Zum Erfolg von Michael Schilhan
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, Produktionen zu machen, die Kindern gefallen und wo Kinder etwas mitnehmen können, Eindrücke, vielleicht eine neue Erkenntnis. Wenn ich sie lachen sehe oder vielleicht auch weinen, ist das für mich Erfolg. Ob ich bei einem großen Projekt, wie beispielsweise der Oper Satyagraha, Regie führe, oder ob ich ein Stück für kleine Kinder mache, beide Arbeiten sind für mich vollkommen gleichwertig.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Was die Regie anlangt, so war es meine Phantasie. Ich bringe mich, meine Ideen und meine Visionen ein. In meinem Job braucht man Kommunikationsfähigkeit nach allen Richtungen, nicht nur zum Publikum und zu den Mitarbeitern. Einen Intendanten davon zu überzeugen, Zeit zu investieren, extra zur Vorstellung anzureisen, und zu erreichen, daß ihm ein Stück auch noch gefällt, ist nicht einfach. Mein Prinzip lautet: be true. Wenn ich mit Adam Fischer bei den Haydn-Festspielen eine Oper mache, begegne ich ihm mit dem gleichen Respekt wie auch anderen Menschen. Wir haben 62.000 Zuschauer, das sind dreimal so viele wie im Liebenauer Stadion Platz finden, aber mir ist jeder einzelne wichtig. Wenn zum Beispiel eine Mutter anruft und sagt, ihr Kind hat den Schal verloren, dann suche ich ihn selbst.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Wir sind in der Kunst in einem Bereich, von man sagt, ohne geht es ja auch. Daher ringt die Kunst ständig um gesellschaftliche Akzeptanz.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Die Personalauswahl ist bei mir unorthodox. Ich hatte beispielsweise eine Bewerberin, Claudia, die mir eine Bewerbung mit einer Clownnase schickte. Aus einer Laune heraus bestellte ich sie her. Claudia ist studierte Germanistin. Sie fragte mich, welchen Job ich für sie hätte - und ich schickte sie in die Hölle. Als Kostümassistentin für das Kindermusical hatte sie vielfältige Aufgaben: nachmessen, Kleider ändern, organisieren, wer wann wo sein muß. Ich sagte, schauen wir uns einmal an, ob du beim Theater bleiben kannst. Sie hat die Struktur, in die sie hineingeworfen wurde, wo sie nicht einmal die Begriffe kannte, die extremen Bedingungen - man muß mit dem ganzen Haus, also mit rund 600 Mitarbeitern, mit den Stabstellen, den technischen Kommunikatoren kommunizieren - überlebt. Sie ist eben ein Theatermensch. Heute macht sie Pressearbeit, Marketing und Dramaturgie. Verläßlichkeit und Kompetenz sind mir wichtig. Nicht nur die Schauspieler, auch die Techniker müssen außerdem einen guten Draht zu Kindern haben.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Wir haben eine flache Hierarchie. Bei uns gibt es keinen Unterschied zwischen Bühnentechnikern und Schauspielern. Die Fähigkeit, jeden nach seinen Fähigkeiten optimal einzusetzen, hat sich aus meiner eigenen Biografie entwickelt. Ich arbeite nicht mit Druck, sondern mit Erkenntnis. Wenn jemand ein Requisit vergessen hat, ist es sinnlos, herumzubrüllen, denn den eigenen Fehler spürt man an sich selbst, es reicht, zu sagen, das nächste Mal soll das nicht mehr vorkommen. Ob jemand mit einem lachenden oder traurigen Gesicht hereinkommt, liegt an mir. Ich habe ein Unternehmenskonzept und mache es auch meinen Mitarbeitern klar. Denn wenn man eine Reise macht, muß man die Route kennen. So identifizieren sich meine Mitarbeiter mit der Arbeit. Nehmen wir zum Beispiel einen Fischverkäufer, er steht um vier Uhr auf, muß ins kalte Wasser greifen, stinkt ständig nach Fisch und ist um fünf Uhr schon vollkommen verschmutzt - aber er hat Freude an seiner Arbeit, hat den Fisch selbst gezüchtet, in seinem eigenen Teich gefangen, und genau das überträgt sich auf den Kunden. Von diesen Menschen kann man viel lernen. Auch mir passieren Fehler. Einmal hatte ich an einem Tag drei verschiedene Vorstellungen in der Steiermark ausgemacht. Die Techniker mußten im ganzen Land herumhetzen. Das war mein Fehler, ich habe aber nicht gesagt, ich bin der Chef, ich darf das machen, sondern zog den Schluß daraus, daß es besser ist, wenn jemand anderer die Disposition übernimmt, damit das nicht mehr passiert.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Next Liberty gibt Linien vor, weil wir Strukturen aufgebrochen und Flexibilität in das System gebracht haben. Wir arbeiten mit professionellen Künstlern, die gerne für Kinder spielen. Wir hinterfragen unsere Tätigkeit tagtäglich. Wir halten mit Informationen nicht hinterm Berg, sagen beispielsweise zum Opernhaus oder Schauspielhaus, wir haben das probiert, das ist gut gegangen, wollt ihr das nicht auch einmal andenken?
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ab und zu durch eine Tür gehen, auf der steht: Eintritt verboten! Denn diese Türen sind oft interessante. Soziale Verantwortung übernehmen, einen Traum aufgeben, wenn es notwendig ist, vielleicht im Tausch gegen einen anderen.