Zum Erfolg von Georg Materna
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist Anerkennung seitens meiner Umgebung, durch die das Image meines Berufes gesteigert wird, da der Beruf eines Schuhmachers kaum als erstrebenswert gilt. Erfolg habe ich auch, wenn es mir gelingt, den Kunden von der Bedeutung eines guten Schuhwerks für seine Füße zu überzeugen, und wenn er wiederkommt. Erfolg liegt auch in einer gewissen finanziellen Sicherheit sowie in einer glücklichen und harmonischen Ehe.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Mein Beruf ist kreativ und nicht einfach. Ich nehme ihn sehr ernst, schließlich möchte ich mit meinen Schuhen zur Gesundheit der Kunden beitragen und ihnen keinen Schaden zufügen. Das gelingt mir, und daher sehe ich mich auch als erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Die Umsetzung meines Wissens im fachlichen Bereich sowie in der Anatomie, individuelle Beratung des Kunden und die Anfertigung von Einzelstücken sind die Eckpfeiler meines Erfolges. Mißerfolg würde bedeuten, einen Kunden nicht zufriedenstellen zu können - und das ist mir im Laufe meiner Arbeit bei nur drei von zirka 4.000 Kunden nicht gelungen. Das Grundwissen, das ich von meinen drei Lehrmeistern erwarb, versuchte ich zu optimieren, indem ich die unterschiedlich gewichteten Präferenzen aller drei zu vereinen suchte. Danach war es für mich bedeutend zu sehen, wie ich es schaffen könnte, bei gleichbleibender Ausführung und Qualität effizienter zu arbeiten. Sehr wichtig, um kontinuierlich Höchstleistungen erbringen zu können, ist, daß man von jedem einzelnen Kunden gefordert wird. Diese Forderung muß man stetig erfüllen, daher ist auch die Sicht des Kunden Motivation für Höchstleistung. Wesentlich ist die intensive Beratung des Kunden. Wir sind so gut ausgebildet, daß wir Schuhe erzeugen können, mit denen der Kunde ermüdungsfreier und gesünder arbeiten kann.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich versuche sie vorauszusehen, indem ich meine Arbeit und die meiner Mitarbeiter sehr genau kontrolliere. Durch Streßsituationen lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Sehr erfolgreich fühlte ich mich, als ich vom österreichischen Staat 1984 die Staatsauszeichnung und 2004 das Goldene Verdienstzeichen erhielt. Um eine Goldmedaille erlangen zu können, muß man seine Schuhe in Wiesbaden begutachten lassen. Aus ganz Europa und zum Teil auch aus Übersee werden die Schuhe dort alle drei Jahre eingereicht. Nach gewissen Bewertungskriterien werden Punkte vergeben. Als ich es dreimal hintereinander schaffte, die Höchstpunkteanzahl von 100 zu erreichen, empfand ich mich als erfolgreich. Ich erhielt 1998 zusätzlich einen Ehrenpreis.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Mein Großvater und mein Vater haben mich speziell durch Fleiß und wirtschaftlich vorsichtiges Handeln geprägt. Sehr wichtig war für mich die Begegnung mit einem Primar, der eines Tages auf mich zukam und sich Schuhe wünschte, die so anschmiegsam sein sollten, daß er beim Operieren nicht an seine Fußschmerzen denken würde. Als ich es schaffte, für ihn ein solches Paar Schuhe zu fertigen, kam mir der Gedanke, daß ich diese Annehmlichkeit allen Menschen zugänglich machen sollte.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Es freut mich immer wieder, wenn mir ein neuer Kunde schreibt oder sagt, daß er gar nicht wußte, wie schlecht er vorher gegangen ist.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Mit guten Mitarbeitern kann man leichter zum Erfolg kommen. Erst wenn sowohl Mitarbeiter als auch Firmeninhaber Erfolg haben, kann man von wirklichem Erfolg sprechen. Nur durch meine Mitarbeiter war es mir möglich, einem breiteren Publikum beste Maßschuhe anbieten zu können.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich entscheide aufgrund ihrer fachlichen Fähigkeiten. Wenn ich einen Lehrling aufnehme, achte ich vor allem auf Fingerfertigkeit und einen guten Schulabschluß. Wer seinen Beruf liebt, erlangt auch das nötige Vorstellungsvermögen, um Eigenes kreieren zu können.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Jeder, egal ob Lehrling, Arbeiter oder Angestellter, muß bei mir gute Leistungen erbringen. Ich sage immer, daß wir alle in einem Boot sitzen, weil ich zufriedene Kunden brauche, die uns Geld bringen. In meinem Betrieb gibt es kaum Fluktuation der Mitarbeiter, weil ich mit ihnen sachlich und familiär umgehe. Ich habe für jeden ein offenes Ohr und versuche jedem, wo ich kann, mit Rat und Tat zu helfen. Funktionierende Beziehungen zu den Mitarbeitern sind mir sehr wichtig.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Von Montag bis Freitag arbeite ich von sieben Uhr morgens bis sechs Uhr abends und fahre dann in meinen Garten, um dort meine Blumen und Pflanzen zu kultivieren. Ich liebe Sportwagen und nehme mir genug Zeit für meine Familie und meine Hobbies. Ein harmonisches Privat- und Familienleben überträgt sich positiv auf den Beruf.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Können und Wissen allein genügen nicht - erst die Umsetzung und viel Fleiß führen zum Erfolg. Einem Schuhmacher sei ans Herz gelegt, daß dieses Handwerk umso interessanter wird, je mehr man über die Anatomie des menschlichen Körpers Bescheid weiß.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte mich weiterhin dem Schuhmacherhandwerk mit all seinen Facetten widmen und zu einem späteren Zeitpunkt meine Firma an einen Nachfolger übergeben. Die Tradition meines Geschäftes soll unbedingt weitergeführt werden.
Ihr Lebensmotto?
Mit ruhigem Gewissen die Arbeit vollenden.