Zum Erfolg von Vera Scheiber
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist vielschichtig. Für mich bedeutet er, etwas umzusetzen, etwas zu bewirken und das auf meine persönliche Art zu erledigen. Ich muß das Gefühl haben, daß mein Einschreiten etwas bewirkt hat.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich bin erfolgreich, weil ich mich in den letzen Jahren kontinuierlich weiterentwickeln konnte, und fühle mich bestätigt aufgrund der Nachfrage nach meiner Tätigkeit. Ich liebe meinen Beruf und übe ihn gerne aus. Außerdem schätze ich die Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Ich kann mir den Weg zu meinem Erfolg selbst suchen, und es gibt in meinem Beruf sehr viele Möglichkeiten, Anerkennung zu erleben.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ausschlaggebend waren meine Russischkenntnisse und die Tatsache, daß ich zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Aktionen setzte und Gelegenheiten ergriff. Wichtig war auch die starke positive Einstellung zu dem Begriff Selbstbestimmung und dem Thema Frauen im Anwaltsberuf während meines Studiums, das war sicherlich Pionierarbeit.Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Als Frau wird man leicht in die Ecke der Scheidungsangelegenheiten gedrängt, daher schloß ich diesen Bereich von Anfang an kategorisch aus. Die Stärken der Frau werden nach wie vor wenig anerkannt, das beginnt mit uralten Frauenbildern, die noch in den Lehrbüchern mitgetragen werden, und geht bis zum Verhalten der Professoren den Frauen gegenüber, gegen die man den ständigen Kampf führt, ernst genommen und nicht in einer herablassenden Art behandelt zu werden. Sogar bei der Suche nach einer Konzipientenstelle erlebte ich Kanzleien, die nur Männer einstellen wollten. Im Berufsleben selbst erlebe ich von Klienten keine Diskriminierung.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine Mitarbeiterinnen spielen eine sehr wichtige Rolle für mich, denn ohne Mitarbeiter, die Ideen mittragen, ist Erfolg nicht möglich. Ich beschäftige nur Frauen, denn ich arbeite sehr gerne und gut mit Frauen zusammen. Ein wichtiges Kriterium bei der Mitarbeiterauswahl ist, daß die Bewerberin mehrere Sprachen spricht, vor allem Russisch und Ukrainisch.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Es wird von den Männern vermittelt, daß Rechtsanwalt ein Beruf ist, der mit Familienleben nicht vereinbar ist, und das wird auch so praktiziert. Daher gibt es für Frauen mit Kindern keinerlei Unterstützung von der Kammer. Anwältinnen haben keinen Anspruch auf Karenzurlaub und auf Unterstützungen in der Kindererziehung, außer daß man einige Zeit von der freiwilligen Verfahrenshilfe befreit wird. Die Selbständigkeit bietet natürlich Möglichkeiten, um Familie und Beruf zu vereinbaren, aber es ist eine Organisationsfrage, die nur mit viel Disziplin gelöst werden kann.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Ich wende mich speziell an die Frauen: Sie sollen sich nicht abschrecken lassen, es ist wichtig, darauf zu bestehen, sich durchzusetzen. Das Positive für die heutige Generation ist, daß es auch schon weibliche Vorbilder gibt, an denen man sich orientieren kann.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Um meine Spezialisierung noch weiter auszubauen, weil ich darin eine große Notwendigkeit sehe, möchte ich meine Kanzlei in Richtung internationales Recht noch weiter öffnen und betreiben. Ein Projekt, das ich gemeinsam mit der Rechtsanwaltskammer vorantreiben möchte, ist der Austausch von jungen russischen und ukrainischen Juristen und Juristinnen in österreichischen Kanzleien, dies ist schon im Gange.