Zum Erfolg von Elfriede Ott
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Unter Erfolg im Rahmen meiner Tätigkeit verstehe ich, all jenes zu erreichen, was ich mir beruflich vorgestellt habe und das genügt mir. Ich hatte nie die Absicht, im Ausland tätig zu sein. Ich möchte lieber in Österreich meine Ziele erreichen und mich nicht mit Tätigkeiten im Ausland verzetteln.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort die richtigen Leute zu treffen, das heißt, wenn das eine nicht passiert wäre, wäre das andere auch nicht passiert. Am Beginn meiner Karriere war ich am Burgtheater engagiert und anschließend klappte es nicht so richtig, wie ich es mir gewünscht hätte. Durch Zufall traf ich am Graben in Wien einen bekannten Kollegen, der mir mitteilte, daß in Hamburg Liebelei gespielt wird und noch eine Schlagermitzi gesucht wird. Somit rief ich an, fuhr hin und wurde engagiert. Dann ging es Schlag auf Schlag. Dies war ein Beispiel von vielen, wo Glück in unserem Beruf vielleicht noch eine größere Rolle spielt als in so manchen anderen Berufen.Welches Motiv hatten Sie, um als Pädagogin tätig zu werden? Als junger Mensch habe ich bereits gern mit anderen Menschen gearbeitet und mich dabei weiterentwickelt. Ich wollte seinerzeit Lehrerin werden, an der Pädagogischen Akademie wurde ich aufgrund meiner zarten Statur nicht aufgenommen. Am Höhepunkt jener Zeit, als ich meine Soloabende präsentierte, begann ich zu Hause zu unterrichten; und zwar eine Gruppe von jungen Leuten, aus denen in der Zwischenzeit auch etwas geworden ist. Meine Mutter hat mir damals das Unterrichten untersagt - sie war der Ansicht; wenn man Theater spielt, verausgabt man sich und kann nicht noch nebenbei unterrichten. Eines Tages war das Verlangen nach Unterrichten so groß, daß ich ins Wiener Rathaus pilgerte, zur damaligen Wiener Kulturstadträtin Gertrude Fröhlich-Sandner und mein Anliegen vorbrachte. Wieder einmal spielte das Glück mit, denn am Wiener Konservatorium wurde eine Schauspielklasse eingerichtet und man suchte eine Lehrperson. So kam ich zu meiner pädagogischen Tätigkeit.Welche Fähigkeiten sollten junge Menschen mitbringen, die diesen Beruf ergreifen wollen? Es gibt dabei ein grundlegendes Problem, nämlich den Schülern auch zu sagen, daß der Weg vielleicht einmal ins Nichts führen kann. Man kann am Beginn nie sagen, wie sich der oder die Schülerin entwickeln wird, denn der schüchternste, verklemmteste Schüler kann plötzlich das Gegenteil werden. Ich verlasse mich bei den Aufnahmsprüfungen auf mein Gefühl, das mich fast noch nie getrogen hat. Bei den Aufnahmeprüfungen lasse ich die Schüler hinter einem Vorhang den Text sprechen und bei einem bestimmten Punkt treten sie hervor. Bei dieser Methode kann ich mich voll und ganz auf die Stimme konzentrieren und später kommt erst der optische Eindruck, und das ist für mich der entscheidende Moment, denn ich kann nicht sagen ja oder nein. Ich komme aber immer darauf, daß die erste Entscheidung die richtige war, das heißt man braucht ein Gespür, ob jemand Persönlichkeit hat und es schafft, auch andere zu begeistern. Der größte Fehler, den man als Pädagoge machen kann, ist zu sagen, der schaut gut aus, aus dem wird einmal etwas. Ich denke dabei an Hans Moser und seinen ersten Auftritt. Es muß einem bewußt sein, daß das Publikum nur der Mensch interessiert, die anderen Dinge, wie Aussehen und dieses Überabstrahieren soll so sein, aber die Grundlage ist noch immer der Mensch.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Was ich gemacht habe, hat mich zum Erfolg gebracht. Ob es das Richtige war, um diesen Beruf optimal zu erfüllen, kann ich nicht sagen. Mein Verstand sagt, daß das Unterhaltungstheater auf einem gewissen Niveau eine sehr große Kunst ist, die auch vom Publikum verlangt wird, weil die Leute unterhalten werden wollen. Und wenn dies eintritt, dann macht der Beruf auch Sinn.Wie sehen Sie die Zukunft in dieser Kunstrichtung? Die Grundlage meiner Gedanken ist, daß immer Theater gespielt wird, so lange es Menschen gibt. Was die Zukunft betrifft, hängt von der Politik und ihren Entscheidungen ab, das heißt, auch von der Richtung, in die Österreich sich politisch entwickeln wird. Es stellt sich die Frage, ob Kunst den Stellenwert bekommt, der ihr gebührt, denn es gibt sehr viele Personen, die behaupten, daß Kunst einen sekundären Stellenwert hat. Das Theater in der Josefstadt war wirklich schon sehr knapp vor dem Untergang und dies kommt mir so vor wie in Afghanistan, wo die jahrtausendalten Buddhastatuen zerstört wurden. Wenn ich meine Schüler in diesen Beruf einführe, sage ich jedem von ihnen, daß er diesen Beruf nur dann ergreifen darf, wenn er auch auf der Straße spielen will.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Diese Bereiche konnte ich nie trennen, ich wollte, ich könnte es. Bereits während der Zeit, die ich mit Hans Weigel verbrachte, konnten wir beide nie abschalten. Wenn wir im Urlaub waren, saß er vor seiner Schreibmaschine und ich war mit verschiedenen Texten konfrontiert. Ich habe nie die Zeit gebraucht, die so manche Mitmenschen benötigen, um Kraft zu tanken. Wenn ich etwas nicht vertrage, dann jene Zeit, in der man nichts tut. Ich laufe durchs Leben und lege sehr wenige Stops ein.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Ja, Alma Seidler, eine Schauspielerin, die ich vergöttere. Kopieren oder nachahmen wollte und konnte ich nie in meinem Leben.Eine
Anmerkung zum Erfolg?
Ich hatte das Glück, während meines bisherigen Lebens immer Menschen an meiner Seite zu haben, die auch meinen Beruf akzeptierten und mich dabei unterstützten. Dies war seinerzeit mit Ernst Waldbrunn und auch mit Hans Weigel der Fall. Hans Weigel hat mich nie allein gelassen, sondern begleitet. Wir konnten alles besprechen und er hat auch immer gewußt, was ich tun soll. Dann ist mein guter Geist namens Fritzi gekommen, der mir hilft, das Leben und meine Aufgaben zu meistern. Wichtig ist, daß jeder Mensch, wenn er einen Status in seinem Beruf erreicht hat, einen Menschen an seiner Seite braucht, der ihn auch unterstützt und ihm hilft.