Zum Erfolg von Claudia Holdt
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, die Möglichkeit zu haben, das zu tun, was man eigentlich tun will. Erfolg liegt auch darin, sich seine Grenzen selbst setzen zu können und sich seine Freiheit zu bewahren.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich sehe mich persönlich als wirklich erfolgreich.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Bis zu einem gewissen Grad der Umstand, daß ich eine Frau bin. Ich glaube, daß mein Weg für einen Mann schwieriger gewesen wäre. Ich lernte schnell, mit diskriminierenden Tiefschlägen umzugehen, und richtete meine Handlungen so aus, daß es erst gar nicht mehr zu negativen Situationen kam. Während meiner Ausbildung war ich nie einem Erfolgszwang ausgesetzt, und es war mir möglich, in meine Aufgabe hineinzuwachsen. Mit meinen Ansprüchen bin ich immer bescheiden geblieben, ich ließ mich in keine unnötigen Investitionen treiben.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Auch wenn einmal alles über mir zusammenbricht, versuche ich so gut wie möglich zu arbeiten. Mit meinen Kollegen habe ich mir ein gutes Netzwerk aufgebaut, das mir sehr hilft, auch außergewöhnliche Situation zu meistern.Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Nein, das würde ich nicht sagen. Ich hatte nie das Gefühl, daß es für mich schwieriger gewesen wäre, zum Beispiel einen Kredit zu bekommen. Diskriminierungen in diesem Bereich gibt es eher im Privatleben.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Als vier Jahre nach Eröffnung die Praxis aus allen Nähten platzte, weil sie so gut lief.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Die Trennung von meinem Mann war aus heutiger Sicht eine wichtige Entscheidung. Aber auch der Ausbau meines jetzigen Standortes war eine gute Sache.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Mit Sicherheit Originalität. Ich glaube nicht, daß man glücklich wird, wenn man ständig imitiert. Man muß schon seinen eigenen Weg gehen, und der Antrieb muß aus dem eigenen Inneren kommen.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Ich hatte zwar immer Menschen an meiner Seite, mit denen ich mich geistig austauschen konnte, bin aber stets meinen eigenen Weg gegangen. Ein richtiges Vorbild hatte ich nie.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? In meiner Branche gibt es viele Probleme, die noch ungelöst sind. Durch den Verfall der Fleischpreise zum Beispiel ist die Nutztierhaltung heute für den Landwirt keine sehr lukrative Sache mehr. Eine Kostenminimierung in diesem Bereich war die Folge, und das hat auch meinem Berufsstand nicht gut getan. Viele Bereiche, die früher in den Tätigkeitsbereich des Tierarztes gefallen sind, existieren heute nicht mehr. Die Einkommenssituation hat sich dadurch ständig verschlechtert. In meiner Kleintierpraxis merke ich es auch, wenn die Wirtschaftslage schlecht ist, denn es wird in jedem Fall am Tier gespart. Es mangelt an Anerkennung für und Wissen über unsere Tätigkeit.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine drei Mitarbeiter sind von Anfang an für mich tätig, und meine Praxis könnte ich ohne sie nicht so erfolgreich führen.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit spielen genauso wie Harmonie eine wichtige Rolle. Die menschliche Ebene muß passen und auch honoriert werden.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich gehe auf meine Mitarbeiter ein und berücksichtige auch deren Lebensumstände, daraus allein entsteht schon eine gewisse Grundmotivation.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Als Mensch mit seinen Stärken und Schwächen.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Das gute Verhältnis zu den Tierbesitzern und die Tatsache, daß wir unsere Arbeit gern machen. Auch daß wir ein reines Frauenteam und sehr flexibel sind, ist ein Vorteil.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich kooperiere mit meinen Kollegen in verschiedenen Bereichen, und das funktioniert tadellos.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich wohne und arbeite am selben Ort, und das ist optimal für mich und meinen Sohn.Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Das variiert ein wenig, aber bis zu zehn Tage im Jahr können es schon sein.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Nie das kommunikative Element vergessen. Zu viele Dinge laufen schon über Computer. Man sollte wissen, was in der Welt vor sich geht und muß damit auch umgehen können. Begeisterungsfähigkeit, die Fähigkeit, Fehler zuzulassen, um daraus zu lernen und die Einsicht, daß Geld nicht das Wichtigste ist auf der Welt, sind sehr wichtige Faktoren. Vor den schlimmen Dingen auf dieser Welt sollte man seine Augen nicht verschließen. Wir dürfen kein Club von Individualisten werden.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein Ziel ist es, mir meine Zufriedenheit zu bewahren. Ich möchte meine Träume nicht aufgeben müssen und wünsche mir, noch viel erleben und lernen zu können.
Ihr Lebensmotto?
Augen auf und durch.