Zur Karriere von Alois Stingeder
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Mein Werdegang wurde von meiner Neigung zum kaufmännischen Beruf geprägt, wobei ich bereits im Volksschulalter am Markt beim Lebensmittelverkauf mithelfen durfte. Nach Abschluß der Pflichtschule absolvierte ich von 1963 bis 1966 in einem Geschäft in der Linzer Hopfengasse die Lehre zum Einzelhandelskaufmann, weitaus mehr Erfahrungen konnte ich allerdings in einer darauffolgenden Tätigkeit beim Delikatessengeschäft Reisinger in der Herrenstraße sammeln, die ich zwei Jahre lang ausübte. Im Alter von zwanzig Jahren begann ich dann bei der Firma Persil als Außendienstmitarbeiter für das Gebiet Oberösterreich, wobei ich hauptsächlich den Einzelhandel betreute und mir dabei im Zuge der erhaltenen Schulungen weitere Kenntnisse aneignen konnte. Es folgte ein Dienstverhältnis bei der Linzer Firma Mickstätter Gewürze, deren Verkaufsmethoden nicht gänzlich meinen Vorstellungen bezüglich Seriosität entsprachen und schließlich im Außendienstverkauf für Quelle Nürnberg, wo ich bis 1995 große Märkte und Einzelhandelsunternehmen mit Markenprodukten versorgte. Als das Mutterunternehmen den Besitzer wechselte, wurde im Zuge dessen auch ein anderes Team mit dem Außendienstverkauf betraut, zum damaligen Zeitpunkt war ich 45 Jahre alt und hätte aus materieller Sicht nicht mehr zu arbeiten brauchen. In den vorhergehenden Jahren war ich allerdings bereits in politische Tätigkeiten engagiert gewesen, ich arbeitete aktiv am Aufbau der alternativen, später grünen Szene mit, wobei mein Beweggrund vornehmlich darin lag, Politik dort zu machen, wo Politik gebraucht wird. Am Scheideweg zwischen Politik und Beruf entschied ich mich für ein neues Tätigkeitsfeld, und zwar die Eröffnung eines Bioladens, in dessen Rahmen erlesene Delikatessen zu angemessenen Preisen mit dem besten vorstellbaren Service angeboten werden, ohne besonderes Augenmerk auf Rendite zu legen, sozusagen mehr als Selbstzweck. Im Jahr 1995 starteten meine Frau Inge, die inzwischen verstorben ist, und ich in Leonding auf 40 m Verkaufsfläche unter dem Namen Bio Lois Laden, das ältere Objekt wurde dabei von uns im Alleingang restauriert. In der Startphase beschäftigten wir vier Mitarbeiter, bis zum heutigen Zeitpunkt mußten wir die Mitarbeiterzahl auf zehn erhöhen, wobei unser Quadratmeterumsatz gemäß deutschen Fachzeitschriften zum höchsten in Österreich und Deutschland zählt, vor der Euroumstellung erzielten wir monatliche Umsätze von rund 750.000 Schilling. Unsere Klientel legt ausschließlich Wert auf Qualität, der Preis spielt dabei kaum eine Rolle, wobei Leonding die viertreichste Gemeinde in Österreich ist. Als meine Gemahlin im Jahr 2000 verstarb, trug ich mich mit dem Gedanken, einfach auszusteigen. Während eines Griechenlandurlaubes faßte ich jedoch den Entschluß zur Gründung meines jetzigen Lokales, wobei kompensatorische Bedürfnisse mich diesbezüglich zweifellos mit beeinflußten. Daraus resultierte gemeinsam mit meinem Partner Helmut Gragger, einem Bäckermeister, 2001 die Gründung eines Biocafes mit Backstube, Konditorei und kleinem Bioladen, das in Anlehnung an einen Jugendtraum meiner Gattin auch als Hommage an sie zu verstehen ist. Ursprünglich als autarker Betrieb geplant beläuft sich der Fremdkapitalsanteil heute auf fünfzig Prozent, eine GesmbH kommt allerdings aus ethischen Gründen für mich nicht in Frage, den heutzutage in der Wirtschaft gängigen Praktiken stehe ich skeptisch gegenüber. Mittlerweile hat der Linzer Standort mit Leonding bereits mehr als gleichgezogen, wobei ich mich im Endeffekt weitaus mehr einbringen mußte als ursprünglich geplant.