Zum Erfolg von Renato Zanella
Was bedeutet für Sie Erfolg? Durchsetzung meines Glaubens und Akzeptanz meiner Träume und meines Konzeptes beim Publikum. Der Erfolg ist für mich passiv besetzt, weil ich dabei vom Publikum abhängig bin und das Publikum ist von Land zu Land verschieden. Ich kann das behaupten, denn ich ich arbeitete bereits in 5 Ländern, in Italien, in Frankreich, in der Schweiz, in Deutschland und jetzt in Österreich. In jedem Land sind die Wege zum Erfolg unterschiedlich. Erfolg bedeutet für mich Überzeugung, verbunden mit der Freiheit, aber Erfolg ist ein vielschichtiger Begriff. Es gibt eine konservative Art des Erfolges, wo deine Kreationen von der Mehrheit akzeptiert werden und es gibt den Erfolg des oppositionellen Theaters, den Erfolg bei der Minderheit.
Wie kommt man in der Kunst zum Erfolg? Durch viel Arbeit, gepaart mit Talent. Es gibt ausgewählte Menschen, die das Talent besitzen, aber wenn sie dieses Talent nicht fördern, dann erreichen sie auch nichts. Man muß auch Glück haben, denn in der Kunst gibt es keine Gerechtigkeit. Man kann eine Karriere auf Beziehungen und Protektionen aufbauen, aber die ehrlichste Art ist, kontinuierlich sein künstlerisches Credo durchzusetzen.
Was ist für Sie Glück? Die Belohnung nach der harten Arbeit. In unserer Branche ist es sehr wichtig, kommunikativ zu sein. Meine Ideen werden von der Truppe verwirklicht und ich muß meine Vorstellungen so präsentieren, daß die Tänzer überzeugter werden, als ich. Man kann von einer Ballettgruppe nur dann Leistungen verlangen, wenn man ein Team ist, wenn alle gerne für die gemeinsame Sache arbeiten. Wenn es Spannungen gibt, kann man Erfolg vergessen.
Was wäre für Sie ein Rückschlag? Ich bin von allen meinen Arbeiten überzeugt, aber die Reaktion des Publikums kann man schwer programmieren. Wenn es ein Mißerfolg wird, dann ist man ein einsamer Mensch, wenn man Erfolg hat, wird man von allen geliebt.
Kann man den Erfolg doch nicht beeinflussen? Man kann sich der Situation anpassen und den Erwartungen des Publikums entgegenkommen. Bei einer Ballettgala kann ich kaum experimentelle Stücke zeigen, weil die Leute das sehen wollen, was sie schon kennen, aber einen Nitsch kann ich nicht mit traditionellen Mitteln inszenieren. Man muß überall die Identität erkennen. Das Milieu in den verschiedenen Theatern ist auch unterschiedlich, in Wien ist es anders, wie in Stuttgart. Sehr viel ist auch vom Intendanten abhängig, wenn einem der Intendant unterstützt, dann kommt man leichter zum Erfolg. Der Intendant ersetzt heute den "Mäzen". In Wien, wo das Ballett nicht beliebt ist, muß man daran denken, daß man das Theater auslastet, ich bin mit diesem Problem das erste Mal konfrontiert. Da geht es ums Überleben, man muß den Erfolg strategisch aufbauen und man muß bereit sein sich für diese Art des Erfolges zu prostituieren. Das Theater verkauft die Illusionen und das Publikum heutzutage braucht sie auch wieder. Die Menschen wollen träumen, weinen, möchten gerührt werden. Man darf nicht vergessen, daß das Publikum in Wien arrogant und verwöhnt ist und daß es sehr schwierig ist, bei diesem Publikum Anerkennung zu finden.
Woher schöpfen Sie Ihre Kraft?
Aus dem Mißerfolg , da regeneriere ich mich. Ich schöpfe die Kraft aus dem Glauben an die Kunst und aus meinen Projekten. Für mich ist ein neues Projekt einer Wand gleich, durch die ich gehen muß. Je schwieriger die Aufgabe, desto motivierter bin ich. Ich kam auch deswegen nach Wien, weil es für das Ballett eine der schwierigsten Städte ist.
Wer hat Sie geprägt? John Cranko und seine Umgebung, die ganze Schule. Ich habe in Stuttgart die Art der Kunst zu dienen, gelernt.
Ihr Motto? In der letzten Zeit motiviere ich so meine Tänzer: "Dem Leben kann man nie direkt in die Augen schauen". Sie entscheiden, welcher Gesichtspunkt ihnen besser gefällt, von oben und von unten. Wenn man Solotänzer sein möchte und von oben herab schauen möchte, dann muß man viel arbeiten, sonst bleibt man immer in der letzten Reihe des Corps de Ballets.