Zum Erfolg von Hans Sünkel
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich persönlich, gesetzte Ziele auch letztlich zu erreichen, wobei diese Ziele auf verschiedenen Ebenen beheimatet sein können. Es können rein private Ziele sein, wo als Erfolg etwa eine intakte Familie viel zählt, es können sportliche Erfolge sein, wenn man sich zum Ziel setzt, Weltmeister oder Olympiasieger zu werden; beruflicher Erfolg ist für mich schließlich, eine angestrebte Karriere in Wissenschaft und Forschung auch zu erreichen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ob ich erfolgreich bin, sollen andere beurteilen. Ich jedenfalls bin mit dem Erreichten nicht unzufrieden. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich hatte das Glück, in einer beruflichen Umgebung tätig zu sein, insbesondere, was meinen damaligen Institutsvorstand anbelangte, der einerseits wissenschaftlicher Hochkaräter ist und durch seine Tätigkeiten die große Linie für die wissenschaftliche Arbeit vorgab, mir gleichzeitig aber hinreichenden Freiraum für die Entwicklung ließ. Dieser Freiraum ermöglichte es mir, für mich selbst thematische Schwerpunkte festzulegen, und so konnte ich die selbst gesetzten Aufgaben auch konsequent abarbeiten und mich in jene Richtung entwickeln, die ich im zarten Alter von neun Jahren als mein Ziel gesehen hatte. Ich habe eine wirklich gut funktionierende Familie und wunderbare Beziehungen, nicht nur zu meiner Frau, sondern auch zu meinen Kindern und Enkelkindern. Das ist für mich eine sehr solide Plattform, auf die ich berufliche und andere Erfolge aufbauen konnte. Hätte ich nicht diese Art der Unterstützung, so könnte ich meinen derzeitigen Job wohl nicht erfüllen. In meiner Jugend fand ich Gefallen am Schispringen und lernte dabei dreierlei: Einerseits, daß man sich überwinden muß, um einen Sprung zu wagen. Zum zweiten erlernte ich die Konzentration auf das, was man gerade tut, und schließlich ist bei dieser Sportausübung ein hinreichendes Maß an Körperbeherrschung erforderlich, eine Lockerheit einerseits und eine Anspannung andererseits. Das sind alles Eigenschaften, die man im Berufsleben, aber auch im privaten Bereich wunderbar brauchen kann. In der Konzentration auf die jeweilige Tätigkeit lag letztlich auch für mich der Schlüssel zum relativ raschen Erfolg. Ich schätze stets das Risiko ab, treffe rasch Entscheidungen und zaudere nicht. Um in einer leitenden Funktion erfolgreich sein zu können, braucht es allerdings zusätzlich soziale Attribute. Dazu gehört, dem Gegenüber zuzuhören, auf seine Anliegen einzugehen, die Probleme, die vorgebracht werden, ernst zu nehmen, und alle Mitarbeiter nicht nur zu schätzen, sondern auch wirklich gern zu haben. Zu einer erfolgreichen Entwicklung gehört aber auch, miteinander Freude zu haben und zu lachen. Dann ist die Anstrengung, die den üblichen Arbeitstag ausmacht, viel leichter zu bewältigen. Als Führungskraft versuche ich, die Mitarbeiter ohne Druck zu führen, das heißt, ich gebe eine generelle Linie vor und versuche, die Mitarbeiter durch Motivation auf diese Schiene zu bringen und auch zu halten.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Herausforderungen sind für mich ein willkommenes Element, denn ohne sie ist das Leben nicht besonders lebenswert. Wenn Herausforderungen in mein Lebensbild passen, nehme ich sie dankend und gerne an. Bevor ich das tue, versuche ich allerdings das jeweilige Risiko abzuschätzen. Ist dieses nach meinem Dafürhalten zu hoch, lasse ich lieber die Finger davon.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Einer meiner schönsten persönlichen Erfolge war, als ich es 1991 schaffte, einen Großkongreß in Wien unter wirklich extremen Rahmenbedingungen in kürzester Zeit zu realisieren und zugleich auch noch einen herzeigbaren Gewinn zu erwirtschaften. Es war ein Kongreß der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik mit 5.000 Teilnehmern aus 100 Ländern. Für solche Unterfangen hat man üblicherweise vier Jahre Vorbereitungszeit, ich dagegen hatte nur neun Monate. Zum Teil waren 40 Symposien parallel zueinander zu organisieren. Es bedeutete daher neun Monate Hochleistungssport in einer von Golfkrieg, Jugoslawienkrise und Rußlandkrise zusätzlich belasteten Zeit. Diese organisatorische Tätigkeit war für mich ein ganz persönlicher Meilenstein, an den ich mich in der Folge immer geistig festhielt, sobald sich eine besondere Herausforderung am Horizont zeigte. Wenn du das geschafft hast, kann dir eigentlich nichts mehr passieren, sagte ich mir stets - bis ich hier das Rektorat übernommen hatte. Diese neue Aufgabe bedeutet nämlich keine bloß neunmonatige, sondern vielmehr eine vierjährige Marathonstrecke. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Ich habe in der Tat ein Vorbild. Das ist für mich unser derzeitiger Bundeskanzler. Er ist ein menschliches Phänomen in seiner multidimensionalen Veranlagung und seiner Fähigkeit, sich auf das, was er gerade tut, zu 100 Prozent zu konzentrieren. Man merkt ihm nie Nervosität an, er wirkt immer ausgeglichen und locker trotz seines gigantischen Aufgabenspektrums. Alles, was er sagt, ist druckreif, und er ist nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Seine Antworten sind gut verständlich, er weicht nicht aus, sondern nimmt Herausforderungen an und denkt positiv. Alle diese Eigenschaften gefallen mir ausgesprochen gut und tun auch unserem Land gut.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Mit wesentlich weniger als 100 Arbeitsstunden pro Woche ist dieser Auftrag des Rektorates an unserer Universität zumindest derzeit nicht zu erfüllen. Um vier Uhr morgens beginnt daher mein Arbeitstag (mitunter noch ein wenig früher), und er endet üblicherweise um neun Uhr abends (manchmal deutlich später). Dazwischen gibt es kaum eine Pause. Meine Familie muß daher in der Zeit meines Rektorates zurückstecken. In der bescheidenen Freizeit, die mir derzeit bleibt, möchte ich am liebsten zu Hause sein. Ich besitze in der Obersteiermark ein Waldstück mit einer Schihütte, und wann auch immer ich ein paar Stunden erübrigen kann, ziehe ich mich dorthin zurück, wo ich das Alleinsein mit der Natur so richtig genießen kann. Als Ausgleich zu meinem beruflichen Engagement betreibe ich nicht Tennis oder Golf, sondern vielmehr Waldarbeit in Form von Holzhacken und hin und wieder Bäumefällen.
Ihr Lebensmotto?
Mein Lebensmotto stammt vom berühmten Biochemiker, Louis Pasteur. Es lautet: Das Glück bevorzugt den vorbereiteten Geist, das heißt, man muß selbst etwas tun, um letztlich attraktiv für zusätzliche, nicht bewußt herbeigeführte Erfolge zu sein. Eine Vorleistung ist zu erbringen, und dann gesellt sich hin und wieder ein Funken Glück dazu, denn ohne Glück geht es oft wohl nicht. Von der typisch österreichischen Diktion Die Dummen haben das Glück halte ich dagegen wenig.