Zum Erfolg von Anna Ehrlich
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Von Erfolg spreche ich dann, wenn meine Vorträge und Bücher den Hörer bzw. Leser fesseln und ihm neue Ideen vermitteln.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Durchaus, denn mein Publikum schätzt mich, und meine Publikationen werden verlegt und gekauft.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Harte Arbeit, Charisma, Flexibilität und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Kunden. Das sind meiner Meinung nach die Voraussetzungen für den Erfolg in jedem Beruf. Ich war und bin mir meiner eigenen Schwächen und Stärken bewußt und setze beides gezielt ein.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich erledige jede Arbeit sofort, wenn sie anfällt, und verschiebe nichts auf den nächsten Tag. Das reicht von der Gestaltung meiner Homepage bis zur Kundenkorrespondenz, von den wissenschaftlichen Recherchen für Führungen und Bücher bis zum Entwurf meiner Tickets, von Stadt- und Museumsführungen bis zu Buchpräsentationen.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Nein, wenn wir von meiner Tätigkeit als Fremdenführerin sprechen - das ist ein Frauenberuf, und da tun sich eher die Männer schwer. Anders war es vor vielen Jahren im damals von Männern dominierten Managerberuf, da habe ich die Flucht ergriffen. Strategien gegen Mobbing und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gehörten früher noch nicht zur Ausbildung von Karrierefrauen, und ich konnte damit nicht umgehen.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Weder noch. Es zählen Fleiß, Einsatzwille, Charisma und die Fähigkeit, mit wenig Schlaf auszukommen. Wenn man seine Ideen nicht verkaufen kann, hilft einem weder Originalität noch Imitation. Ich arbeite bewußt mit empathischen Modellen, allerdings halte ich Empathie nicht für erlernbar, sondern für eine angeborene Fähigkeit, die man trainieren kann. Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche ungelöst? Manche Fremdenführer zerstören das Preisgefüge und damit das Image des Berufes. Der Fremdenführer muß eine Ausbildung absolvieren, die jener eines Pflichtschullehrers entspricht, hat eine ähnliche Berufsbelastung, und soll dann für einen Betrag von 30 Euro pro Stunde arbeiten. Das kann nicht die Zukunft des Berufes sein, ich bin prinzipiell dafür, daß sich niemand unter seinem Wert verkaufen sollte. Problematisch ist ferner die Tatsache, daß die Stadt Wien keine Fremdenführer anstellt. Daher haben wir nur Anspruch auf eine Gewerbepension, die sehr unterschiedlich ausfällt, da uns niemand unsere Aufträge garantiert. Viele Kollegen sitzen zu Hause und warten vergeblich auf Kunden, während ungeprüfte Reiseleiter aus dem Ausland Touristengruppen in der Stadt herumführen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Sie liegen in meiner Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit. Ich strukturiere mein Unternehmen jedes zweite Jahr um, damit ich auf neue Marktgegebenheiten besser eingehen kann. Ich weiß genau, was meine Kunden wünschen, und bin sofort bereit, diese Wünsche auch umzusetzen.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich kümmere mich nicht besonders um sie, behalte sie aber im Auge, um gegebenenfalls schnell auf ihre Aktivitäten reagieren zu können. Mit einigen Fremdenführern arbeite ich sehr amikal zusammen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Arbeitet an euren Schwächen und übt euch in Gesprächskultur! Man muß lernen, sich zurückzunehmen, Diskussionen zu führen, Konflikte auszutragen und vor allem Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte meinen Betrieb langsam einer geeigneten Nachfolgerin übergeben und mir als Schriftstellerin einen Namen machen. Zu meinem im Jahr 2005 erschienenen Werk über die Hintergründe zum Bestseller Josefine Mutzenbacher gibt es eine regelmäßig stattfindende Führung. Daneben entstehen ein Kriminalroman, der im ausgehenden Mittelalter spielt, und eine Biographie eines vergessenen Habsburgers.