Zum Erfolg von Alfred Haidacher
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Da gibt es einerseits den beruflichen Erfolg. Im Theater ist er sehr kurzfristig, denn er zeigt sich fast ausschließlich nach Premieren oder am Ende einer Aufführung durch die Art und Weise, wie der Applaus kommt, doch für mich bedeutet Erfolg auch die Erfüllung meiner eigenen Erfolgsansprüche. Ich bin nie ganz zufrieden mit dem, was ich erreicht habe, weil meine Unzufriedenheit ein wichtiger Motor ist, immer besser zu werden. So bin ich meine letzte Kontrollinstanz und mir selbst ein schärferer Kritiker als mein Umfeld. Dauerhafter künstlerischer Erfolg macht einen zu einer fixen Größe, und daraus ergeben sich ein höherer Marktwert und zugleich der wirtschaftliche Erfolg. Mir persönlich ist der private Erfolg grundsätzlich der wichtigere, aber schwerer zu erreichen, auch, weil man im privaten Bereich Probleme nicht wie im Management lösen kann. Es gibt glückliche Momente, die ich immer wieder anstrebe, aber nicht anpeilen oder steuern kann, und diese glücklichen Momente machen den privaten Erfolg aus.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Auf einer Skala von eins bis zehn sehe ich mich in der Beurteilung meines Erfolges bei sieben.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich bin Realist. Ich hatte Niederlagen, und ich sage nicht: Was uns nicht umbringt, macht uns härter - alles, was ich sowohl an beruflichen als auch an privaten Niederlagen erlitten habe, machte mich verletzbarer und führte schließlich zu einer größeren Sensibilisierung. Ich weiß heute, was jemandem auf welche Weise weh tut. Als Regisseur machte mich das sicher reifer. Harte Arbeit und Glück, auch die Fähigkeit, das Glück zu erkennen, wenn es da ist, haben mich zu meinem Erfolg geführt. Ich habe hier einen Platz gefunden, wo ich etwas bewirken kann, und bin bewußt nicht in die gehobene Schauspielerei aufgestiegen, denn ich denke, daß ich eine Weitergabekompetenz habe. Also arbeite ich theaterpädagogisch und in der Fortbildung.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Als Familienvater habe ich meine Entscheidung, zum Theater zu gehen, viele Male bereut. Beim Theater gibt es keine geregelten Arbeitszeiten, keinen Sonn- und Feiertag, und manchmal muß man viele Dinge zugleich machen, um wirtschaftlich überleben zu können, da Schauspieler eben nicht so gut bezahlt werden. Doch die Schauspielerei ist das, was ich am besten kann, und daher bin ich ihr stets treu geblieben.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Mitarbeiter spielen eine gravierende Rolle bei meinem Erfolg, da sie durch ihre Grundkompetenzen eine größere Qualität und einen größeren Ausdruck in der Darstellung und damit einen größeren Erfolg bewirken können.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Der ideale Mitarbeiter auf der Bühne unseres Theaters muß künstlerische Grundkompetenzen haben und vor allem auch begeisterungsfähig sein.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Die Mitarbeiter zu motivieren findet durch das Übertragen von Möglichkeiten und durch das Übertragen von Verantwortung statt. Zur Führung gehört aber auch, klare Regeln festzulegen und auf deren Einhaltung zu pochen. In meiner Kritik bei der Verletzung dieser Regeln kann ich sehr deutlich werden.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Über Erfolg zu sprechen, macht mich, wie ich gerade merke, traurig. Ich kenne so viele Menschen, die ihrem ursprünglichen Lebenstraum nicht gefolgt sind - aufgrund von Ängsten, es nicht schaffen zu können, daß die Eltern oder der Partner etwas dagegen haben könnten oder aus Angst, in unserer Gesellschaft nicht überleben zu können. Ich sehe, wie Menschen auf diese Art an ihrem eigenen Unglück arbeiten. Das Um und Auf des Erfolges und vielleicht des persönlichen Glücks wäre aber, seinem Traum zu folgen. Das bedeutet nicht, daß man Schicksalsschlägen für immer entgehen wird. Es bedeutet aber, solange es geht, auf der Schiene zu sein, auf der man in Wirklichkeit fahren möchte. Wenn du etwas nicht willst, kann es sein, daß andere es dir aufzwingen, aber zuvor mußt du bis zum letzten gehen, damit du im nachhinein auch vor dir selber sagen kannst, ich habe alles versucht. Hat man eine Entscheidung gefällt, muß man sich der Konsequenzen bewußt sein und auch bereit sein, diese zu tragen, ohne zu jammern.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein Ziel ist - wie im Fußball - immer das nächste Spiel. Vieles hängt von der Tagesverfassung ab, aber ich werde versuchen, die beste Mannschaft aufzustellen, um zu gewinnen. Wir beginnen jetzt mit einem Sechsjahresprojekt namens Unbekannte Heimat und werden unsere Osterweiterung bis nach Bulgarien vorantreiben. Im übernächsten Jahr werden wir 18 Theaterstücke in jeweils drei Wochen einüben, das heißt, alle drei Wochen eine Premiere auf die Beine stellen.
Ihr Lebensmotto?
Ich hatte einst auf meinem ersten Computer einen Bildschirmschoner laufen mit dem Text If you cannot run, then crawl! Ich sage, es ist eine Tatsache, daß wir manchmal im Rollstuhl sitzen, aber dann werden wir mit dem Rollstuhl da hinfahren, wo wir hinwollen. Es ist eine Tatsache, daß wir manchmal am Boden liegen, aber auch am Boden kann man sehr schöne Perspektiven haben, wenn man bereit ist, zu schauen. So denke ich, daß jede Situation eine Erweiterung unseres Blickes ermöglicht.