Zum Erfolg von Neamul Bashir
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist für mich, wenn meine Kinder ihre beiden Muttersprachen sprechen und diese auch beherrschen. Wenn ich erkenne, daß in meinen Kindern auch der Ehrgeiz steckt weitere Sprachen zu erlernen, ohne daß ich Druck ausüben muß. Erfolg ist, wenn meine Kinder als Menschen aufwachsen, und Mensch zu sein bedeutet für mich, tolerant und liberal zu sein. Erfolg bedeutet Glück in der Familie. Dieses Glück in einer bikulturellen Ehe zu erreichen, ist ein toller Erfolg für mich. Meine Religion ist der Islam, den ich jedoch nicht aktiv praktiziere. Meine Frau ist Christin und hat meinen vollen Respekt. Meine Söhne sind in der glücklichen Lage, sich ihre Konfession und Zugehörigkeit selbst einmal aussuchen zu dürfen, ohne daß sie von meiner Frau oder von mir beeinflußt werden. Meine Frau spricht mittlerweile fließend Bengali und erhält dafür die volle Anerkennung meiner Familie und Landsleute. Ich spreche ihre Sprache und fühle mich in unserem gemeinsamen Umfeld der österreichischen Familie und Freunde wohl. Diese menschliche Gemeinschaft in Liebe und Anerkennung ist für mich Erfolg. Natürlich auch, daß ich mit meinem Beruf und meiner Berufung genug Geld verdiene, um meiner Familie ein schönes Leben zu bieten.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich sehe mich als erfolgreich, weil ich daran gearbeitet habe und noch immer daran arbeite. Meine nächsten Erfolge sind die Zertifizierungen der weiteren Sprachen Hindi, Urdu, Punjabi und Englisch.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Hinter meinen Erfolg steht vor allem meine Frau Bettina. Ohne ihre Unterstützung und Aufopferung hätte ich das alles nicht geschafft. Ich werde ihr dafür ewig dankbar sein. Die Sprache ist neben meiner Frau meine zweite große Liebe. Ich hatte schon immer Talent dafür und lernte sehr schnell bei diversen Reisen die jeweilige Landessprache. Die tolerante und liberale Erziehung meiner Eltern, die in einem von Religion geprägten Land nicht als selbstverständlich gilt. Dazu kommt meine Einzigartigkeit in Wissen und Persönlichkeit. Ich bin der einzige gerichtlich beeidete Dolmetscher für Bengali hier in Österreich und habe meiner Meinung nach eine sehr positive Ausstrahlung auf Menschen. In diesem Job ist es sehr wichtig, mit Menschen umgehen zu können. Als ich nach Österreich kam, hatte ich ein Konzept mit einer genauen Zielsetzung. Dieses habe ich sehr zielstrebig verfolgt.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Mit unermüdlichem Ehrgeiz und Einsatz. Mir macht mein Beruf unheimlich viel Spaß, jeden Tag Neues zu erfahren und zu lernen. Außerdem finde ich es großartig, durch meine Arbeit Menschen helfen zu können. Für die Koordination und Organisation meiner Arbeitszeit ist meine Frau zuständig. Sie vereinbart und verwaltet meine Termine. Das ist eine große Hilfe.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Als mein erster Sohn Paul 1994 zur Welt kam und als ich 1999 die Prüfung zum Gerichtsdolmetscher bestand.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Originalität. Ich bin ein Original. Manche empfinden das als stur, das sind aber meistens jene, die nur imitieren. Ich bin seit 1997 österreichischer Staatsbürger und lebe das, ich lebe aber auch meine bengalische Herkunft.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Mein Vater stammt aus einer sehr reichen Familie, war eine hochgestellte Persönlichkeit in seinem Beruf und immer sehr sozial. Er hat mich vor allem im beruflichen Ehrgeiz und Toleranz geprägt. Meine Mutter aber hatte die Schlüsselrolle in meiner Erziehung, da ja mein Vater sehr viel unterwegs war. Sie ist für meine ganze Persönlichkeit und soziale Kompetenz verantwortlich. Sie entstammt einer sehr armen Familie, ist sehr weise und setzt sich seit Jahren für das Recht der Frauen in unserem Land ein. Sie nimmt auch an dörflichen Schiedsgerichten teil, die nicht staatlich anerkannt sind, aber dennoch abgehalten werden, um dort für eine rechtliche Ausgewogenheit zu sorgen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Früher schaute man mich oft komisch an, wenn ich einen Saal betrat, um ein Seminar zu halten. Heute begegnet man mir mit vollem Respekt und Achtung. Das ist für mich Anerkennung für meine Leistung und mein korrektes, menschliches Verhalten.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Mensch werden, Mensch sein und Mensch bleiben. Respekt anderen Menschen und vor allem dem Partner gegenüber zeigen. Männern möchte ich raten, bei der Geburt ihres Kindes dabei zu sein. Nicht nur, um das Wunder Geburt mitzuerleben, sondern auch, um zu erfahren, wie stark und tapfer Frauen sind, welche Schmerzen sie ertragen können, an denen wir Männer zerbrechen würden.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mit 45 Jahren möchte ich nach Bangladesch zurückkehren und mich dort der Politik im Außenamt widmen. Meine Ziele bestehen darin, unser Land nach außen zu präsentieren und für die Rechte der Frauen zu kämpfen.