Zum Erfolg von Ludmilla Götz
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Wenn ich beruflich alles schaffe, was ich mir mit der Trafik vorgenommen habe, meine Zahlungen pünktlich leisten und meine Angestellten weiterhin behalten kann, sehe ich das als großen persönlichen Erfolg.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Bis zu einem gewissen Grad sehe ich mich als erfolgreich. Natürlich gibt es da und dort immer noch Probleme und Herausforderungen, aber schön langsam bekomme ich alles in den Griff. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Dieses Geschäft ist mittlerweile mein dritter Beruf - denn trotz aller gesundheitlichen Probleme habe ich niemals aufgegeben. Der Wille kann Berge versetzen. Als ich die Tabaktrafik übernahm, begann ich sofort mit Modernisierungsmaßnahmen und stellte von Rechenblock und Bleistift auf ein elektronisches Kassen- und Lagerhaltungssystem um. Trotz anfänglicher Berührungsängste war das ein wichtiger und notwendiger Schritt. Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, und die Kunden vertrauen einer Rechnung aus dem Computer eher als einer handschriftlichen Addition auf einem Zettel. Außerdem restaurierte und modernisierte ich das Lokal außen und innen, um eine einladende Atmosphäre zu schaffen. Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Als ich den Kredit für die Trafik aufnehmen wollte, mußte ich etwa ein Jahr darum kämpfen - wahrscheinlich auch deswegen, weil ich eine Frau bin und damals in Invaliditätspension war. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Mein Mann war eher dagegen, daß ich dieses Geschäft kaufe. Mein Sohn hingegen hat mich unterstützt und bestärkt, weil er wußte, daß ich daheim als Hausfrau nicht glücklich werde. Das hat mir Mut gemacht, und er hat recht behalten.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Die schönste Anerkennung kommt von den Kunden. Sie freuen sich, daß es seit meiner Übernahme längere Öffnungszeiten gibt, wir ein größeres Warensortiment haben und das Geschäftslokal jetzt viel heller und freundlicher ist als früher. Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Wir bekommen in der Früh unsere Zeitschriften- und Zeitungslieferungen in Paketen, die so groß und schwer sind, daß man sie als Frau eigentlich kaum tragen kann. Es wäre wünschenswert, wenn die Lieferanten kleinere Einheiten abpacken würden. So gesehen ist Trafikant auch ein körperlich anstrengender Beruf, speziell wenn man gesundheitliche Probleme hat. Durch die derzeitigen Antiraucherkampagnen und die ganze Hetze gegen Raucher fühle ich mich fast schon wie ein Drogendealer - und das finde ich nicht richtig. Ich führe ein Geschäft wie jeder andere und verkaufe nichts Verbotenes; die Regierung sollte sich lieber verstärkt um Drogen und Alkohol kümmern.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine Mitarbeiterinnen spielen eine sehr wichtige Rolle, ohne sie würde ich die Arbeit nicht bewältigen. Sie sind alle sehr nett, fleißig und ehrlich. Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Wir sind ein freundliches Team von netten Damen, das zuvorkommend um alle Kundenwünsche bemüht ist. Neben dem üblichen Sortiment einer Trafik bieten wir außerdem auch kleine Geschenkartikel, Glückwunschkarten und Geschenkpapiere an. Das ist aufgrund der Größe des Lokals Gott sei Dank möglich.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Das Geschäft ist ab fünf Uhr früh geöffnet, zweimal pro Woche haben wir den ganzen Tag durchgehend offen. Das ergibt eine Öffnungszeit von mindestens 66 Stunden wöchentlich. Da aber auch mein Mann berufstätig ist, lassen sich Beruf und Privatleben recht gut vereinbaren. Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ich absolviere regelmäßig Schulungen im EDV-Bereich, weil sich die Programme laufend ändern und wir immer wieder aufrüsten müssen. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Wer sich selbständig machen will, sollte sich eine Sparte suchen, die nicht so überlaufen ist, wie etwa die Trafiken. Ich rate daher, sich im Vorfeld genau zu informieren und lieber Marktlücken zu besetzen. Außerdem kann ich jungen Leuten nicht empfehlen, sich mit einer hohen finanziellen Belastung selbständig zu machen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich hoffe, daß es zu keinen weiteren Veränderungen in der Branche kommt, die unsere berufliche Zukunft gefährden. Sollte zum Beispiel in ein paar Jahren das Tabakmonopol fallen, könnte jeder Supermarkt Zigaretten verkaufen - und das wäre katastrophal.
Ihr Lebensmotto?
Ich bin ein Mensch, der sehr hilfsbereit und jederzeit für alle da ist.