Zum Erfolg von Walter Bostelmann
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg zu haben bedeutet für mich Freude über das Geleistete, bzw. das Erreichte zu empfinden, wenn eine gewisse innere Befriedigung entsteht. Dies kann nach einem Kundenbesuch passieren, nach einem ansprechenden Gespräch, nach der Einstellung eines tollen Mitarbeiters, bzw. nach einem Karrieresprung. Das Gefühl, das ein Skirennfahrer empfindet, wenn er im Ziel einläuft und auf der Anzeigetafel sieht, dass er Bestzeit gefahren ist, ohne zu wissen, ob er das Rennen gewinnen wird, aber dennoch die Hände triumphierend zum Himmel streckt, das wertet er als Erfolg. Genauso werte ich auch. Es gibt nicht nur einen einzigen Parameter, nicht nur eine Zahl, die dafür ausschlaggebend ist.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich empfand viele Kleinigkeiten als Erfolg. Auch bereits als Lehrling, als ich zusätzliche Angebote einholte und es schaffte Produkte billiger einzukaufen, empfand ich diese Freude am Geleisteten, was ich, wie schon erwähnt als Erfolg werte.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich bin grundsätzlich ein ehrgeiziger Mensch, das war ich immer schon. Nur theoretisches Wissen, welches fern von der Praxis ist, mir anzueignen bereitete mir nie Freude. Ein gutes Zeugnis hingegen schon. Ich war immer sehr praktisch zielorientiert. Zum Leidwesen meiner Eltern und meiner Lehrer wusste ich früh, dass ich etwas Praktisches, etwas zum Angreifen, jedem Buch vorzog. Damals hatte eine Lehre nicht den gleichen Stellenwert wie heute, wo Fachkräfte ebenso wertgeschätzt werden, wie Akademiker. Ich setzte mich durch, absolvierte das polytechnische Jahr und begann meine Lehre und freute mich immer etwas zu tun, was ein Ergebnis brachte – wo deutlich wird, etwas geleistet zu haben. Ich nutzte jede Gelegenheit mich freiwillig für Sonderaufgaben zu melden, um Neues zu erfahren, zu lernen. Ich wollte immer schon Erfolge feiern – und so setzte ich mir teils selbst Ziele: Jeden Tag ein wenig mehr, ein wenig besser. Dazu braucht man natürlich auch einen Arbeitgeber, der so etwas zulässt und man muss auch dafür sorgen, dass die eigenen Leistungen auch wahrgenommen werden. Wenn das gelingt, erhält man Signale / Angebote / Chancen / Herausforderungen, die ich immer gern angenommen habe. Viele der Fähigkeiten, die ich nach und nach benötigt habe, habe ich zum Teil aus Fortbildungen und Seminaren mitgenommen, aber wie immer auch aus der Praxis durch try-and-error. Auch meine Erfahrung auf Bühnen durch die Musik hat mir geholfen, vor Menschen zu sprechen, zu wissen, was gut ankommt, was weniger gut ankommt. Vor 5.000 Leuten muss man anders agieren, als vor 100 Menschen. Generell ist dies etwas, was ich gern mache und was mir liegt: Vor Menschen sprechen, für Menschen sprechen, mit Menschen sprechen.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Erfolgreiche Entscheidungen waren, als ich damals die Aufgabe übernahm den Einkauf bei Siller und Laar komplett neu zu strukturieren, oder die Entscheidung als Logistikleiter das neue Logistikzentrum anstatt der Vergabe an einen GU selbst mit dem eigenen tollen Team aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Aber selbstverständlich gab es auch suboptimale Entscheidungen. Die Lagerverwaltung 1998 ebenfalls über SAP zu lösen, war zwar eine saubere Lösung, aber administrativ sehr schwierig. Ich treffe Entscheidungen und hatte dabei sicher auch Glück meist die richtigen gewählt zu haben. Aber natürlich nicht immer.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich hatte das Glück, meine Frau in der Zeit kennengelernt zu haben, als ich zwischen Augsburg und Wels pendelte. Sie hat mich also in dieser Zeit kennengelernt und kennt die Situation auch nicht anders. Zusätzlich trat ich ja damals schon mit meiner Band auf, was bedeutete, dass viele Freitage und/oder Samstage zusätzlich blockiert waren. Ich bin beruflich immer die sogenannte „Extra-Meile“ gegangen und habe mein Privatleben hintangestellt. Gott sei Dank haben meine Frau und meine Familie das immer akzeptiert, was ich keinesfalls als selbstverständlich ansehe. Man trägt aber auch die Konsequenzen, weil man dem Zentrum der Familie einfach ein wenig ferner ist, was einem später leidtut.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Die größte Rolle überhaupt! Erfolg gehört einem nicht selbst, sondern immer dem gesamten Team. Und in manchen Bereichen, die mir nicht so liegen, bin ich heilfroh, perfekte Mitstreiter:innen und Kolleg:innen, wie z.B. die Astrid Siegel als Vorstandskollegin neben mir zu wissen, die in allen Belangen wie Zahlen, Kostenrechnung, Buchhaltung und Controlling perfekte Leistung liefert. Im internationalen Management sind die jeweiligen Landesmanager/Geschäftsführer jene Ansprechpartner, auf die ich mich stützen muss, was nicht zuletzt der Sprachbarriere geschuldet ist. Im Allgemeinen kann man aber sagen, dass man mit Englisch nicht nur gut durchkommt, sondern es sogar schafft persönliche Beziehungen zu kultivieren.