Zum Erfolg von Regina Kainerstorfer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist für mich nicht so einfach definierbar, weil er etwas höchst Komplexes ist, das sich nicht so einfach in Worte kleiden läßt. Mir macht der Beruf, der Umgang mit Steinen und Schmuck, auch nach so vielen Jahren noch immer Spaß. Ich habe das große Glück, mit Dingen arbeiten zu können, die schön sind und meinem ästhetischen Gefühl entsprechen. Das sehe ich als Erfolg. Natürlich hat auch mein Beruf seine Schattenseiten, aber im großen und ganzen überwiegt die Freude. Geld ist in Zusammenhang mit Erfolg für mich kein Thema. Finanzielle Mittel ermöglichen mir eine gewisse persönliche Freiheit, sind aber ohne eigenständige Bedeutung.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich betrachte mich persönlich nicht als besonders erfolgreich, auch wenn mein Umfeld mich durchaus als sehr erfolgreich sieht und als Maßstab den Umsatz, der in einer konventionellen Arbeitsgesellschaft gewichtig ist, heranzieht. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Mir blieb nichts anderes übrig, als erfolgreich zu sein - schon allein, um der Verantwortung meinen Kindern gegenüber gerecht zu werden und unser existentielles Überleben zu sichern. Mein Steinhandel ergab sich und war nicht systematisch geplant. Ich bin zur Expertin für alles rund um Edelsteine und zur Ansprechpartnerin für Schmuckreparaturen geworden. Ich bin sehr genau, und es bedarf eines sehr guten, auch sinnlichen Sehvermögens und Instinktes, um Steinqualitäten einschätzen zu können. Über weite Strecken sehe ich mich mehr als Therapeutin denn als Steinhändlerin. Viele Menschen kommen in das Geschäft und vertrauen mir ihr Seelenleben an. Ich glaube, ich habe ein ausgeprägtes Gefühl für Atmosphärisches. Außerdem bin ich ein neugieriger, wißbegieriger Mensch und nehme privat und beruflich sehr viele Informationen auf. Allein wenn es um Fälschertechniken geht, muß man ständig auf dem laufenden sein. Ich beschäftige mich aber nicht nur mit meinem Fachgebiet, sondern interessiere mich mehrschichtig auf vielen Ebenen für alle möglichen Facetten des Lebens.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Kommt zum Beispiel eine recht bissige Kundschaft ins Geschäft, setze ich sie mit Freundlichkeit schachmatt. Wenn ich so einen mieselsüchtigen Menschen anstrahle, weiß er nicht mehr weiter. Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Allgemeines Wirtschaften als Selbständige bedeutet, einen Gewerbeschein zu erhalten - niemand kümmert sich in der Wirtschaftskammer, mit welcher Qualität oder Ausbildung berufliche Selbständigkeit ausgeübt wird, es geht nur darum, Beiträge zu bezahlen. Viele junge Selbständige schwimmen ahnungslos im Fahrwasser der Wirtschaftswelt. Zudem ist der Esoterikboom bedenklich. Hunderte von Menschen fühlen sich aus heiterem Himmel dazu befähigt, sich sofort in Edelsteintherapie und sonstigen alternativen Methoden auszukennen und diese Methoden zu propagieren. Auch hier wird wieder Geschäftemacherei mit einem ungebremsten Selbstbewußtsein betrieben. Ich vermisse die Tiefe, echte Kompetenz sowie aufrichtiges Interesse.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich habe seit etwa sieben Jahren eine sehr nette, kompetente und verläßliche Mitarbeiterin. Sie hat Eigenschaften, die mir fehlen und umgekehrt - wir ergänzen uns sehr gut. Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Fundiertes, tiefes Wissen über Edelsteine und ihre Anwendungsweisen zeichnen mich aus.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich ziehe keine klare Grenze zwischen Beruf und Privatleben, ich trenne Arbeit nicht von Leben. Ob ich einen Kuchen backe oder Steine für ein schönes Kollier zusammenstelle - all das bin ich. Es gibt kaum einen Bereich unseres Lebens, vom Straßenbau über die Granitarbeitsplatte in der Küche bis zum Tiffany-Schmuck und Skulpturen, wo sich nicht ein Bezug zu Steinen herstellen läßt. Genauso wie mit Holz leben Menschen mit Steinen in unterschiedlichster Form, daher kann ich Beruf und Privatleben gar nicht strikt trennen. Meine Kinder sind inzwischen erwachsen, was ein gewisses Umdenken und Umstrukturieren des eigenen Lebens erforderte. Früher standen die Kinder an erster Stelle, ich gab ihnen Wurzeln und Flügel - danach mußte ich mich selbst neu definieren. Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ständige Fortbildung ist für mich Teil des Lebens. Ich sehe das aber nicht als Belastung, sondern freue mich und bin dankbar, wenn jemand sein Wissen weitergibt. Lernen zu dürfen ist ein Geschenk, nicht Verpflichtung.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Auch wenn mein Sohn und meine Tochter schon erwachsen sind, fühle ich mich nach wie vor emotional für sie verantwortlich. Die Verantwortung ist eine andere, sie ist aber da. Erst wenn beide ihr Studium erfolgreich beenden, was demnächst der Fall sein wird, ist ein Großteil der mir auferlegten Verantwortung abgeschlossen. Es kommt ein neuer Lebensabschnitt auf mich zu, und wie ich damit umgehen werde, läßt sich nicht vorausberechnen. Ich halte es auch für eine bedenkliche Entwicklung, daß das Alter heute geringgeschätzt wird. Sieht man sich die Werbung an, könnte man glauben, nur junge, faltenlose und schlanke Menschen sind in unserer Gesellschaft anerkannt und erfolgreich.