Zum Erfolg von Hugo Eberhardt
Wie definieren Sie persönlichen Erfolg? Das Wort leitet sich sicher von erfolgen ab, das heißt, es muß etwas erfolgt sein. Man muß also irgendwo etwas erreicht haben; das ist die Voraussetzung für Erfolg schlechthin. Man kann natürlich auch von Erfolg sprechen, wenn man das Ziel nicht hundertprozentig erreicht hat. Wenn man etwas in durchaus repräsentativem Maß umgesetzt hat ist das genauso Erfolg. Erfolg ist mit zwei Dingen verbunden: Das eine ist das Sichtbare, das Produkt, die Leistung, das Ergebnis, die meßbare Größe, und dann gibt es eine unmeßbare Größe, und zwar die persönliche Zufriedenheit mit seinem Erfolg. Dies muß man sehr wohl auch ins Kalkül ziehen; und es ist nicht immer die Riesenleistung, die nach außen als groß erscheint, der persönliche Erfolg, sondern daß man etwas wirklich mit Herzblut erreicht hat.Sehen Sie die Stationen, die Sie bis heute gegangen sind, rückblickend als Erfolg? Ich sehe mich durchaus als erfolgreich. Ich habe im wesentlichen das erreicht, was ich wollte, wobei für den Erfolg im Beruf eine gewisse Glückskonstellation wichtig ist. Man muß zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, sonst kann unter Umständen das, was man möchte, nicht eintreffen. Wenn zum Beispiel ein Posten, den man anstrebt, nicht frei ist, liegt eine Situation vor, die man selbst nicht beeinflussen kann. Ich glaube das ist ein entscheidender Faktor. Man kann noch so fleißig oder tüchtig sein, man kann keinen Erfolg haben, wenn das Umfeld im Moment nicht da ist. Soll man sich, wenn man Erfolg plant, große visionäre Ziele stecken, oder eher im unmittelbaren Umfeld kleinere Ziele verfolgen? Grundsätzlich sollte man sich ein Fernziel stecken, das einigermaßen realistisch, aber doch hoch angesiedelt ist, und zwar deswegen, weil ich nur dann etwas erreiche, wenn ich das Ziel entsprechend hoch fixiere. Ich vergleiche das immer mit dem Hochspringer: Wenn der die Latte auf einen Meter legt, wird er möglicherweise schon bei 40 Zentimetern darüberstolpern, wenn er sie auf zwei Meter legt, springt er doch 1,60 Meter. Man darf dann aber nicht enttäuscht sein oder es als Mißerfolg betrachten, wenn man das hohe Ziel nicht hundertprozentig erreicht. Ich würde auch nicht kurzfristige Ziele setzen, sondern schon auch langfristige in Art einer Lebensplanung. Wenn ich eine gewisse Position in der Gesellschaft einnehmen möchte, gibt es dorthin viele verschiedene Wege. Eine dieser Möglichkeiten schafft man wahrscheinlich, wenn man sich das zum Ziel setzt. Setzt man sich kein Ziel oder nur einige kurzfristige, wird es zu kurz gegriffen sein, weil ich dann im Alltagsgeschäft steckenbleibe.Wie gehen Sie mit negativen Einflüssen um? Das Wesentliche ist, daß man Negativeinflüsse analysiert und nicht in Lethargie verfällt, sondern daraus Schlüsse zieht, eventuell die Richtung etwas ändert und dann gezielt wieder weitergeht. Das Gesamtziel sollte man immer im Auge behalten. Letztlich ist es ja so, daß aus Krisen neue Kraft entsteht, aus Chaos, aus einer Depression heraus entsteht ja etwas Neues, und das ist wesentlich, damit man wieder weiterkommt. Im Sport ist das ja oft so. Ein Sportler kommt in eine Krise, er weiß gar nicht warum; das ist im Berufsleben genauso.Hatten Sie Ihr Ziel schon während des Studiums vor Augen? An sich war mein Ziel die Chemie. Mein Jugendtraum war, einmal in einem größeren Konzern in einer oberen Ebene Platz zu finden. Das war sozusagen die generelle Richtlinie. Ich bin heute von der Chemie weit weg und sehr zufrieden damit, weil ich einen Platz in einer oberen Ebene gefunden habe. Wenn es sich anders ergeben hätte, wäre ich heute vielleicht in einem Chemie- oder