Zur Karriere von Christine Marosi
Wie war Ihr Werdegang?
Revue passierend kann man sagen, daß die Wurzeln für meine Entscheidung, Arzt zu werden und sich mit Onkologie zu beschäftigen, in meiner früheren Kindheit liegen. Als ich zwei Jahre alt war, ist meine Großmutter an Krebs gestorben und das prägte mich sehr. Später habe ich erfahren, daß etliche Blutsverwandte an der gleichen Krankheit starben. Das wurde für mich der Anstoß, zu versuchen diese Krankheit zu bekämpfen. Meine Mutter war nicht sehr begeistert, weil sie meinte, ich sei viel zu zerbrechlich für diesen anstrengenden Beruf. Mein Vater war enttäuscht, daß keine von seinen vier Töchtern technische Physik studieren wollte. Aber ich war und bin davon überzeugt, daß Medizin meine Berufung ist, und wenn ich etwas anderes gemacht hätte, hätte ich das Gefühl, mich vor meinen Aufgaben zu drücken. Mich interessierte die pränatale Diagnostik und daher ging ich nach Frankreich und arbeitete in Dijon, an der Faculté de Medicine du Cantre de consultation génétique am Kinderspital. Dort sah ich, daß die Praxis auf diesem Gebiet noch auf wackeligen Beinen steht, und traf dann die Entscheidung, mich mit Tumorzellen zu beschäftigen. Nach der Promotion bekam ich sehr schnell die Stelle eines Turnusarztes in Wiener Neustadt, wo ich von Anfang an, in allen, oft komplizierten Fällen allein gelassen wurde, und mit der Unterstützung der erfahrenen Kollegen nicht rechnen konnte. Ein älterer Turnusarzt empfahl mir, mich bei der Universitätsklinik zu bewerben und sechs Wochen später habe ich tatsächlich die Stelle bekommen. Es hat sich für mich eine neue Welt eröffnet, obwohl ich immer noch nach der Trüffelschweinmethode arbeitete, daß heißt, ich mußte mir die Möglichkeiten für eine berufliche Entwicklung selbst erarbeiten. Wichtig war, daß ich ein Diskussionsfeld mit Kollegen hatte. 1985 bekam ich das Forschungsstipendium im Rahmen eines Erwin Schrödinger Stipendiums an der Erasmus Universität in Rotterdam, an der Abteilung Cellbiologie en Genetica bei Prof. Dr. Bootsma und Prof. Dr. Anne Hagemeijer. Mein Schwerpunkt war Tumorgenetik. Ich war verheiratet, wurde schwanger und kehrte nach einem Jahr nach Österreich zurück, wo 1986 mein Sohn Ilja zur Welt kam. Da mein Mann stellvertretender Vorstand einer Klinik wurde, wurde meine berufliche Existenz sehr gefährdet. Man hat mich zu keiner wissenschaftlichen Arbeit zugelassen und ich mußte neben sehr intensiver Beschäftigung mit Patienten, die Mittel beim Fonds der Nationalbank für meine wissenschaftliche Tätigkeit schwer erkämpfen. 1986 wurde ich Facharzt für Innere Medizin, 1988-91 war ich an der Universitätsklinik für Chemotherapie tätig, danach war ich mit dem Aufbau einer Onkologischen Rehabilitation im Kurheim Rosalienhof in Bad Tatzmannsdorf beschäftigt. Seit 1991 bin ich Oberarzt an der Universitätsklinik für Innere Medizin I, Abteilung für Onkolgie, und Leiterin der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Tumorgenetik. 1993 habilitierte ich für Innere Medizin zum Thema Cytogenetische Befunde bei malignen hämopoetischen Neoplasmen. Seit 1995 leite ich die Arbeitsgruppe Neuroonkologie der Klinik für Innere Medizin I und schloß die Ausbildung zum Zusatzfacharzt für Hämatoonkologie ab. Das Engagement für meine Kollegen ist mir auch wichtig, deswegen arbeite ich aktiv bei der Kurie Mittelbau mit, wo ich zum ersten Kuriensprecher gewählt wurde, und erfülle die Funktion einer Gleichbehandlungsbeauftragten an der Universität Wien. Da ich weiß, wie schmerzhaft es ist, wenn man einen nicht gerecht behandelt, möchte ich mich für den Mittelbau einsetzen.