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich wähle Mitarbeiter nach Ihrer Persönlichkeit aus. Ich erwarte Loyalität, Ehrlichkeit, Hands-on-Mentalität, Handschlagqualität, Flexibilität und ich vermeide reine Theoretiker einzustellen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Für mich ist Vorbildwirkung sehr wichtig. Natürlich haben wir Prämien-Systeme, Incentives, Motivationssysteme und Bonifikationssysteme, aber in der heutigen Zeit gehört zum Thema Employer-Branding mehr. Man muss ins Team hineinhören und versuchen Gutes umzusetzen und darüber zu reden. Natürlich kann man nicht alles umsetzen, aber man kann sich bemühen. Wir haben viele Sozialleistungen wie z.B. einen Betriebskindergarten, Feste gemeinsam mit den Familien unserer Mitarbeiter:innen und einige andere Goodies. Neu ist bei uns, dass jemand der länger als sieben Jahre betriebszugehörig ist, an seinem Geburtstag als Sonderurlaub frei hat. Trotz Digitalisierung sind Mitarbeiter das Wichtigste für einen Betrieb. Bei uns steht der Mensch im Vordergrund, denn ohne Menschen würde Digitalisierung nicht funktionieren.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Ja, und zwar mein damaliger Vorstandsdirektor Karl Eder. Er hat mich seit den 80er-Jahren als Mentor begleitet, der mir oft in langen Gesprächen in Augsburg gezeigt hat, dass da ein Weg vor mir liegt, für den ich das Potential habe. Aber auch mein Vorgänger als EVP der RECA Group Ernst Wiesinger war ein langjähriger Wegbegleiter und Sparing-Partner, wo immer eine offene und vertrauensvolle Kommunikation möglich war.
Ist Originalität oder Imitation besser um erfolgreich zu sein?
Beides braucht man. Man muss für einen „Change“ bereit sein. Aber man darf nicht alles, was bisher funktioniert hat, leichtfertig über Bord werfen. Man muss seine gemachten Erfahrungen um das Neue erweitern. „Haben wir immer schon so gemacht, das bleibt so“ – ist mit Sicherheit falsch. „Was wir die letzten 30 Jahre gemacht haben, muss sich alles ändern.“ - ist aber mit Sicherheit auch falsch. Man muss kombinieren. Das Alte, um das was neu und besser ist, ergänzen. Und zwar schnell! Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Man darf sich dem Neuen nicht verschließen, aber auch nicht alles Alte verdammen. Am Wichtigsten ist für mich allerdings Authentizität. Und das liegt in meinem Naturell. Auch als Vorstandsvorsitzender muss man authentisch bleiben, weil man sonst an Glaubwürdigkeit verliert.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Die Chance Karriere machen zu dürfen sehe ich als Anerkennung. Je weiter man in der Hierarchie steigt, desto weniger wird allerdings die Anerkennung.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Ich ärgere mich z.B. im Transportbereich sehr darüber, dass wir über selbstfahrende autonome LKW´s reden, aber bei der Bahn wo dies bei der Modell-Eisenbahn seit 100 Jahren möglich ist, wird dies nicht umgesetzt. Was ich damit meine, ist: Es werden viele Dinge angedacht, diskutiert, gewälzt, aber nur sehr wenig wird konsequent zu Ende gebracht. Wir brauchen gute innovative Logistik. So sehr sich die Bahn im Personenverkehr auch modernisiert hat, so wenig ist im Güterverkehr passiert.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Freunde sehen meinen Erfolg zwar positiv, meinen aber, ich sei verrückt, beruflich so viel Einsatz zu bringen.
Was sind die Stärken Ihres Unternehmens? Kundennähe und Partnerschaft, die wir mit hoch qualitativen Produkten und Dienstleistungen mit unseren 68.000 Kunden leben, unsere 1.400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und unsere hochqualitativen Produkte und Systeme, mit denen wir alleine in Österreich und Osteuropa € 382.000.000,- Umsatz machen. In der gesamten RECA Group waren es 2022 € 938.900.000,-.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
„Finde deine Interessen und fokussiere dich darauf. Und kultiviere dein Durchhaltevermögen!“ Ein Musiker darf auch nicht nach zehn Minuten ein Stück beiseitelegen, weil es nicht sofort klappt. Oft muss man Stücke viele Stunden üben bis man sie zufriedenstellend spielen kann und dann stellt sich das Erfolgserlebnis ein. Im Beruf ist es dasselbe. Man muss dranbleiben, denn die sogenannte „Extrameile“ macht sich bezahlt, weil man daraus die eigenen Erfolgserlebnisse bezieht. Lob des Vorgesetzten ist wohltuend, aber selbst herbeigeführte Erfolgserlebnisse fühlen sich noch besser an.
Ihr Lebensmotto?
„Geht net, gibt’s net.“