Zum Erfolg von Richard Schenz
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Während der private Erfolg für mich früher völlig nebensächlich war, hat sich meine Definition von Erfolg heute dahingehend verlagert, daß ich auch erfolgreich bin, wenn ich innere Zufriedenheit finde und mich wohlfühle. Früher maß ich Erfolg an Finanzkennzahlen und daran, was ich erreichen und akquirieren konnte. In dieser Hinsicht war mein Abgang von beruflichem Erfolg gekrönt, da ich die OMV gemeinsam mit guten Mitarbeitern und Vorstandskollegen aus einer sehr tiefen Krise an die Spitze führen konnte. Dieser Erfolg machte mir den Abschied leichter. Ich war leidenschaftlicher OMV-Mann und bin es heute noch; ich bin aber ohne Traurigkeit ausgeschieden, da es mir gelang, mich mental so auf meinen Abgang vorzubereiten, daß ich das Kapitel OMV schließen konnte, um es nie wieder zu öffnen. Ich verfolge selbstverständlich Medienberichte, würde aber niemals anrufen und fragen, was es Neues gibt: im Gegenteil! Wenn mir ein Insider etwas über die OMV erzählen will, bitte ich ihn, das Thema zu wechseln. Ich habe heute keine „Bad Feelings“ und nehme zur Kenntnis, daß jetzt ein neuer Vorstand das Unternehmen leitet, der naturgemäß eine andere Sicht der Dinge hat – wobei ich stolz darauf bin, daß die Strategie, die wir vor acht Jahren erarbeitet haben, heute noch die selbe ist und die Grundlage für den heutigen Erfolg des Unternehmens darstellt. Wir machten die OMV finanzstark, durch die Finanzstärke kann sie sich Akquisitionen leisten, für die zuvor die Zeit ganz einfach noch nicht reif war; also kann ich sagen, daß unsere Strategielinie nach wie vor verfolgt wird.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Eine meiner wichtigsten Stärken liegt darin, daß ich das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden kann und daher nach rascher Analyse weiß, was zu tun ist und was warten kann. Dabei ist ein klarer Kopf unabdingbar. Ich kann bewußt jede Emotion radikal ausschalten. 1993 beispielsweise, als es der OMV wirtschaftlich sehr schlecht ging, wollte man mir plötzlich die Schuld geben und gewisse politische Kräfte versuchten permanent, mich in die Wüste zu schicken. Ich war damals unter anderem von manchen Journalisten enttäuscht, die mit den Wölfen heulten, anstatt die Wahrheit zu sagen – daß ich es nämlich nach einem halben Jahr in meinem neuen Amt unmöglich hätte schaffen können, ein Schlachtschiff wie die OMV zu ruinieren. Ein befreundeter Wirtschaftsjournalist des ORF prophezeite mir damals, daß ich diese Kampagne nicht „überleben“ würde und riet mir, angetan mit „schußsicherer Weste“ irgendwie zu schauen, da durchzukommen. Ich entdeckte zu dieser Zeit eine Eigenschaft, die ich zuvor an mir nicht gekannt hatte, weil ich noch niemals in einer so schwierigen Situation gewesen war: je ärger es wurde, je schlimmer und bösartiger die Angriffe auf mich einschlugen, desto ruhiger, überlegter und selbstsicherer wurde ich. Ich sehe immer das Gute im Menschen und muß von den schlechten Eigenschaften meines Gegenübers erst einmal überzeugt werden, wobei ich sehr feine Sensoren habe. Ich gehe sehr offen und positiv auf meine Menschen zu und habe auch meine Mitarbeiter stets sehr kollegial geführt, den Chef habe ich immer nur dann hervorgekehrt, wenn ich merkte, daß ich Gefahr laufe, ausgenutzt zu werden. Ich würde einen Menschen niemals angreifen, wenn er gutgläubig etwas vertritt, von dem ich selbst weiß, daß es falsch ist, weil ich mich nach dem Motto halte, daß der Ton die Musik macht. Auch habe ich Widersprüche meiner Mitarbeiter zugelassen und sogar gewünscht, weil mir völlig bewußt war, daß ein (langjähriger) Vorstand eines gewissen Korrektivs bedarf und absolut nichts davon hat, sich mit „Ja-Sagern“ zu umgeben.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Ich gebe der Originalität den Vorzug, bin jedoch ein Gegner von Revolutionen. Ich habe schon in meiner Jugend, während der Schule, im Studium und schließlich im Berufsleben eine gute Portion Selbstsicherheit gewonnen, und klare Vorstellungen dessen, was ich will. Allerdings versuche ich diese Ziele auf dem evolutionären Weg zu erreichen. Nachahmen und Imitieren ist nicht meine Sache, ich bin aber auch kein Mensch, der schreit: „Jetzt komme ich, jetzt wird alles anders!