehenbleiben. Meine Fachgebiete Kinderneurologie und Kinderpsychiatrie sind weite Felder, in denen man praktisch nie auslernt. Solange es mir möglich ist, möchte ich die Praxis weiterführen. Viele Leute, die in Pension gehen, geben Geld für Malkurse und andere Hobbys aus, während ich noch Geld verdiene und ein mindestens ebenso erfülltes Leben führe. Ich möchte auch noch so lange arbeiten, bis das von mir erbaute Haus abbezahlt ist.