Zur Karriere von Thomas Ottinger

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich studierte Geophysik an der ETH Zürich (dipl. natw. ETH), heiratete relativ früh und gab meinen Berufswunsch, Prospektionsgeophysiker zu werden, der mir ein berufliches Nomadentum beschieden hätte, aus familiären Gründen auf, um als Zweitstudium Ökonomie zu studieren. Nach Abschluß dieser Ausbildung an der Universität Zürich trat ich 1977, zunächst als Marketing und Sales Trainee, bei ACNielsen Switzerland ein, wo ich in den folgenden Jahren in verschiedenen geschäftsführenden Positionen, insbesondere als weltweit Verantwortlicher für den Geschäftsbereich Decision Support Systems tätig war. Unter anderem führte ich neue Produkte und Dienstleistungen ein und arbeitete im Rahmen dieser Tätigkeit in Europa, dem Mittleren Osten, Asien, Lateinamerika und den USA. Vorerst führte ich den Geschäftsbereich von der Europazentrale aus, anfangs der neunziger Jahre wechselte ich in den Hauptsitz (Chicago, USA). Nach meiner internationalen Karriere im multinationalen Konzern, machte ich mich selbständig und gründete 1997 die Firma Thomas Ottinger Management Consulting. Nach zweijähriger Vorbereitungsarbeit gründete ich 1999 zusammen mit Partnern und Horizonte Venture Management die Start-up Firma EFFICIENT MARKETING GmbH in Wien mit dem Ziel der Optimierung des strategischen und taktischen Entscheidungsprozesses im Handelsmarketing von großen Handelsunternehmen mit Schwerpunkt Promotionseffizienz. Bei dieser Effizienzmessung handelt es sich um eine völlig neuartige und bahnbrechende Methode am Markt, da es bislang unmöglich war, einen psychologischen Stimulus (Anreiz, in einem bestimmten Geschäft einzukaufen) durch das interne Scanning-/Datensystem des Einzelhandels ohne Marktforschungsbefragung in eine quantitative Größe umzuwandeln und damit einen der „teuersten“ Kostenfaktoren des Handelsmarketing meßbar und steuerbar zu machen.

