Zur Karriere von Angelina Nigischer

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich kam als gebürtige Finnin im Alter von dreieinhalb Jahren mit meinen Eltern nach Österreich. In Raabs an der Thaya besuchte ich Volks- und Hauptschule. Anschließend absolvierte ich die Handelsakademie in Waidhofen und maturierte mit sehr gutem Erfolg, wobei ich bereits vor der Matura erstmals Mutter wurde. Nach der Matura arbeitete ich gemeinsam mit meinem Mann in dessen Geschäft in Waidhofen an der Thaya, einer Glaserei und Isolierglaserzeugung, und leitete neben meinen Aufgaben als Mutter und Hausfrau den Verkauf und das Büro. Nebenbei besuchte ich Sprachkurse sowie schauspielerische Workshops, sang in verschiedenen Chören und spielte immer wieder in verschiedenen Theatergruppen und Kleinbühnen. Nachdem mein erster Mann leider sehr früh verstarb - ich war mit 23 Jahren bereits Witwe - wollte ich zunächst das Reinhardt-Seminar absolvieren, entschied mich jedoch, ganz für meine beiden kleinen Kinder da zu sein. In Karlstein mietete ich ein großes Haus und vermietete Zimmer an Uhrenfachschüler. Nach zwei Jahren stieg ich als Verkäuferin in einen Betrieb ein. Als mir mein ehemaliger Chef anbot, das Geschäft zu übernehmen, nutzte ich diese Chance, entschied mich innerhalb des Ortes für einen Standortwechsel und betreibe es seit nunmehr 18 Jahren mit großer Begeisterung und Freude.

Zum Erfolg von Angelina Nigischer

Sehen Sie sich als erfolgreich?
Hier im Waldviertel verdient man sein Brot sehr hart. Wir müssen uns um jeden Kunden weit mehr und öfter bemühen als in einer frequentieren Lage. Da mein Geschäft bereits seit 18 Jahren besteht, betrachte ich mich als sehr erfolgreich.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ein wichtiger Erfolgsfaktor für mich ist Selbstbewußtsein. Dieses braucht man, um im Wirtschaftsleben bestehen zu können. Selbstvertrauen, der Glaube an mich, an mein Umfeld und eine höhere Macht sowie Konsequenz sind die wesentlichen Voraussetzungen für meinen Erfolg. Es ist für mich unerläßlich, hartnäckig, beständig und konsequent zu sein.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen läuft und ich deshalb Frustration empfinde, achte ich darauf, ihr keine Chance zu geben , sondern rasch wieder Halt zu finden. Ich gönne mir einige Stunden Auszeit von meiner Arbeit, um innerlich wieder frei zu werden. Dann kehrt meine Kreativität wieder zu mir zurück, und ich finde Auswege und Lösungen.Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Heute erlebe ich keine Nachteile mehr. Zu Beginn meiner selbständigen Tätigkeit versuchte einmal ein Vertreter, mich als Frau zu diskriminieren.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich bin ein heillos optimistischer Mensch, der selbst negative Erlebnisse positiv wertet, da es danach nur wieder bergauf gehen kann, und vollzog eine stetige positive Entwicklung.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Privat traf ich sicherlich die richtige Entscheidung für meinen zweiten Mann, der mir ein großartiger Lebenspartner ist und dem ich alles anvertrauen kann. Geschäftlich traf ich mit der Übernahme des Geschäftes eine gute und wichtige Entscheidung. Schauspielerisch war es für mich absolut richtig, vor zwei Jahren meinen Kindheitstraum erfüllt und meine Schauspielausbildung neben der Führung zweier Betriebe nachgeholt zu haben. Mittlerweile spielte ich bei mehreren Filmen und in Werbespots mit und plane im Jänner 2006 vier Bühnenauftritte in Wien.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Originalität, Spontaneität, Flexibilität und Kreativität sind die absolut wichtigsten Faktoren für meinen Erfolg.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? In erster Linie prägten mich meine Eltern. Ich durfte bereits als Kind Entscheidungen treffen und wurde dazu angehalten, mitzudiskutieren und zu kommunizieren. Ich wurde in meiner Tätigkeit stets bestärkt und erfuhr in meiner Kindheit stets nur Liebes und Positives. Vor allem von meiner Mutter lernte ich, daß Probleme sind da, um gelöst zu werden und nicht, um davor davonzulaufen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Meine Angestellten stehen hundertprozentig hinter mir und ziehen mit mir an einem Strang. In meiner Familie erfahre ich große Anerkennung und Wertschätzung. Meine Kunden kommen gern zu mir, weil sie meine positive und fröhliche Ausstrahlung schätzen, selbst wenn sie bei mir etwas teurer einkaufen.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Die Güterbeförderung betreffend, sind wir im Waldviertel sehr benachteiligt. Unsere Lieferfirmen haben weite Strecken zu uns zurückzulegen, was sich in hohen Kosten niederschlägt. In unserer Region besteht eine sehr schwache Kaufkraft, und es gibt keine Industrie. Zahlreiche Betriebe wanderten in den letzten Jahren ab oder sperrten zu. Diese fehlen uns im Bereich Büroumsatz, weshalb wir sehr mit den Umsatzzahlen kämpfen. Dieses Gebiet müßte von der Politik viel mehr gefördert werden. Die Spielwarenbranche gibt den kleinen Händlern zu wenig die Möglichkeit, just in time zu bestellen, also Lieferungen kurzfristig zu erhalten.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Da ich selbst ein Springinkerl bin, sind mir bei der Auswahl neuer Mitarbeiter Spontaneität, Kreativität und Flexibilität ausgesprochen wichtig.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Die Stärken meines Unternehmens liegen eindeutig in unseren Persönlichkeiten, in unserer Kleinheit, der Flexibilität, Spontaneität und der Möglichkeit, just in time ordern zu können. Wir sind für unsere Kunden jederzeit erreichbar - notfalls auch am Wochenende.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich halte Mitbewerb für gut und wichtig, und habe kein Problem, wenn Kunden zur Konkurrenz gehen. Ich glaube, sie kommen gerne wieder zu uns zurück.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich arbeite leidenschaftlich gern. Natürlich leidet darunter manchmal auch das Familienleben. Ich versuche, dies am Wochenende wieder gut zu machen, indem ich mir bewußt Zeit für meine Familie nehme.Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ich nutze gerne die Angebote meiner Lieferanten, Schulungen wie Verkaufstechniken, Motivationstraining oder Rhetorikkurse zu besuchen.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Das wichtigste, das ich jungen Menschen mitgeben kann, ist, tolerant gegenüber seinen Mitmenschen zu sein und sie zu nehmen, wie sie sind. Man kann sich bestenfalls selbst ändern, nicht aber andere Menschen. Würde mehr Toleranz geübt werden, gäbe es weniger Kriege und weniger Kleinkrieg in den eigenen vier Wänden.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte dieses Geschäft hier im Ort erhalten, auch wenn es wirtschaftlich sehr schwierig ist und unsere Arbeitsplätze damit sichern, und ich bin davon überzeugt, daß mir das auch gelingt. Mein zweites großes Ziel besteht darin, auch schauspielerisch erfolgreich zu sein.
Ihr Lebensmotto?
Leben und leben lassen!