Zum Erfolg von Wolfgang Pöhl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Beruflicher Erfolg liegt für einen Manager darin, den Fortbestand eines Unternehmens zu sichern, ohne daß Mitarbeiter deshalb auf der Straße sitzen. Ich persönlich habe zum Erfolg eine weniger intensive Einstellung als zum Mißerfolg, der mich wirklich schmerzt. Den Erfolg selbst betrachte ich als die Erfüllung einer Erwartungshaltung, die man in mich setzt, deshalb erachte ich ihn in meinem Leben als gewissermaßen selbstverständlich, wenngleich ich mich natürlich über Erfolg freue und Stolz empfinde, wenn ich etwas erreicht habe.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich kann auf vieles verweisen, das ich erreichen konnte. Die Mißerfolge, die ich ohne Frage erlitten habe, nehme ich als „Dellen“ mit mir, die ich verkraften muß. Es macht mir heute vor allem große Freude, die strahlenden Gesichter der Absolventen zu sehen und zu wissen, daß es für Studenten Sinn macht, an dieser Universität zu studieren.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Zentrum meiner Bestrebungen war nie, Karriere zu machen, sondern immer die Bemühung, meine Arbeit so gut wie möglich zu verrichten. So schrieb ich meine Dissertation nicht etwa, um den Doktortitel zu erlangen, sondern um Probleme zu lösen. Mein Studium war Basis und Voraussetzung für meinen heutigen Erfolg. Wesentlich war meine Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen und Mitstreiter zu finden, mit denen ich Probleme lösen konnte; mit ihnen habe ich Erfolge auch geteilt. Ich verfolgte immer einen sehr kooperativen Führungsstil, war aber doch bereit, letztendlich hart durchzugreifen, wenn Entscheidungen anstanden – kein Problem löst sich, indem man ewig darüber redet. Ich bin schlußendlich ein sehr disziplinierter Mensch und übe Vorbildwirkung auf meine Mitarbeiter aus, indem ich ständig präsent bin.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich empfand mich mit dem Abschluß meines Studiums als erfolgreich, weil ich dafür nur zwölf Semester brauchte, obwohl ich bereits verheiratet war, mit meiner Frau das erste Kind erwartete und parallel dazu berufstätig war. Auch bin ich der erste in meiner Familie, der einen akademischen Grad errungen hat. Da ich aus einer Arbeiterfamilie stamme, war es für mich ein sehr berührender Moment, als ich das Zeugnis überreicht bekam, über das sich auch meine Eltern freuten.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Ich glaube, daß Originalität, die ich im wesentlichen als Charaktereigenschaft begreife, ein ausschlaggebender Faktor jeglichen Erfolges ist. Nur wer unverfälscht agiert, strahlt Verläßlichkeit aus. Ich halte beispielsweise nichts von Weiterbildungsseminaren, nach deren Besuch Teilnehmer sich völlig anders benehmen als zuvor. Wer hingegen an sich arbeitet, ohne seine Authentizität zu gefährden; wer originell bleibt und lebt, was er ausstrahlt, kann erfolgreich sein.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Dr. Longin, mein Vorgänger bei Magnomin in Griechenland, hat mich insofern sehr geprägt, als er mich beruflich förderte.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Eine wesentliche Form der Akzeptanz erfuhr ich, als ich mit sehr hohem Votum als erster Nicht-Professor zum Rektor der Montanuniversität gewählt wurde. Hohe Anerkennung erfuhr ich für wissenschaftliche Arbeiten, Patente und Forschungsprojekte, aber auch im wirtschaftlichen Bereich genoß ich Wertschätzung.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Ich bin bemüht, der Universität eine neue und starke Basis zu geben, die Internationalität zu forcieren und eine ganz klare Profilierung von Kernkompetenzen herbeizuführen. Dadurch gelingt es mir, eine Identität zu schaffen, die die Montanuniversität zu etwas Besonderen macht und sie aus der Masse der anderen Universitäten hervorhebt. Das ist heute notwendig, um als kleine Universität überhaupt bestehen zu können. Unsere Absolventen sind gefragt: 60 Prozent müssen sich nach Abschluß des Studiums nicht auf Arbeitsuche begeben, weil sich Unternehmen bei ihnen „bewerben“.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ich habe während meiner Tätigkeit in führenden Positionen viele Mitarbeiter erlebt, die davon ausgingen, etwas zu „werden“, wenn sie die jeweilige Ausbildung absolvierten. In 90 Prozent der Fälle erreichten sie ihr Ziel nicht. Ich rate einem jungen Menschen deshalb, nicht die Karriere als Ziel zu definieren, sondern qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten. Man kann nur durch gute Arbeit auffallen und gut ist geleistete Arbeit dann, wenn man Fragen schon beantwortet, bevor man sie gestellt bekommt. Wesentlich ist auch das berufliche Umfeld, also das Unternehmen, in dem man tätig ist. Ich denke, daß ein Studium in gewisser Hinsicht Voraussetzung jeglichen Erfolges ist, obwohl es selbstverständlich Karrieren von nicht studierten Persönlichkeiten gibt, die von der Pike auf sehr hohe Positionen erreichten. Ich glaube aber, daß solche Werdegänge nicht nur seltener, sondern auch viel schwieriger und härter sind als eine „klassische“ Karriere, an deren Anfang ein Studium steht.
Anmerkung zum Erfolg?
Zwei Nebenbeschäftigungen prägten mich bis heute. Ich habe Leistungssport betrieben und dabei viel über Erfolg gelernt, beispielsweise, daß man dabei gegen einen Freund antritt, den man besiegt und in der Folge wieder einem Freund unterliegt. Beides, Siegen und Verlieren, verlangt eine spezielle Qualifikation im Verhalten. Eine weitere wertvolle Erfahrung war meine Beschäftigung mit Musik und Theater (als Student am Mozarteum Salzburg): sich in andere Rollen zu versetzen ist ein sehr wesentlicher Teil des Erfolges einer Führungspersönlichkeit, wenn es gilt, Gruppen zu überzeugen und andere zu verstehen.