Zum Erfolg von Ernst Dokupil
Was ist für Sie Erfolg?
Mit dem Begriff Erfolg verbinde ich mehrere Dinge. Das eine ist der augenscheinliche Erfolg, der für alle sichtbar, meßbar und nachweisbar ist, und dann gibt es noch den Erfolg, der für jeden persönlich vielleicht am meisten zählt. Meine Philosophie war immer die: Den Erfolg kann man nur für sich persönlich anstreben, aber man muß in erster Linie einmal gut sein, dann kann sich auch vielleicht der Erfolg einstellen. Muß aber nicht.Was ist das Rezept für Ihren Erfolg? Ich bin ein ziemlich toleranter Mensch und habe eine sehr hohe Reizschwelle. Das heißt, wenn andere schon explodieren, bin ich immer noch ruhig und in der Lage, jede Situation nüchtern zu sehen. Dann, wenn es andere schon lange nicht mehr können. Wenn aber diese Schwelle überschritten wird, bin ich hart und konsequent. Durch die hohe Toleranz, die ich gegenüber anderen aufbringe, lasse ich zu, daß sich andere gut aufbauen können. Solange es dem Ganzen nicht schadet, kann sich der Sportler entwickeln. Wenn ein Sportler unter Druck steht, bleiben seine Talente oft verborgen. Diese Erkenntnis war zum Teil mein Erfolgsgeheimnis.Einige Gedanken zum Thema Teamarbeit? Ich bin ein guter Teamarbeiter, ich bin keiner, der oben stehen will und alle anderen wie Marionetten tanzen läßt. Das gilt auch für mein ehemaliges Trainerteam, das ich auch in dieser Richtung behandelt habe. Diese Personen haben selbst entscheiden können und sind natürlich auch wesentlich an meinem persönlichen Erfolg beteiligt. Das selbe gilt aber auch innerhalb der Mannschaft.Gibt es für Sie ein spezielles Rezept, die Leute zu motivieren? Wenn ich von einem Menschen etwas erwarte oder etwas will, baue ich auf seine Eigenmotivation. Ich versuche ihm zu vermitteln, daß er selbst bestimmen kann und er auch selbst motiviert sein muß. Man kann als Trainer natürlich auch eine Mannschaft auf ein spezielles Ereignis hin motivieren. Im Grunde muß jeder einzelne Spieler sein individuelles Ziel erreichen.In welcher Situation haben Sie sich erfolgreich entschieden? Die prägnanteste Entscheidung war die, zu Rapid zu gehen. Ich war vorher bei fast allen österreichischen Vereinen, die knapp unter der Spitze waren. Ich habe mir damals gesagt, entweder finde ich einen Spitzenclub, oder ich höre auf und gehe in meinen Beruf zurück. Nachdem Rapid in den Ausgleich gegangen war, trat sie an mich mit der Frage heran, ob ich das Traineramt übernehmen würde. Das war beinahe die größte Wende in meinem Leben. Meine Philosophie dazu ist die: Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der nicht irgend etwas besser kann als ich.Was war für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Man hat immer zu mir gesagt, ich wäre zu ruhig auf der Trainerbank. Das ergibt sich daraus, daß ich als Trainer immer den Erfolg für das ganze Jahr vor Augen habe. Wenn in der Zeit von einem Sommer zum nächsten eine Steigerung bei der Mannschaft ersichtlich wurde, war das für mich okay. Und wenn auch noch bei den einzelnen Spielern eine positive Entwicklung sichtbar wurde, war das zusätzlich okay. Ich war nie einer, für den die Welt zusammen gebrochen wäre, wenn einer der Spieler fünf Meter vor dem Goal daneben schießt. Das hat die Mannschaft immer gespürt, sie wußte, daß sie auch einmal einen Fehler machen darf.Haben Sie Ihre Tätigkeit angestrebt? Ich war schon als Kind mit Leib und Seele Fußballer. Ich war zwar hochtalentiert, aber stinkfaul. Ich war ein Fußballer, den ich als Trainer erwürgen könnte. Ich holte nie das letzte aus mir heraus, und ich war immer mit dem zufrieden, was ich erreicht hatte. Ich stelle auch immer meinen Spielern mich als Negativbeispiel hin. Es gab zu meiner Zeit Nationalspieler, die technisch nur halb so talentiert waren wie ich, ich aber war damit zufrieden, daß man von mir sagte, ich wäre ein