Zum Erfolg von Irena Novak
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich kam als junge Frau ohne Deutschkenntnisse nach Österreich, gründete hier eine Familie und baute mir mit meinem Mann eine Existenz auf. Auf meine Kinder bin ich ebenfalls stolz, beide studieren und werden sicher ihren Weg machen. All das ist mein persönlicher, kleiner Erfolg. In der Konditorei, die ich seit 2004 fast im Alleingang führe, bin ich für sehr viele ältere Menschen eine Ansprechperson. Sie vertrauen mir ihre Sorgen an und ich versuche ihnen zu helfen. Das liegt in meiner Natur und macht mir Freude. Ich glaube, daß ich doch recht beliebt bin - und auch das ist ein Erfolg, weil die Leute sehr gern zu uns kommen. Das Café ist zu meinem zweiten Wohnzimmer geworden.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich habe erreicht, was ich wollte. Vielleicht hätte ich noch ein wenig erfolgreicher sein können, aber nachdem ich kein Deutsch sprach, als ich nach Österreich kam, konnte ich mein Wirtschaftsstudium beruflich nicht nutzen. Heute bin ich mit meinem Leben sehr zufrieden und schätze, was ich habe. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? In der Gastronomie sind das Angebot und der Wettbewerb ja riesengroß, trotzdem kommen die Gäste immer wieder zu uns in die Café-Konditorei. Ich habe eine stark ausgeprägte soziale Ader und bin für unsere Stammgäste, die häufig alleinstehend sind, eine wichtige Bezugsperson. Für diese Menschen bin ich weit mehr als nur die Frau, die Kaffee und Kuchen an den Tisch bringt. Manchmal besuche ich sie sogar im Spital, wenn sie krank werden. Das trägt sicher zum Erfolg des Lokals bei.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Durch meine Gäste, zu denen ich eine sehr persönliche Beziehung habe, erfahre ich sehr viel Anerkennung. Wenn ich beispielsweise Geburtstag habe, bringen sie Blumen mit, und wir feiern gemeinsam. Diese Dankbarkeit für mein soziales Engagement ist eine wunderbare Anerkennung und Wertschätzung.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Bei mir dreht sich fast alles um die Café-Konditorei, Zeit für Privatleben bleibt kaum. Ich arbeite etwa 70 Stunden pro Woche, und bin täglich von 8 bis 19 Uhr im Geschäft. Am Dienstag haben wir zwar geschlossen, aber auch da brauche ich ein paar Stunden für Einkäufe und andere geschäftliche Erledigungen. Aber die Gastronomie erfordert eben einen hohen Arbeitseinsatz, das ist normal. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Wählt einen Beruf, der euch Spaß macht, sonst werdet ihr auf Dauer keinen Erfolg haben. Egal ob Arzt oder Gastwirt - man muß den Beruf gern ausüben, dann aber auch mit 100 Prozent Einsatz. Natürlich braucht man Geld zum Leben, aber das ist nicht das wichtigste. Menschlich, ehrlich und bodenständig zu bleiben halte ich für sehr wesentlich, und so habe ich auch meine Kinder erzogen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Das Café hat eine Größe, die ich noch alleine bewältigen kann. Ich möchte nicht weiter ausbauen, da ich sonst Mitarbeiter aufnehmen müßte. Heutzutage ist es nicht leicht, verläßliche Mitarbeiter zu finden, und außerdem kommen die meisten Leute auch wegen mir in das Lokal. Daher möchte ich diese persönliche Atmosphäre erhalten und weiterhin für meine älteren Damen da sein. Ich könnte 2010 in Pension gehen, werde aber - sofern es die Gesundheit zuläßt - noch ein paar Jahre anhängen, weil es mir einfach Spaß macht.