Zur Karriere von Johann Schneider
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich wurde in Lech geboren und besuchte dort auch die Schule. Ich steckte mitten in meiner Ausbildung, als der Zweite Weltkrieg begann, und wurde im Alter von 17 Jahren eingezogen. So wurde ich hinsichtlich meines Berufs ein kleines Opfer des Krieges. Meine Militärzeit beim 20. Armeekorps, einer nach der Kapitulation des Deutschen Reiches selbständigen Einheit, der freigestellt wurde, ebenfalls zu kapitulieren oder nicht, dauerte zwei Jahre, und diese Einheit war es, die verhinderte, daß die Russen den gesamten Norden bis Trondheim besetzten. Nach halbjähriger Gefangenschaft kehrte ich am 11. September 1945 nach Hause zurück, wo ich meinen älteren Bruder wieder traf. Er war glücklicherweise schon vor mir wieder nach Lech zurückgekommen. Der Fremdenverkehr lag zu dieser Zeit darnieder, aber ein französisches Büro namens Tourisme et Travail nahm die Arbeit auf, und wir setzten unsere Häuser nach der Zeit der Besatzung notdürftig wieder instand. Wir besaßen nichts, aber die französische Organisation stellte uns Lebensmittel sowie Heizmittel je nach Buchungslage des Hauses zur Verfügung: das war der Beginn des Tourismus in Lech und Zürs. In den folgenden Jahren setzte der Fremdenverkehr mit Reisegruppen wieder ein und die stark abgewohnten Häuser mußten in den folgenden Jahrzehnten Zug um Zug renoviert und ausgebaut werden. Ich selbst absolvierte, nachdem ich aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, eine profunde Ausbildung im Gastgewerbe, war in sämtlichen Bereichen der Gastronomie – wenn man so will vom Tellerwäscher bis zum Rezeptionisten – tätig und verbrachte ein halbes Jahr in Frankreich, um die Sprache zu lernen, was damals außergewöhnlich war, aber mir war bewußt, daß die Internationalität der Gäste eine besonders große Rolle spielen würde. All jene, die sich auf fremdsprachige Touristen eingestellt hatten, waren in den folgenden Jahren auch erfolgreich. 1955 schloß ich im Alter von 29 Jahren meine Ausbildung ab, heiratete Frau Helga Lingenhöle und begann noch im selben Jahr mit dem Bau des Hotels Arlberg, das ich bis dato leite, auf dem Grundstück, das meiner Familie gehörte. Ich begann im Jahr 1956 mit 24 Betten und baute das Hotel sukzessive etwa im Zweijahresrhythmus aus, renovierte und veränderte es. Heute präsentiert sich das Haus als Fünfstern-Betrieb mit 100 Betten auf einem wunderschönen Standort im Zentrum und doch unbeeinträchtigt vom Verkehr. Über all die Jahre ist es uns gelungen, ein großes Potential an Stammgästen zu gewinnen, die zum Teil schon seit mehr als 35 Jahren regelmäßig ihren Urlaub in Lech verbringen. Mein Sohn Hannes ist heute Geschäftsführer der GmbH, während meine Tochter Monika als Miteigentümerin des Zürser Hofes tätig ist und meine Tochter Barbara das Hotel Erzberg leitet, das wir 1996 - damals noch unter dem Namen Hotel Mara - kauften. Ich war parallel zu meiner Tätigkeit im Hotel Arlberg auch 30 Jahre lang in der Kommunalpolitik tätig. Von 1965 bis 1980 war ich Obmann des Verkehrsamtes in Lech. Die Hälfte der zwölf Mitglieder des Ausschusses des Verkehrsamtes mit dem Arbeitsausschuß wurde von der Gemeinde kraft des Gemeindegesetzes eingesetzt, die andere Hälfte auf demokratischem Weg alle zwei Jahre durch sämtliche Fremdenverkehrsinteressenten gewählt, die somit in alle Entscheidungen eingebunden waren und mitbestimmen konnten, wie das Budget eingesetzt wurde. Dieses Budget bestand aus dem Fremdenverkehrsförderungsbeitrag, den jeder zu leisten hatte, sowie aus der Ortstaxe und wurde vom Ausschuß des Verkehrsamtes verwaltet. 1980 wurde ich zum Bürgermeister gewählt und mußte daher das Amt des Obmannes des Verkehrsamtes abgeben. Ich war in der Funktion als Gemeindeoberhaupt drei Perioden, also 15 Jahre lang, tätig, signalisierte aber in meiner letzten Amtsperiode, daß ich nur mehr bis Ende der Legislaturperiode zur Verfügung stehen würde, um meinem Nachfolger, Herrn Ludwig Muxel, einen geordneten Übergang zu schaffen. In den 30 Jahren meiner Tätigkeit in der Kommune gelang es mir, maßgeblich an der Entwicklungsgeschichte von Lech mitzuwirken. Aufgrund meiner Initiative konnte ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Lechern vermitteln, daß Qualität vor Quantität stehen muß, worauf ich mit Recht stolz bin. Diesen Standpunkt durchzusetzen, war beileibe nicht immer einfach, aber es ist mir gelungen, Lech nachhaltig auf höchstem Qualitätsniveau zu etablieren und den Ruf der Exklusivität weit über Österreichs Grenzen hinaus zu sichern. Wesentlich war dabei der Entschluß, eine Obergrenze von maximal 8.500 bis 9.000 Betten festzulegen und bei Ferienwohnungen die Bremse anzuziehen, als eine Zahl von 800 Betten erreicht war. An dem Flächenwidmungsplan, der 1980 Gesetz wurde und bei manchen Grundbesitzern Unmut auslöste, arbeitete ich maßgeblich mit und war bemüht, die Gemüter zu besänftigen, indem die Gemeinde Tauschgrundstücke und Gelder anbot. Auch in der Kammer war ich tätig, und zwar wurde ich für mich völlig überraschend dazu bestimmt, den Vorsitz des Fachgruppenausschusses Vorarlberg zu übernehmen. Obwohl ich mich zuerst nur bereit erklärt hatte, diese Funktion fünf Jahre lang als Übergangslösung auszuüben, nahm ich sie mehr als 20 Jahre lang wahr, wobei ich zuletzt die Position des Sektionsobmannes innehatte und schließlich mit 69 Jahren aus der Kammer ausschied.