Zum Erfolg von Thomas Ottinger

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Aus meiner Sicht liegt persönlicher Erfolg in der Freude an der Tätigkeit, weil ich damit etwas aufbauen und etwas Bleibendes hinterlassen kann. Ich habe Erfolg, wenn es mir gelingt, etwas zu gestalten, umzusetzen und weiterzuentwickeln, wobei der Weg zum Ziel teilweise sehr beschwerlich ist. Erfolg hat aber darüber hinaus viele Faktoren, die im persönlichen Bereich liegen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Im Sinne meiner Definition, Neues zu gestalten, sehe ich mich heute als erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich bin ein guter Analytiker und verfüge über eine sehr gute Ausbildung, die mir erlaubt, die jeweilige Sachlage in ihre Bestandteile aufzuschlüsseln. Die Analyse des Umfeldes und der Prozesse ist sehr wichtig, um Ziele erreichen zu können, weil man nur so in der Lage ist, vorausschauend zu agieren und visionäre Konzepte und Realisierungen zu entwickeln. Schon in jungen Jahren war es mir wichtig, den einmal eingeschlagenen Weg konsequent zu verfolgen. Durchsetzungsvermögen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Erfolgt überhaupt. Ich denke, daß die Frage, welche Ausbildung man absolvieren soll, niemals mit richtig oder falsch beantwortet werden kann, einmal vorausgesetzt, daß man dabei persönliche Präferenzen ins Spiel bringt. Für mich war der Wechsel zu einer anderen Studienrichtung wegweisend, weil ich damit überprüfen konnte, was ich bereits gelernt hatte und was ich noch wissen mußte, um mich meinem Ziel zu nähern. Der Bereich, in dem ich heute tätig bin, basiert auf mathematischen bzw. logischen Grundlagen, die ich mir in meinem Studium der Geophysik aneignen konnte und heute in einer ökonomischen Umgebung umsetzen kann.
Ist Originalität oder Imitation besser um erfolgreich zu sein?
Man muß sich heute ernsthaft die Frage stellen, was Originalität denn überhaupt bedeutet: vieles, das als neu und innovativ verkauft wird, setzt eigentlich nur kleine Änderungen in Gang und basiert auf Bewährtem und lange schon Dagewesenem. Echte Neuerungen, Originalität und Innovationen setzen insbesondere bei kleinen Unternehmen hohe Risikobereitschaft voraus. Ich stamme aus der Schweiz, wo es als größter Makel gilt, in Konkurs zu gehen, bin aber der Meinung, daß man etwas riskieren muß, um Ideen auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen und damit vielleicht sehr erfolgreich zu werden. Das Unternehmen, in dem ich heute tätig bin, beschäftigt sich seit einigen Jahren damit, etwas völlig Neues aufzubauen und zu gestalten, das letztendlich zu einer besseren Lösung mit effizientem Mitteleinsatz im Handelsmarketing führt.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich bin der Meinung, daß zwar die Kernkompetenz vorhanden sein muß, es aber viel wichtiger ist, ein echtes Team zu formen. Aus diesem Grund ist es mir nicht so wichtig, daß jemand hundertprozentig dem Anforderungsprofil entspricht, ich lege vielmehr Wert auf eine starke Gruppe von Menschen, die einander ergänzen und gemeinsam ein Ziel bzw. eine Vision verfolgen. Voraussetzungen dabei sind auch fachliche Qualifikation und Erfahrung, beispielsweise im Bereich Informatik oder Statistik, jedoch ist wichtig, daß die Mitarbeiter Steh- und Durchsetzungsvermögen sowie Freude an ihrer Tätigkeit haben.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich habe selbst sehr isolierte Arbeitsplätze kennengelernt und bin daher von der Notwendigkeit der Kommunikation überzeugt. Die Mitarbeiter sollen zusammenarbeiten und soviel als möglich miteinander kommunizieren können, wer sich dabei nicht wohl fühlt, wird wieder ausscheiden, während jene, die sich zusammengefunden haben, in der Regel in der Lage sind, Ziele zu erreichen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
EFFICIENT MARKETING hat innovative Methoden zur Überprüfung der Effektivität von Promotionsaktivitäten großer Handelsketten entwickelt, die sich auf die Warenkorbdaten stützen. Unter Nutzung der Tatsache, daß jeder gekaufte Artikel an der Supermarktkasse gescannt wird, konnten wir eine Methode entwickeln, die es uns erlaubt, festzustellen, ob eine Aktion auf Geschäftsniveau gegriffen hat und die Stimuli stark genug waren, Zusatzkäufer in das Geschäft zu bringen. Die ausgewerteten Daten und eine von uns dazu entwickelte Analyse- und Planungssoftware helfen unseren Kunden, die gewonnenen Erkenntnisse bei der künftigen betriebswirtschaftlichen Planung von Promotionsaktivitäten zu berücksichtigen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich habe eine starke Partnerin, die bereit war, den Wohnsitz zu wechseln, die Kinder an neue Schulen zu schicken und Altes aufzugeben, um einer neuen Herausforderung positiv entgegen zu sehen. Ohne Akzeptanz und Toleranz meiner Frau wäre es mir nicht möglich gewesen, beruflich erfolgreich zu sein. Unsere Kinder sind durch dieses Leben flexibel geworden, weil sie permanent Neues dazu lernen und somit das Alte in Frage stellen, obwohl es natürlich zu Spannungen kam, als etwa unser Sohn weiterhin in Amerika bleiben wollte, während unsere Tochter nach Europa zurück wollte.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Hat man sich ein Ziel gesetzt, gilt es, dieses in Etappen zu verfolgen und die einzelnen Schritte zu realisieren. Hartnäckigkeit und Konsequenz sind dabei ebenso wichtig wie die Fähigkeit, sich in ein Team einzugliedern und andere von einer Sache zu begeistern, weil eine Gruppe von Menschen größere Erfolge erzielen kann als ein Einzelkämpfer. Ich denke, daß jeder einige Facetten des Erfolges berücksichtigen und ausprobieren sollte: es kann sehr zielführend sein, sich innerhalb einer strengen Hierarchie eines Großunternehmens bei guter Entlohnung sich hochzuarbeiten, um in der Folge festzustellen, daß Neues und Innovation in einem Kleinunternehmen viel direkter und besser umgesetzt werden kann. Jeder muß für sich selbst entscheiden, wo seine Schwerpunkte und Ziele liegen.

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