Zum Erfolg von Gerda Mostbauer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Wenn von den Menschen angenommen wird, was ich präsentiere, was ich sage und vorschlage, dann sehe ich das als persönlichen Erfolg. Ich kann zwar mit konstruktiver Kritik durchaus gut umgehen, trotzdem muß ich das Gefühl haben, daß meine Meinung ernst genommen wird. In meiner Funktion als Bundesvorsitzende arbeite ich ja mit sechs Fachgewerkschaften aus dem Gesundheitsbereich zusammen, was sehr viel Fingerspitzengefühl erfordert. Aber ich denke, daß mir das bisher recht gut gelungen ist, auch wird meine Meinung respektiert. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich habe die verschiedenen Stufen und Positionen auf meiner Karriereleiter nicht zielstrebig anvisiert, sondern wurde stets gefragt, ob ich diese oder jene Aufgabe übernehmen möchte. Natürlich gehört ein Quentchen Glück dazu, daß gerade entsprechende Positionen frei werden, doch muß man selbst auch einiges dazu beitragen. Ich war immer kooperativ, habe mir zu bestimmten Situationen meine Meinung gebildet und auch offen geäußert. Ich bin zu Vorgesetzten zwar loyal, aber ich bin ihnen nicht hörig. Es ist mir gelungen, meinen Standpunkt oder meine Vorschläge so vorzubringen, daß ich ernst genommen werde. Das ist besonders in einem hierarchischen System, wie es ein Krankenhaus eben ist, sehr schwierig, ohne gleich als Revoluzzer abgestempelt zu werden. Außerdem bin ich ein Stehaufmännchen und lasse mich von Problemen nicht abschrecken. Wenn mir etwas im ersten Anlauf mißlingt, erwacht in mir die „Jetzt erst recht“-Mentalität. Ich bin konsequent, beharrlich, sehr geduldig und nicht nachtragend. Trotzdem darf man meine Geduld nicht ausnutzen.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich bereite mich auf kommende Aufgaben gründlich vor. Wenn es sich während der Arbeitszeit nicht ausgeht, opfere ich dafür auch meine Freizeit. In Bereichen, wo ich nicht hundertprozentig sattelfest bin, hole ich mir auch kompetente Hilfe, bei arbeitsrechtlichen Fragen beispielsweise bei der Arbeiterkammer. Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Ich glaube schon, daß es Frauen in unserer Gesellschaft noch immer schwerer haben. Im Gesundheitswesen gibt es diese Nachteile aber kaum, da es eine frauendominierte Branche ist. In der Gewerkschaft sitzen in den Spitzenpositionen zwar hauptsächlich Männer, doch im Gesundheitsbereich ist der Frauenanteil in den Gremien insgesamt recht akzeptabel. Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Wenn ich jemanden imitiere, kann ich nicht authentisch sein. Daher ist Originalität sicherlich der bessere Weg zum Erfolg. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Im AKH gab es auf einer benachbarten Station meine Kollegin Gertraud. Sie war stellvertretende Stationsschwester und mein erstes Vorbild. Später gab sie ihre Position auf und ging in die Basispflege zurück, da sie wieder näher an den Kranken sein wollte. Die Art und Weise, wie sie mit den Patienten umgegangen ist, und ihr Verständnis für diesen Beruf haben mich doch sehr beeindruckt.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
In der Gewerkschaft sind wir ein demokratisches Gremium, und die Meinung der Kollegen ist mir sehr wichtig. Am schönsten ist es, wenn wir ähnlicher Ansicht sind und uns auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen können. Solche Entscheidungen haben mehr Gewicht, weil sie alle mittragen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Als Bundesvorsitzende geht mein Arbeitstag oft bis spät in den Abend. Daher nehme ich zum Ausgleich zwischendurch mal einen Tag frei oder gehe früher nach Hause, um meine Batterien wieder aufzuladen. Mein Mann unterstützte mich sehr und hat sehr viel Verständnis für meine Arbeit. Er hat mich vor allem bei der Betreuung unseres Sohnes ersetzt. Ohne ihn hätte ich sicherlich meinen Weg nicht so gehen können.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Der Pflegeberuf ist sehr schwer. Es gibt sehr viele Bereiche und Fachrichtungen, manche liegen einem mehr, andere weniger. Darum sollten junge Menschen ihre Stärken und Schwächen genau kennen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein Ziel ist es, die Weichen so zu stellen, daß meine Nachfolger die besten Voraussetzungen haben, um erfolgreich weiterzuarbeiten.
Ihr Lebensmotto?
Nichts ist unmöglich! Trotzdem soll man realistisch bleiben.