Zur Karriere von Karl Josef Klostermann
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich verbrachte die Gymnasialzeit in Essen-Steele, wo ich das Glück hatte, neben dem späteren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, zu sitzen. Wir waren gute Freunde. Von Mai 1945 bis März 1946 war ich in Kriegsgefangenschaft. Während der Gefangenschaft wurde ich 17 Jahre alt. Ich war zunächst in Süddeutschland bei den Amerikanern in Gefangenschaft und kam dann in die französische Zone, wo ich erneut eingesperrt wurde. Nachdem ich 1948 in einem Sonderlehrgang mein Abitur gemacht hatte und danach noch einige Zeit auf einen Studienplatz warten mußte, begann ich 1949 mein Jurastudium. Dazwischen liegt ein Ereignis, das meinen späteren Erfolg vielleicht mitbestimmt hat. Mein Vater war zu jener Zeit Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Nordrhein-Westfalen. Durch Zufall lernte ich damals in einem Fotogeschäft, in das ich ging, um Fotos von Kriegsgräbern entwickeln zu lassen, den Sohn von Professor Curschner kennen (Verfasser von Curschner's Konversationslexikon). Wir kamen in diesem Fotogeschäft ins Gespräch, und ich sagte meinem neuen Bekannten, daß ich wegen der bestehenden Restriktionen für Deutsche nicht ins Ausland fahren könne, was die Suche nach Kriegsgräbern erheblich erschwerte. Aus dieser Begegnung ergab sich die Gründung des Freundschaftsbundes für Kriegshinterbliebene. Ich war erst 21 Jahre alt , als diese Vereinigung entstand. Sie fand höchste Aufmerksamkeit. Ich führte damals ein Gespräch mit Bundespräsident Heuss, der sich sehr für das Projekt interessierte und die Patenschaft übernahm. Präsidentin der Organisation wurde die Mutter meines neuen französischen Bekannten. Sie war die Erbin des Ritz-Konzerns und ebnete uns wichtige Wege. Ich war mit meinen gerade 21 Jahren Vizepräsident. Durch diese Verbindung gelang es, das Verbot der Auslandsbesuche zu überwinden. Durch Straßensammlungen wurden wir schließlich erfolgreich und waren quasi eine Konkurrenz für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Als die Mutter meines französischen Freundes plötzlich starb, brach auch sein Vater zusammen. Als damit das französische Standbein des Bundes verloren ging, habe ich meinem Vater das gesamte Unternehmen geschenkt, das damit im Volksbund aufging. Damit war diese Episode meines Lebens vorbei. Immerhin hatte sie mir gezeigt, wie rasch man etwas aufbauen kann. Mein Studium beendete ich nach sechs Semestern. 1954 machte ich mein Examen und schloß daran eine dreijährige Referendarzeit an. Im Februar 1958 legte ich das große Staatsexamen ab. In der Folge war ich einige Zeit in einer Essener Anwaltskanzlei beschäftigt, bis ich als Syndikus in eine große Mannheimer Baustoffhandlung aufgenommen wurde. Von meinem neuen Chef, Fritz L. Brune, war ich begeistert. Er hatte drei Söhne, und meine Kollegen sagten, ich müsse wohl sein unehelicher vierter Sohn sein. Ich wurde seine rechte Hand. Die Firma war ein mittelständisches Unternehmen mit etwa 500 Beschäftigten. Ich war damals erst 30 Jahre alt und empfand meinen Anzug als Syndikus als erheblich zu groß. Zu der Zeit machte ich noch mein Steuerexamen in Abendkursen, Herr Brune sagte mir damals, er könne mich nicht adäquat bezahlen und riet mir, nebenbei eine Anwaltspraxis zu eröffnen. Das tat ich dann mit großem Erfolg, blieb aber weiterhin für die Firma Brune tätig. Zu dieser Zeit ging es mir finanziell sehr gut, allerdings nicht allein durch meine berufliche Tätigkeit, sondern weil ich begann, Häuser zu bauen. Ich habe alles selbst aufgebaut, obwohl ich über keinerlei finanzielle Reserven verfügte. Über ein Erbe verfügte ich als eines von neun Kindern nicht. Während meines Studiums bekam ich eine finanzielle Unterstützung aus dem Elternhaus in Höhe von 150 Mark monatlich. In den Semesterferien mußte ich arbeiten, um mein Studium zu finanzieren. Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen besaß ich schließlich 40 Häuser. Es ging mir immer besser. Ich habe mir dann eine Jagd angeschafft, eine Segelyacht und drei Kleinflugzeuge. Ich konnte mir alles erlauben, was man sich denken kann. Das alles spielte sich während meiner 17 Jahre bei der Firma Brune ab, also von 1958 bis 1975. Ich schied aus der Firma aus, als sie verkauft wurde, und konzentrierte mich dann auf meine Anwaltstätigkeit. Die Kanzlei erweiterte ihr Geschäft immer mehr und wurde sehr erfolgreich. Zur Zeit der Wende in Deutschland habe ich 1989 meine Kanzlei verkauft und segelte im Mittelmeer umher. Nach einem Jahr merkte ich aber, daß mich das nicht mehr erfüllte - ich brauchte Erfolgserlebnisse. Die Wende in Deutschland brachte mich auf die Idee, etwas in Ostdeutschland zu unternehmen. Im Herbst 1989 eröffnete ich in Thüringen eine Anwaltskanzlei. Meine Frau stammt aus der Gegend. Diese Tatsache sowie der Umstand, daß ich ein Wessie war, brachten mich sehr schnell auf die Erfolgsspur. Ich führte die Kanzlei bis 1999 und verkaufte sie dann an eine tüchtige junge Kollegin. Nach meiner Rückkehr wollte ich eigentlich gar nichts mehr tun. Ich nahm auch an, daß ich in meinem Alter auch kaum noch etwas machen könnte. Aber dann entschloß ich mich dazu, wiederum eine Kanzlei zu eröffnen. Ich stellte eine junge Kollegin ein, mit der ich sehr zufrieden bin, und die Kanzlei läuft sehr gut. Ich bin jetzt 75 Jahre alt, und man muß wissen, daß die Reserven, die man sich geschaffen hat, ganz schnell verloren gehen. Der große Wurf in meinem Leben ist mir nicht gelungen. Ich war dicht daran, aber das letzte Quentchen hat gefehlt.