“, niemand, der die Leute verunsichert, indem er bestehende Strukturen zerstört. Es ist nach meinem Dafürhalten Blödsinn zu glauben, daß nur aus Schutt und Asche Neues entstehen kann, Manager dieser Art sind für mich ein Greuel, das sage ich ganz offen. Wenn ich von A nach B kommen möchte, muß ich mir dafür Zeit nehmen und alles daran legen, die Menschen in meinem Umfeld und deren Emotionen nicht zu zerstören. Nichts ist jemals eingefroren oder einzementiert, daher kann man mit langsamen Umstrukturierungen alles erreichen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich freue mich natürlich über hausinterne Anerkennung, die sich in der Tatsache ausdrückt, daß Grundlagen geschaffen wurden, auf die gut aufgebaut werden kann. Oft kommt sie auch von außen; von Leuten, die mir bescheinigen, daß ich keinen schlechten Job gemacht habe. Natürlich wird so manche Frucht meines Erfolges von anderen geerntet, Neid liegt mir jedoch völlig fern.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? In einem Gespräch möchte ich herausfinden, ob der Mensch, der mir gegenübersitzt, in der Lage ist, sachlich zu denken, weil ich mit Chaoten nicht zusammenarbeiten will. Ein zweites wesentliches Kriterium ist Loyalität (wobei Parteipolitik nie eine Rolle gespielt hat, sofern die Mitarbeiter bereit waren, sie um acht Uhr früh beim Portier abzugeben, um sie sich am Abend wieder abzuholen, da sie in einer Firma nichts verloren hat). Kompetenz und Klugheit sind mir ebenso wichtig wie Teamfähigkeit. In meinem Stab von zehn Mitarbeitern war ich einer unter gleichen, sofern ich nicht mit der Tatsache konfrontiert wurde, daß meine Kollegialität ausgenützt wird.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Erfolg bedeutet letztlich, mich wohlzufühlen und rundherum zufrieden zu sein. Was ich in meiner Berufslaufbahn immer vermißte, war die Ordnung im privaten Bereich. Ich habe viele Hobbys, einige Sammlungen und unzählige Bücher, die allerdings irgendwie untergegangen sind. Die Ordnung hatte ich bestenfalls im Beruf, aber nicht einmal da in jener Form, die ich mir gewünscht hätte – weil ganz einfach die Zeit fehlte. Heute fokussiere ich mich zumindest gedanklich mehr auf die Ordnung meiner privaten Dinge, seien es nun interessante Fotos, die ich im Laufe meines Berufslebens erhielt, meine Jagdtrophäen, oder Kontakte mit Freunden und die Beantwortung von Briefen, für die ich früher keine Zeit hatte, etc. Ich habe aufgrund meiner vielfältigen Funktionen nach wie vor sehr ausgefüllte Arbeitstage und arbeite fast so viel wie früher, aber ich habe weniger Ärger und das herrliche Gefühl, meine Tätigkeit nicht ausüben zu müssen. Wenn es bei der OMV ein unerledigtes Problem gab, mußte ich alles hintanstellen und mich sofort auf die Lösung konzentrieren, egal zu welcher Uhrzeit, egal an welchem Wochentag und egal, ob es privat etwas Wichtigeres gab. Heute steht mein Privatleben eher im Vordergrund, oder anders ausgedrückt: ich bin nach wie vor ein sehr pflichtbewußter Mensch, aber das Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben ist ein ausgewogeneres als früher. Probleme beruflicher Natur können heute im Zweifelsfall einen Tag warten.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Es ist mir wichtig, die Kammerreform durchzuziehen, die wir, obwohl sie mit schmerzlichen Einschnitten verbunden sein wird, sozial verträglich umsetzen werden. Mir persönlich liegt am Herzen, daß die Wirtschaftskammer schlank und effizient wird und Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Die Mitgliedschaft für Unternehmungen soll billig werden und unsere guten Unternehmen sollen im Land gehalten werden. Vor allem müssen wir uns um die KMUs kümmern und sie vor allem dahingehend fördern, daß sie über die Grenzen hinausgehen und Exporteure werden.