talentierter Fußballer. In meiner Fußballeraufbahn mußte ich aber erkennen, daß es so nicht weiterging. Ich glaube aber, daß ich nicht unbedingt die besten Trainer hatte. Ich absolvierte im Alter von 27 Jahren bereits die Ausbildung für den Trainer und wurde dann bereits bei Simmering als Trainer aktiv. Ich konnte dann in dieser Position meine Kreativität ausleben, dies war während meiner Zeit als Spieler nicht möglich, weil die Zwänge größer waren. Trainer zu sein ist kein guter Job, weil man von allen kritisiert wird, aber letztlich kann man seine Fehler selbst machen. So habe ich es auch bis zum letzten Tag gehalten. Da kommt vielleicht auch meine Persönlichkeit zum Vorschein, ich kann unter Zwängen nicht so viel leisten wie in Freiheit.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Warum? Daß ich erfolgreich bin, möchte ich schon sagen, denn es ist ein zufriedener Mensch aus mir geworden. Ich wurde ein Mensch, der in sich ruhen kann, der kein Problem mit dem Rundherum hat. Es ist ja so, daß es nicht immer der wahre Erfolg ist, wenn einem von anderer Seite ein Erfolg nachgesagt wird. Das hat oft ganz andere Gründe. Mein Weg ist erfolgreich, denn an die Position, die ich jetzt innehabe, kommt man normalerweise kaum heran. Es haben nur wenige Personen die Möglichkeit, Rapid zu trainieren, mit Rapid ins Europa-Cup-Finale zu kommen oder Meister-Cup-Sieger zu werden. Wenn man bei Rapid in leitender Funktion tätig ist, muß man schon etwas geleistet haben.Spielt die Familie beim Erfolg eine Rolle? Welche? Grundsätzlich ist der Erfolg eine Nebensache. Viel wichtiger für mich ist die Familie und mein persönliches Umfeld. Der Erfolg ist zwar schön, aber eigentlich braucht man ihn nicht. Es gibt Wichtigeres.Nach welchen Kriterien stellen Sie Mitarbeiter ein? Beim Betreuerteam war es mir in erster Linie wichtig, daß sie fachlich gut sind. Es war mir aber genauso wichtig, daß ich mich menschlich mit ihnen verstehe. Ich habe die Gabe, daß ich sehr schnell jemanden einordnen kann. Ich bin in dieser Richtung bis jetzt auch noch nicht enttäuscht worden und habe bis dato nie Probleme gehabt. Ich habe folgende seltene Gabe: Ich brauche einen Spieler nur eine halbe Stunde zu beobachten, und ich kann sagen: Das ist er. Ich kann sehr schnell erkennen, was ein Fußballer für mich leisten kann, und ich kann auch bei einem Menschen schnell erkennen, welche Beziehung ich zu ihm aufbauen kann.Welche Rolle spielt Anerkennung für Sie? Ich kann es sehr gut einschätzen, ob meine Leistung anerkannt wird.Spielen Niederlagen in Ihrer Karriere eine Rolle, und was verstehen Sie unter einer Niederlage? Gerade im Sport ist man an Niederlagen gewöhnt. Wenn ich meine Vergangenheit anschaue, ich habe Familie, habe gearbeitet und habe nebenbei noch Fußball gespielt. Wenn man in dieser Konstellation Niederlagen nicht wegstecken kann, wird es problematisch. Ich kann Niederlagen relativ schnell wegstecken. Ich analysiere sofort, verarbeite sie und stecke sie weg. Niederlagen haben auch etwas Positives, sie machen stärker als Siege. Ich persönlich kann mich über einen Sieg nicht so freuen wie die Fans. Für mich war die größte Niederlage gleichzeitig mein größter Erfolg, das war das Europa-Cup-Finale in Brüssel. Nach dem Spiel standen 20.000 Österreicher und riefen Rapid, aber ich war am Boden.
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?
Ich beziehe meine Kraft aus der Ehe mit meiner wunderbaren Frau und aus meinem alten Bauernhaus. Wir haben dieses Haus umgebaut und uns dort ein Refugium geschaffen, in dem ich alles vorfinde, das ich brauche, um mich wohl zu fühlen. Ich brauche keinen Urlaub, ich entspanne mich am liebsten und am besten zuhause.Haben Sie eine spezielle Lebensphilosophie? Meine Philosophie war die: Ich schaue, daß es mir gut geht, dann geht es meinem persönlichen Umfeld auch gut.