Zur Karriere von Christian Kolonovits
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich wurde 1952 in Rechnitz (Burgenland) als Sohn eines kroatischen Vaters und einer ungarischen Mutter geboren. Als Kind war ich lungenkrank. Ein Onkel, Priester aus Ungarn, der mir im nachhinein ein bißchen hochstaplerisch vorkam, besuchte uns eines Tages. Er war unterwegs in den Vatikan und empfahl meinen Eltern, mich zur Genesung doch unter seiner Obhut nach Rom zu schicken. Diesem Wunsch wurde entsprochen, und ich verbrachte bis zum Alter von sechs Jahren meine Zeit in einem römischen Kloster. Dort lernte ich, Klavier zu spielen und Noten zu schreiben. Da mein Onkel Chorleiter war, nahm er mich täglich zu den Chorproben in den Vatikan mit. Als Sechsjähriger kehrte ich nach Wien zurück, konnte schon gut musizieren und wollte nichts anderes, als Musik machen. In der Zeit im Gymnasium bei den Schulbrüdern in Strebersdorf zeigte ich mich als ein lausiger Schüler - gute Noten bekam ich nur in den musischen Fächern. Damals begann ich auch, Gitarre zu lernen. Mein Interesse lag zwischen Klassik und Popmusik. Auf die Mathematik-Matura erhielt ich ein Nicht genügend, den musischen Teil der Matura schloß ich mit „Sehr gut“ ab - und der Direktor ließ mich die Matura bestehen: unter der Bedingung, daß ich Musiker werde. Dieses Versprechen erfüllte ich, auch weil meine Eltern erwarteten, daß ich Musikprofessor werde. Schließlich war meine Mutter Lehrerin und Schuldirektorin. Nach der Matura begann ich an der Musikhochschule (damals: Musikakademie) zu studieren. Der Unterricht gefiel mir weniger gut. Nach vier Semestern machte ich nur mehr, was mir Spaß bereitete: Klavier, Komposition, Dirigieren und Cello. Schon während des Studiums arbeitete ich als Studiomusiker und Barpianist und spielte in diversen Bands mit. Durch die Strenge, die an den von mir besuchten Schulen herrschte, fand ich immerhin heraus, was ich will. Und ich habe in der Musik immer alles zugelassen. Im Alter von 22 Jahren fand ich schließlich in die Wiener Musikszene. Diese Zeit Anfang der Siebziger war durch die Beat- und Friedensbewegung gekennzeichnet und eine gute Basis für einen angstfreien Zugang zur Musik. In den achtziger Jahren galten schon konservativere Maßstäbe - damals wurde viel mehr reproduziert als zehn Jahre davor. Im Alter von 23 Jahren schrieb ich den Hit „Hollywood“ für die Sänger Waterloo & Robinson, und dadurch wurde die Musikbranche auf mich aufmerksam. Die damalige Austro-Pop-Szene gestattete es mir weiterhin, mich frei zu entfalten. Praktisch alle namhaften österreichischen Interpreten wie Wolfgang Ambros, Rainhard Fendrich, später Ludwig Hirsch und STS arbeiteten mit mir im Laufe der Jahre zusammen. Ambros wurde mir von seinem damaligen Produzenten quasi „übergeben“. Ich ließ mich in Deutschland nieder, verbrachte acht Jahre in Frankfurt und arbeitete für Frank Farian (Produzent von Bonny M. und anderen bekannten Gruppen). Nie hatte ich ein Problem damit, schnell Arbeit zu finden und arrangierte auch volkstümliche Musik. Bis heute verstehe ich mich als Musikhandwerker. 1977/1978 ging ich mit meiner Musikgruppe „Einstein“ nach Amerika, um Musikaufnahmen in Los Angeles zu machen. Immer wieder zog es mich später dorthin. Ich habe in den siebziger Jahren versucht, alles zu lernen, was möglich ist, so arbeitete ich auch mit schwarzen Musikern zusammen, für die ich Arrangements schrieb. 1980 bekam ich Heimweh und kehrte nach Österreich zurück. Sofort konnte ich wieder an die Musikszene anschließen. Wolfgang Ambros machte mich auf Rainhard Fendrich aufmerksam, der sich schon auf meine Kontaktaufnahme freute. Mit Maria Bill schrieb ich den Song I mecht landen, nahm Unterricht bei Professor Ortner in Dirigieren und meine Studien fortsetzen. Da ich Rock, Pop und klassische Elemente zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden verstand, kam es zu einem verstärkten Engagement als Arrangeur und Musikproduzent. Es entstanden Projekte mit diversen Orchestern (Wiener Symphoniker, Berliner Philharmoniker, Moscow State Symphonic, Radio Symphonie Orchester, Budapester Philharmonie, Hollywood Bowle Orchester, Bruckner Orchester Linz u.v.a.). Internationale Anerkennung erlangte ich vor allem mit diversen Crossover-Projekten mit den Wiener Symphonikern (V.S.O.P.) und den Berliner Philharmonikern (Moment of Glory, Berliner Philharmoniker/Scorpions). Eine Reihe von Tourneen folgte. Aber auch internationale Stars arbeiteten mit mir zusammen: Placido Domingo, José Carreras, Luciano Pavarotti, Kiri Te Kanawa, Agnes Baltsa, Sarah Brightman, Helmut Lotti, DJ Bobo, Michael Bolton, Boney M., José Feliciano, Albano Carrisi oder Patricia Kaas sind nur einige Namen aus der langen Liste. Später schuf ich zahlreiche Kompositionen für das Theater, unter anderem für das Wiener Burgtheater, schrieb Film- und TV-Musiken unter anderem für Peter Patzak, Xaver Schwarzenberger und Peter Weck und dirigierte am Wiener Raimund Theater. Ab den neunziger Jahren verlegte ich meine musikalischen Schwerpunkte vornehmlich auf symphonische Arbeiten. Es erschien die Scorpions-CD Acustica, die ich als Produzent und Arrangeur betreute. Im Jahr 2000 gründete ich die Christian Kolonovits GmbH für die Studioaktivitäten im hauseigenen Tonstudio, das Label homebase-records und den Eigenvertrieb homebase-distribution. Es folgten Produktionen, wie Wolfgang Ambros' Album Ambros singt Waits und die Ludwig Hirsch-CD Perlen (beide mit Goldstatus ausgezeichnet). Bei den José Carreras-CDs Around the World und Energia betreute ich diesen großen Sänger als Produzent, Arrangeur und Dirigent. Ein Highlight im Jahr 2004 war die Übernahme der künstlerischen Leitung des neugegründeten Festivals Vox Pannonica, für das ich das mehrsprachige Folk-Musical Coming home komponierte. Im selben Jahr schrieb ich Arrangements für das international ausgezeichnete Musical Romeo & Julia am Wiener Raimund Theater. Für Hugo Portischs mehrfach ausgezeichnete, vierteilige Dokumentation 50 Jahre Staatsvertrag, komponierte ich die Filmmusik. 2005 produzierte ich die CD Ambros singt Moser. Unter meiner musikalischen Gesamtleitung wurden 15 Titel mit Wolfgang Ambros und dem Ambassade Orchester Wien eingespielt. Die CD erreichte nach nur 4 Wochen Goldstatus.