Pharmakonzern, vermutlich in leitender Position.Wo liegen Ihre persönlichen Stärken? Ich gebe nicht auf, kann sehr gut analysieren und bin kreativ.Kreativität ist Emotionalität, Analyse ist Realität. Wie kann man beides erfolgreich umsetzen? Wesentlich ist, daß man die Sachverhalte emotionslos betrachtet und analysiert, auch wenn man kreativ ist. Ich habe jeden Tag einige neue Ideen, skizziere und entwerfe sie, aber daß ich den letzten Punkt und Beistrich mache, das ist nicht meine Stärke. Eine Stärke von mir ist vielleicht noch, daß ich gut mit Leuten reden kann. Kommunikation ist etwas, das mir liegt, ich bin extrovertiert und gehe auch gerne auf Leute zu, habe keine Berührungsängste. Zum Erfolg gehört in den letzten Jahren immer mehr die Teamarbeit. Wie stehen Sie dazu? Das ist in letzter Zeit auch ein bißchen zum Schlagwort geworden. Man kann in Wirklichkeit nicht alles im Team machen. Der TÜV ist eigentlich eine Organisation der Einzelkämpfer. Deswegen, weil wir sehr viele Überwachungen vor Ort machen; das heißt, 80 Prozent der Leute sind auswärts in den Betrieben allein auf sich gestellt und müssen Entscheidungen treffen. Die Leute sind auch vom Persönlichkeitstyp so zu sehen. Teamarbeit ist dort sinnvoll, wo ich komplexe Systeme probiere, generell strategische Überlegungen und Lösungen brauche, da kommt das Team rein. Bei Mitarbeiter-Informationsveranstaltungen betone ich immer, daß Teamarbeit wichtig ist, daß man gewisse Dinge gemeinsam löst und verschiedene Standpunkte in die Diskussion einbringt, aber letztlich: Mozart hätte im Team nichts zustande gebracht. Dort, wo es auf die Einzelleistung einer Person ankommt, ist ein Team eine Verwässerung. Ich habe ein Führungsteam hier im Hause, die letzte Entscheidung muß jedoch ich treffen, denn ich trage letztlich die Verantwortung. Ich arbeite aber sehr gerne in Teams, um ein besseres Bild zu bekommen.Auch der Begriff Motivation wurde sehr häufig strapaziert; wird er bei Ihnen noch verwendet oder ist er mittlerweile völlig out? Es ist in einem Unternehmen wie dem TÜV nicht ganz einfach, im einzelnen zu motivieren. Grundsätzlich gilt, daß die Zufriedenheit mit der Arbeit die größte Motivation ist. Es gibt natürlich Motivationsfaktoren in unserem Hause, daß man etwa mit den Leuten spricht und ihre Probleme ernst nimmt. Den Motivationsfaktor Geld, den ich nicht verschweigen will, stelle ich aber bei weitem nicht an die vorderste Front, weil Motivation in Summe etwas ist, was auf der menschlichen Ebene, der Beziehungsebene läuft.Ist die Schaffung eines positiven sozialen Umfeldes im beruflichen Bereich ein wesentlicher Faktor für Erfolg? Ja, wenn das soziale Umfeld stimmt, ist natürlich auch die Motivation höher. Es ist aber in Zeiten wie diesen, wo man gezwungen ist, Restrukturierungen und Maßnahmen zu treffen, die dem einzelnen Mitarbeiter, der einzelnen Mitarbeiterin nicht schmecken, obwohl sie ihre Notwendigkeit nachvollziehen können, nicht immer ganz einfach, ein entsprechendes soziales Umfeld zu schaffen. Das heißt, man muß statt materieller Mittel mehr Zuwendung geben, um dies gewissermaßen auszugleichen.Wie gehen Sie mit Mißerfolgen um? Jetzt erst recht, ist so ein Sprichwort von mir. Ein Mißerfolg trifft einen natürlich, man muß analysieren, warum es Mißerfolg gab, und daraus Lehren ziehen und neu beginnen. Mißerfolg sollte aber nie dazu führen, daß man die Flinte ins Korn wirft und aufgibt. Meines Erachtens ist der Mißerfolg auch die Basis für den Erfolg. Man hat natürlich auch als Geschäftsführer immer wieder Mißerfolg, sei es auf dem Markt, in der Umsetzung der Dinge, die man sich vorstellt, man muß daraus die Konsequenzen ziehen. Ich sehe Mißerfolg, obwohl das Wort sehr