Zum Erfolg von Klaus Hertel
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Für mich ganz persönlich verstehe ich unter Erfolg, daß ich jungen Menschen eine Karriere ermöglichen konnte und diese jungen Menschen dabei nicht nur künstlerisch, sondern auch menschlich mit prägen und formen durfte.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Um erfolgreich zu sein ist die Einheit aus Kontinuität, Konsequenz und Toleranz unverzichtbar. Um über 45 Jahre lang als Pädagoge gut zu sein und aus jedem meiner Schüler immer das Mögliche herauszuholen, mußte ich nicht nur kontinuierlich arbeiten, sondern vor allem auch konsequent sein, vergaß dabei aber nie, auch andere künstlerische Meinungen zuzulassen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Rückblickend kann ich sagen, daß dieser Zeitpunkt wohl in den siebziger Jahren lag. Ich dachte damals nicht über Erfolg nach, aber als die ersten von mir ausgebildeten Studenten in bessere Positionen kamen, als ich die ersten drei, vier Studenten ins Gewandhausorchester bringen konnte, da wurde mir schon bewußt, das ist etwas Besonderes. Heute kann ich sagen, das war der Beginn meines Erfolges.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Das sind viele Menschen. Besonders dankbar bin ich meinem ersten Lehrer Paul Günther, Gewandhausmusiker. Er unterrichtete mich nach 1945 eine Reihe von Jahren jeden Sonntag früh kostenlos. Sicher war er kein geborener Pädagoge, aber er hatte entscheidenden Anteil daran, daß ich mich für den Musikerberuf vorbereiten konnte. Mein Hochschullehrer Prof. Paul Schenk war für mich ein Leitbild, wie ich im pädagogischen Bereich vorgehen muß, um Erfolg zu haben: mit einem ganz klar geordneten methodischen Sinn. Prägend war für mich auch meine Hauptfachlehrerin Prof. Ruth Boche, die frühzeitig meine pädagogische Neigung erkannte. Durch ihre langjährige Beschäftigung mit methodischen Fragen des Streichinstrumentenspiels, vor allem in der Klanggestaltung, war sie für mich ein Orientierungspunkt dafür, was ich, um Erfolg zu haben, bei meinen Schülern durchsetzen und umsetzen muß.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Die größte Anerkennung ist für mich, daß die von mir ausgebildeten Studenten und ihre Familien bis heute ein freundschaftliches Verhältnis zu mir pflegen. Es bestehen immer noch zu allen wunderbare, persönliche Beziehungen. Als Anerkennung sehe ich auch die hervorragenden Programme, die meine Studenten anläßlich meiner zurückliegenden runden Geburtstage gestalteten. Natürlich freute ich mich jedes Mal - zu DDR-Zeiten genau so wie nach der Grenzöffnung - über die zahlreichen Einladungen in europäische Zentren, wo ich Vorträge hielt, Meisterklassen gab und in internationalen Jurys tätig war. Auch dies ist eine Form der Anerkennung.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Zuallererst möchte ich sagen, daß sich unsere jungen Musiker nicht von dem momentan sehr ungünstigen Zustand der Stellenangebote irritieren lassen sollen und auf keinen Fall resignieren dürfen. Ein weiterer Rat, speziell für angehende Pädagogen, ist, daß ein hervorragend bestandenes Staatsexamen nicht automatisch bedeutet, daß man ab sofort ein guter Lehrer ist und Erfolg hat. Dies bedarf jahrelanger Erfahrung und nie aufhörenden, lebenslangen Lernens. Das Staatsexamen ist nur ein Haltepunkt auf einer unendlichen Fahrt, ebenso jedes Vorspielen, jede Prüfung. Man muß immer und überall Augen und Ohren offen halten und bereit sein zu lernen, wenn man auf etwas Neues trifft, ganz besonders aber aus den Fehlern der anderen.
Ihr Lebensmotto?
Gutes entsteht überall dort, wo jemand mehr tut, als er tun muß.