Zum Erfolg von Heinz Brauer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, daß die anderen Wissenschaftler meine Arbeit anerkennen. Entscheidend für die eigene wissenschaftliche Arbeit ist, daß die Ergebnisse nicht nur im eigenen Bereich, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus anerkannt werden. Bei mir war das so, und deshalb wurden mir viele Gastprofessuren angeboten. Ich hatte eben das Glück, daß ich zu Beginn meiner Karriere in Göttingen einen ganz neuen Bereich in der Verfahrenstechnik entwickelte.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich denke, harte Arbeit, die richtige Frau zur Seite und die richtigen Mitarbeiter. Gute Mitarbeiter und gute Studenten sind auch Anregungsmomente.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich habe eigentlich Tag und Nacht gearbeitet. Ich brauchte nur fünf Stunden Schlaf.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
In Anerkennung meiner wissenschaftlichen Ergebnisse wurde ich in zunehmendem Maße in nationale und internationale Gremien berufen. In den siebziger Jahren z.B. wurde ich zum Präsidenten der Europäischen Föderation für Chemieingenieurwesen berufen. Darauf war ich damals sehr stolz.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Die wichtigste Entscheidung war, die Professur an der Berliner Technischen Universität anzunehmen, weil ich dort die größte Freiheit hatte.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Nun, neben meinem Doktorvater, Prof. Glaser, war das Prof. Tollmien, der Direktor des Max-Planck-Institutes für Strömungsforschung. Er hatte mich ermuntert, ganz neue Wege in der Forschung zu beschreiten. Ich möchte auch Prof. Betz erwähnen, der mir gleich zu Beginn meiner wissenschaftlichen Arbeit am Institut den Rat gab, alle meine neuen Erkenntnisse zu publizieren und den Gedankenaustausch mit anderen Kollegen zu suchen. Der entscheidende Punkt für einen Forscher ist, sich der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu stellen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich war häufig für die UNESCO unterwegs, um Universitäten, die von der UNESCO unterstützt oder gar gegründet wurden, zu beurteilen. Es gab auch viele Aufträge von der Deutschen Entwicklungshilfe. Die interessanteste Aufgabe, die ich übernahm, war die Einführung des Umweltschutzes in Brasilien.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
In den sechziger und siebziger Jahren gab es eine gute Zusammenarbeit von Großindustrie und wissenschaftlicher Forschung. Die technischen Vorstandsmitglieder der Industriekonzerne haben in Gesprächen mit den Professoren immer wieder gefordert, daß sich die Wissenschaft um die Grundlagen kümmern soll. Ich bin immer wieder von der Großchemie zu bestimmten Problemen um Stellungnahme gebeten worden, wo man glaubte, daß ich das Problem lösen könnte. Damals war es noch so, daß in den Aufsichtsräten und Vorständen der Großkonzerne ein Mitglied saß, welches für die technische Seite der zukünftigen Entwicklung zuständig war. Wenn man die Zusammensetzung der Vorstände heute betrachtet, sind es die Kaufleute, die über die weitere Forschung entscheiden. Es wird daher nicht genügend für die Grundlagenforschung getan, und wir haben in Deutschland in den letzten 15 Jahren mit unserer Großchemie viele Pleiten erlebt.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich habe von meinen wissenschaftlichen Kollegen im In- und Ausland stets hohe Anerkennung erfahren.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Eine sehr große Rolle! In meinen Büchern habe ich mich immer bei meiner Frau und meinen Mitarbeitern für die Zusammenarbeit und Unterstützung bedankt. Die Gespräche mit den Mitarbeitern bieten eine Fülle von Anregungen, auch wenn sie wissenschaftlich noch nicht so weit gereift sind. Im nachhinein wurde mir oft bewußt, daß ich ohne diese Gespräche nicht immer den richtigen Weg gefunden hätte.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Nach der Qualifikation, welche die Studenten zum Studium mitbrachten, und dem Ergebnis der Diplomarbeit. Ich schaute aber auch darauf, ob sie hart arbeiten konnten, d.h. bereit waren, regelmäßig auch am Wochenende ihre Forschungen zu betreiben. Sie mußten aufgeschlossen und bereit sein, mit mir über ihre Arbeit zu sprechen sowie Programme für den Computer zu schreiben.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Durch meine Vorbildrolle. Ich stellte außerordentlich hohe Ansprüche an meine Mitarbeiter, ging aber selbst voran.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Als ich 80 Jahre alt wurde, haben wir einen festlichen Nachmittag für die ehemaligen Mitarbeiter des Institutes organisiert. Es kamen unzählige Gäste aus dem In- und Ausland, und es wurden viele löbliche Reden gehalten. Ich glaube, dies ist ein Ausdruck hoher Wertschätzung für meine Person.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich habe regelmäßig Kurzurlaube von einer halben Woche mit meiner Frau unternommen, bis zu fünfmal im Jahr. Wir haben die Festspiele in Salzburg zu Ostern und im Sommer besucht, weil wir die klassische Musik sehr lieben. Als unsere Kinder noch klein waren oder in die Schule gingen, sind wir natürlich in den Schulferien zusammen weggefahren.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ohne harte Arbeit gibt es keinen Erfolg. Mit der Spaßgesellschaft werden wir es nicht weit bringen.
Ihr Lebensmotto?
Liebe und Arbeit.