Zum Erfolg von Paul Johan George Baan
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Meine Tochter ist mein Erfolg - nicht das Geld. Sie bedeutet mir mehr als alles Geld. Geld ist kein guter Maßstab für Erfolg, nicht einmal im Business. Wo steht beispielsweise in einer Bilanz das Risiko eines Unternehmens? Ein gutes Unternehmen hat auch Kooperationen und Beziehungen sowohl mit Lieferanten als auch mit Kunden, das ist ein großer Wert, der in keiner Bilanz steht. Deshalb ist die Bedeutung der Kundenorientiertheit innerhalb unseres Unternehmens immer sehr groß. Unser Erfolg beginnt bei den Kunden und mit einer Vision: Wir wollen die Ingenieure sein, die jene Brücken bauen, die unsere Kunden an das Ufer des Erfolges bringen. Wir wollen ihnen nicht nur helfen, ihre Produkte zu bauen.Hatten Sie Erlebnisse, die Ihre heutige Einstellung beeinflußten? Meine glückliche Jugend in einer großen Familie mit sieben Schwestern und zwei Brüdern war eine gesunde Basis für mein Leben. Ich hatte die Möglichkeit, an der Universität zu studieren, mein älterer Bruder nicht. Dieser stürzte sich gleich ins harte Business-Leben. Nach zehn Jahren im Baumanagement machte ich meinem Bruder den Vorschlag, etwas gemeinsam zu machen. Wir beschlossen, Produkte für den offenen Markt zu machen, also begannen wir mit UNIX. Wir waren ein bißchen früher dran als andere, aber unsere Überlegung war, daß ein offenes System gut für Kunden wäre und unserer Brücke der Vision entsprach. Die Vision wuchs, und wir wuchsen mit. Wir haben das Produkt gemeinsam mit unseren Kunden und unseren jungen Mitarbeitern durchdacht und sehr viel Spaß dabei gehabt. Schließlich kamen aber doch finanzielle Notwendigkeiten auf uns zu. In den ersten Jahren haben wir sehr wenig verdient. Die Ursache war, daß Holland einfach zu klein war. Darüberhinaus bestand die Gefahr, daß die ausländische Konkurrenz nach Holland expandierte. Also expandierten wir im schwierigen Deutschland, im einfachen Belgien und im lukrativen England. Die Schwierigkeiten lagen nicht so sehr in der Produktadaption, sondern beim Finden der entsprechenden Mitarbeiter. In Deutschland lagen doch wesentliche Mentalitätsunterschiede vor. Erschwerend wirkte sich auch aus, daß wir nicht das Geld für Neugründungen hatten, es war also notwendig, Partner zu finden, die ein eigenes Unternehmen gründen wollten.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Wichtig ist sicher, daß ein gutes Klima vorherrscht, daß die Mitarbeiter nicht nur wegen der Bezahlung im Unternehmen sind und daß man nicht der Boss für die Leute ist, sondern der Steward, der sie akzeptiert. Ich bin gerne in Österreich, die Mitarbeiter haben hier eine anständige Road-Show organisiert, und ich wollte diese Leute kennenlernen, die diese gute Sache gemacht haben. Ich habe auch die Filiale besucht, denn ich wollte die Leute motivieren. Motivieren bedeutet nicht nur Geld geben, das Produkt geben, die Einkommenssicherheit geben. Die Leute wollen mehr, sie wollen dazugehören. Ich bin sehr oft im Operationsbereich und nicht im Büro tätig. Wir teilen unseren Erfolg. Als wir die Möglichkeit hatten an die Börse zu gehen, fragten wir uns, ob es fair wäre, das ganze Kapital in Familienhänden zu halten? Nein! Also gründeten wir eine Stiftung. Ich bin nun kein Milliardär mehr, sondern nur mehr Millionär. Das ist genug. Diese Stiftung macht jetzt Projekte in der ganzen Welt (z.B. Bolivien, Nigeria, etc.).Was bedeutet Geld für Sie? Geld ist wie die Sonne: sie wärmt, aber wenn Sie ständig nur in die Sonne schauen, werden sie blind!Erfuhren Sie auch Niederlagen? Natürlich, wir hatten mehr Niederlagen als Erfolge.
Wie gehen Sie damit um?
1986 ging uns beispielsweise bei einer Produktentwicklung das Geld aus, auch die Zeit wurde knapp, und wir waren eigentlich pleite. Wir hätten verkaufen, eine Menge Geld bekommen und uns zur Ruhe setzen können. Aber wir haben lieber mit unseren Mitarbeitern gesprochen und wollten das gemeinsam lösen. Die Gehälter wurden temporär gekürzt, und insgesamt haben wir sehr viel dabei gelernt, nämlich, daß es leicht ist, Menschen zu motivieren, wenn die Sonne scheint, aber wenn man es schafft, sie auch bei schlechtem Wetter zusammenzuhalten, dann ist es eine echte Familie. Dieses Phänomen wollten wir noch verstärken. Jetzt haben wir auch viele Mitarbeiter im Unternehmen, die Aktien halten. Darüberhinaus achten wir darauf, sehr junge fähige Mitarbeiter in Position zu bringen, in denen sie wirken können. Mein Bruder und ich waren schließlich auch erst 30, als wir begannen. Der Geschäftsführer von Baan Investment ist 32 Jahre alt. Er hat fünf Jahre mit uns gearbeitet, wir waren zufrieden und haben ihn befördert. Der Geschäftsführer in Baan Holland ist ebenfalls 32 Jahre alt, auch er war fünf Jahre bei uns in Holland, dann in Amerika und Australien für uns tätig. Das reichte aus, um ihm zu vertrauen. Junge Leute haben also alle Möglichkeiten. Wenn der Weg innerhalb eines Unternehmens blockiert ist und immer nur Manager von außen zugekauft werden, ist das nicht von Vorteil.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Jeder soll selbst Dinge ausprobieren. Ich könnte da keine Tips geben. Viele Leute sind erfolgreich und glücklich, aber jede Person ist eine eigene Persönlichkeit. Mein Sohn wäre beispielsweise vielleicht mit meiner Art von Erfolg nicht glücklich.
Haben Sie Vorbilder?
Ich habe persönlich sehr viel Respekt vor Menschen, die sehr viel arbeiten. Es ist besser zu geben, als zu nehmen. Ich kenne viele Leute, die reich sind, und Geld geben. Auch wenn ich aus meiner Stiftung eine Million spende, ist das o.k., aber nichts Besonderes. Wenn man jedoch Zeit gibt, also einen Teil seines Lebens, an Leute die nichts zurückgeben können, dann ist man ebenfalls erfolgreich - nicht in der Brieftasche, aber im Herzen!