Zum Erfolg von Jean-Paul Vaugoin
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Wenn ich mich am Ende des Tages mit dem Wohlgefühl, viel bewegt zu haben, ob in der Werkstätte, im Studium oder in der Freizeit, zu Bett lege, bedeutet das Erfolg für mich. Es geht dabei um die Intensität des Erlebens von Aktivitäten und um das Gefühl, mitten im Leben zu stehen. Nach der spontanen Entscheidung für die Geschäftsnachfolge kam es nach kurzer Zeit zu einer völligen Lebensumstellung verbunden mit wenig Zeit für Freunde und wenig Absehen, ob sich der wirtschaftliche Erfolg einstellen würde. Prioritäten mußten neu gesteckt werden. Als sich diese Umstellung vollzog und ein erster bedeutender Auftrag alle Mühen belohnte, eine neue Beziehung sich ergab und auch Studienerfolge kamen, war ein starkes Erfolgsgefühl spürbar.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Wir haben nach einem Jahr den Punkt gefunden, wo wir zufrieden sein können, und fühlen uns in diesem ersten Jahr als Unternehmer erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Nicht aufzugeben, sondern dran zu bleiben und das Prinzip Learning by Doing anzuwenden, gerade als Jungunternehmer, war wesentlich. Entscheidend war auch, uns der Verantwortung für Mitarbeiter zu stellen und uns einzugestehen, daß am Beginn der Selbständigkeit, was die Freizeit betrifft, Abstriche zu machen sind. Auch die hilfreiche Unterstützung von erfahrenen, langjährige Mitarbeiter, die bereits in Pension sind, ermutigte uns sehr.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Als wir nach einem Jahr den Break-Even-Point überschritten hatten, empfanden wir uns als erfolgreich. Auch daß uns gelang, einen größeren Auftrag, den unser Vater noch initiierte, zu reaktivieren, erfüllte uns.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Unsere Mutter, die als Richterin beruflich stark engagiert war, hat uns nicht nur familiäre Geborgenheit gegeben, sondern war gerade in unserer Anfangszeit in der Werkstätte eine unermüdliche Motivatorin, Inspiratorin und Beraterin. Sie war uns mit ihren Kontakten auch eine Türöffnerin für neue, öffentliche Auftritte und Zugänge, so haben wir ihr beispielsweise auch einen Seitenblicke-Auftritt mit der Rekonstruktion der berühmten Saliera-Skulptur. Der Elan unserer Mutter und ihr Talent der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben wirken vorbildhaft. Auch unser Stiefvater gab uns als Jurist viele wertvolle Impulse im Bereich der Ethik. Unser Vater hat uns das Bewußtsein für Qualität mitgegeben. Ein Freund zeigte uns, dass Betriebsnachfolge schaffbar ist.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Wenn man jung ist, ist es schwieriger, vor allem von manchen eingesessenen Mitgliedern der Innungen ernst genommen zu werden. Vorurteile, daß Werkstättenerfahrung ausschlaggebend für Erfolg ist, und daß junge Studienabsolventen, die einen Generationsbetrieb übernehmen, theoretisch und eher schreibtischlastig sind, gilt es, zu überwinden und zu entkräften.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Uns ist wichtig, die sozialen Fertigkeiten unserer Mitarbeiter zu fördern. Wir ermöglichen unseren Beschäftigten, von Angestellten zu Persönlichkeiten mit Führungsverantwortung zu wachsen, die Bezug zur Wirtschaftlichkeit entwickeln. Unser Vater unternahm noch vieles im Alleingang, wir binden Mitarbeiter stärker mit ein. Qualitäten wie Loyalität und Zuverlässigkeit sind für uns zentral. Qualitativ hochwertige Produkte, für die wir bürgen, bedürfen eines hohen Handarbeitsanteils in der Ausführung und damit auch einer sehr genauen Arbeitsweise.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Unsere Mitarbeiter identifizieren sich stark mit dem Unternehmen und honorieren unser Bemühen und den Umstand, daß wir keine Allüren an den Tag legen. Das sehen wir, weil auch nach Geschäftsschluß gearbeitet wird. Bei uns wird das Miteinander auf der menschlichen Ebene großgeschrieben. Wir halten Mitarbeiterbesprechungen und bieten Führungen in der Schmiede. Dies schätzen unsere Mitarbeiter als Interesse an ihrer Tätigkeit.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Auch wenn einen Stock über der Schmiede ein Silbermuseum existiert, möchten wir gerne unser eigenes Museum eröffnen und unsere Silberexponate ausstellen. Wir möchten unseren Innovationsgeist umsetzen, so wie wir mit dem Exponat der Schwebenden Jungfrau im Rahmen einer kleinen Veranstaltung mit japanischer Klientel demnächst eine Präsentation planen. Auch möchten wir die spannenden Stationen des Silberschmiede-Werkstättenbetreib zugänglich machen. Wir freuen uns, den Kontakt mit früheren begeisterten Kunden unseres Vaters neu zu beleben und sind der Meinung, daß auch kleine Erfolge zählen. Das qualitativ hochwertige Niveau behalten wir zukünftig bei. Wir betreiben Networking, zum Beispiel mit der Firma Augarten anläßlich des gemeinsam geplanten Herbstfestes. Die Kreation eines Picknick-Korbes bietet sich zum Beispiel als eine Gelegenheit an, anderen Partnern im Accessoire-Bereich Synergien zur gemeinsamen Nutzung vorzuschlagen. Wir nützen weiters Angebote der Wirtschaftskammer, wie die Top Tables of Vienna. Die Replik des Donaubrunnen-Exponats aus unserem Privatmuseum im nächsten Jahr anläßlich des 50jährigen Jubiläums des Staatsvertrages auf den Markt zu bringen, freut uns schon jetzt.
Ihr Lebensmotto?
Gib das Beste und lerne auf allen Ebenen dazu, im Betrieb und aus alltäglichen sozialen Beziehungen, ohne auf Dich selbst zu vergessen. Gehe weiter, auch wenn Dir nicht immer danach ist!