negativ besetzt ist, nicht so negativ.Gibt es etwas, woraus Sie Kraft beziehen? Ja, aus der Familie ziehe ich sehr viel Energie. Ich habe es geschafft, daß meine Frau zu Hause sein konnte und sich um die Familie als zentraler Pol kümmert - das gibt mir unheimlich viel Kraft.Glauben Sie, daß jemand nur Erfolg haben kann, wenn er private Zufriedenheit findet? Ich könnte es mir nicht anders vorstellen. Es ist sicher schwieriger, wenn man zu Hause Probleme hat, dann im Beruf voll aufzugehen.Hat Sie eine spezielle Lebensphilosophie begleitet oder hatten Sie ein persönliches Vorbild, an dem Sie sich orientierten? Es ist klar, daß es im Bekannten- und Verwandtenkreis gewisse Vorbilder gibt. Aber jemand anderem nachzueifern, kann nicht zum Erfolg führen. Ich glaube auch, daß das ein wesentlicher Punkt ist, daß man sich von Zeit zu Zeit vor den Spiegel stellt und fragt: Will ich das, was ich tue, überhaupt? Wenn ich es nicht will, kann ich auch nicht erfolgreich sein.Können Sie noch ein paar Worte zu Ihren weiteren Tätigkeiten, die Sie ausführen, sagen? Die CEOC ist eine Dachorganisation europäischer unabhängiger Prüf-, Überwachungs-Zertifizierungsstellen. Meine Tätigkeit in der CEOC hat vor einigen Jahren in Arbeitsgruppen begonnen, vor eineinhalb Jahren stellte sich plötzlich die Frage, da der Präsident der CEOC, ein Engländer, in den Ruhestand versetzt wurde, wer das nun machen soll und man ist auf mich zugekommen. Ich überlegte gründlich und lange, weil ich weiß, daß das eine erhebliche Mehrbelastung ist, wurde aber dann doch davon überzeugt. Meine zweite Tätigkeit ist dann noch die in AUSTROLAB und in EUROLAB. Ich wurde ursprünglich vom Ministerium ersucht, hier als österreichischer Vertreter der privaten Prüfstellen teilzunehmen, und wurde Gründungsmitglied von EUROLAB. Ich habe dann gemeinsam mit einem Kollegen vom Arsenal AUSTROLAB als nationales Gremium gegründet. Wir vertreten die Prüfstellen in Österreich und auf internationaler Ebene. Das bedeutet natürlich auch sehr viel Reisetätigkeit in europäische aber auch außereuropäische Länder.Was gibt es zum Abschluß noch zum TÜV zu sagen? Ich glaube, daß da vielfach eine verfälschte Meinung bei den Leuten herrscht: TÜV ist Prüfung, sei es im Kfz-Bereich oder im Elektronik-Haushaltsbereich, da gibt es ein TÜV-Pickerl, und das war es. Unser TÜV ist 128 Jahre alt. Wir haben den gleichen Namen wie die deutschen Kollegen, sind aber wirtschaftlich nicht verknüpft. Hauptorganisation ist der Verein; hinter dem Kürzel steht Technischer Überwachungs-Verein Österreich. Dieser Verein führt einige Tochterunternehmen im In- und Ausland, unter anderem ist die Akademie, wo wir Schulungen und Trainings machen. Wir haben heute neun Geschäftsbereiche; diese erstrecken sich über Dampfkessel, Kraftwerke, Aufzüge, den Bereich Maschinen, Hebezeuge, Elektrotechnik, Medizintechnik, Kraftfahr- und Gefahrgutprüfung, also Autoprüfung und Autokomponentenprüfung, Umweltschutz, Chemie, Werkstoffprüfung und alles, was mit Werkstoff- und Schweißtechnik zu tun hat, ferner den Bereich Zertifizierung von Managementsystemen, das heißt also ISO 9000, ISO 14.000 und alles was es da rundherum gibt. Wir führen auch Warenprüfungen internationaler Waren durch. Der wesentliche Punkt ist, daß wir die meistakkreditierte Stelle Österreichs sind. Akkreditiert bedeutet Anerkennung der fachlichen Kompetenz. Zusätzlich sind wir politisch und in jeder anderen Hinsicht unabhängig. Wir sind also von niemandem beeinflußt, haben zirka 12.000 Mitglieder, einen Verwaltungsrat, der die grundsätzlichen Geschicke bestimmt. Wir haben, wie schon gesagt, zirka 500 Mitarbeiter; unsere Hauptaufgabe sind Prüfung, Überwachung und Zertifizierung.