Zur Karriere von Rudolf Bretschneider
Welche waren die wichtigsten Stationen Ihrer Karriere? Das Gymnasium prägte mich durch gute Lehrer und den individuellen Aspekt des Unterrichts. Meine Leistungen waren immer sehr gut, mir widerstrebte es aber der Klassenprimus zu werden und meine Begabungen und Vorlieben hatten damals auch noch verschwommene Umrisse. Um Geld zu verdienen, begann ich früh zu arbeiten, unter anderem in einem Hotel in Kärnten, was mir interessante Erfahrungen brachte. Trotzdem wußte ich nicht, was ich studieren sollte, und so kam ich zu Herrn Nothelfer, einen Psychologen, der als Berufsberater im Bundesministerium für Soziales tätig war und den mein Vater kannte. Nach einem für mich angenehmen Gespräch empfahl er mir, mehrere Dinge gleichzeitig zu studieren: Lehramt, bestehend aus Leibesübung, Germanistik und Psychologie. Von all diesen Fächern interessierte mich Germanistik am meisten, weil ich schon als Kind die Welt der Literatur für mich entdeckte. 1962-64 studierte ich die empfohlene Kombination. In der Psychologie überraschte mich eine starke Präsenz von Statistik, was mir zunehmend gefiel. Die Ferien verwendete ich, um zu arbeiten und so ging ich nach England, um dort im Mental Hospital (Psychiatrisches Krankenhaus) zu arbeiten. Es war wichtig, weil ich zur Erkenntnis kam, daß ich mich nicht mit der klinischen Psychologie beschäftigen möchte. 1965 bekam ich plötzlich kein Stipendium und verspürte die dringende Notwendigkeit, Geld zu verdienen, was ich auch meinem Psychologieprofessor Mittenecker mitteilte. Nach einiger Zeit teilte er mir mit, daß man am Fessel-Institut in der Marktforschung jemanden braucht, der Psychologie studiert. Obwohl ich nie vorher mit dem Begriff Marktforschung in Berührung kam, sagte ich zu und trat 1965 bei der qualitativen Forschung ein. Dort begegnete ich zwei Psychologen (Dr. Palme und Dr. Bleibtreu), die mich als Lehrling aufnahmen und mir die Möglichkeit gaben, alles von der Pike auf zu lernen. Das half mir auch beim Studium und erleichterte das Lernen und die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Universitätsstoff in Bezug auf die praktische Tätigkeit. Da meine Tätigkeit beim Fessel-Institut immer intensiver wurde, entschloß ich mich, kurz vor dem Abschluß der Leibesübung, diese aufzugeben, da ich damit keine Zukunft verband. 1969 beendete ich mein Studium mit Hauptfach Psychologie und Nebenfach Germanistik und bald darauf bekam ich vom Ordinarius des Psychologischen Institutes Prof. Rohrachner das Angebot, als wissenschaftliche Kraft bei ihm zu arbeiten. Zwei bis dreimal in der Woche übersetzte ich für Prof. Rohracher Artikeln aus dem Englischen. Da lernte ich die Struktur und den Betrieb eines psychologischen Institutes und stellte fest, daß ich meine berufliche Zukunft nicht mit dieser Institution verbinden will, wieder wußte ich, was ich nicht will, was mir half weiterzukommen. 1970 übernahm ich für einen Kollegen, der ins Ausland ging, den Lehrauftrag am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, wo ich nach wie vor tätig bin, und somit die Verbindung zu den akademischen Institutionen nicht verliere. Mit meiner langjährigen Tätigkeit am Fessel-Institut verkörpere ich das Beispiel einer erfolgreich Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens, was heutzutage nicht so selbstverständlich ist. Die Tätigkeitsbereiche haben sich natürlich mit der Zeit geändert und ich landete sogar einmal bei der politischen Forschung, welche wir im Auftag von Parteien und Ministerien betrieben. Bei einer Veranstaltung lernte ich den damaligen Clubsekretär der ÖVP im Parlament Dr. Wolfgang Schüssel kennen und folgte seiner Einladung zu den Sitzungen von einem Arbeitskreis zu kommen, wo man diverse Projekte im Rahmen der Verkehrs-, Kommunalpolitik und zu anderen Themen diskutierte. Durch diverse Kontakte lernte ich auch Dr. Busek kennen, der damals einen Sozialforscher suchte. So wurde ich zum Leiter der Sozialforschung und mit neuen Aufgaben konfrontiert. Nach vielen Jahren meiner vielfältigen Tätigkeit am Fessel-Institut betraute man mich mit dem Aufbau einer Gruppe, die im Auftrag der GfK zehn Firmen in Ost- und Mitteleuropa gründete, wo 700 Mitarbeiter beschäftigt sind, die wir betreuen und steuern. Die Zahl der Mitarbeiter in Wien ist inzwischen von 35 auf 160 gestiegen.