Zum Erfolg von Claudio Caratsch
Was ist für Sie Erfolg? Wenn man seine Ziele erreicht, z.B. Versetzungswünsche an Arbeitsorte, die einem liegen - ich habe mich über alle Einsatzorte sehr gefreut. Erfolgreich sollte man in Bereichen sein, in denen man sich auch zu Hause fühlt. Das ist eine Frage der Befindlichkeit.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Ja.
Wie sieht Sie Ihr Umfeld - als erfolgreich?
Ja, wenn man Botschafter in einem Nachbarland ist, wird man sicher als erfolgreich angesehen. Dieser Posten hat aufgrund der engeren bilateralen Beziehungen auch einen höheren Stellenwert, als wenn man in einem weit entfernten Land ist. Die Menschen tendieren generell auch dazu, jemanden, der sich in seiner Haut wohl fühlt automatisch als erfolgreich anzusehen.Was ist für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Eine Eigenheit der Schweiz ist es, daß der Botschafter auch für Handelsfragen zuständig ist - daher ist der Erfolg auch leichter meßbar. Hierher kam ich, weil ich schon vor 18 Jahren in Wien war und den Platz daher kenne. Hier habe ich viele Freunde und ich kann diesen Posten gut ausfüllen.Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt? Mein Vater, Reto Caratsch, war Auslandskorrespondent der Neuen Züricher Zeitung und meine Mutter sagte mir schon, daß ich Diplomat werden sollte. Für mich war aber eigentlich die Forschung vorrangig, letztlich führten mich die Umstände (politischer Umschwung in Frankreich) doch in die Diplomatie. Welche Rolle spielt die Familie? Um kontinuierlich erfolgreich zu sein, braucht man ein familiäres Umfeld, das auch dem sozialen Umfeld gerecht wird. In der Diplomatie herrscht ein traditionelles Umfeld vor, was für mich nichts Neues war. Der Gattin eines Diplomaten kommt eine wichtige Rolle im Herstellen von Kontakten, etc. zu. Meine Frau wußte über diesen Beruf auch Bescheid und war bereit, diese Rolle mitzutragen.Welche Rolle spielen die Mitarbeiter? In der Diplomatie sind Kontakte und das Netzwerk sehr wichtig, in dem es nicht nur um den Interessensaustausch geht.Nach welchen Kriterien stellen Sie Mitarbeiter ein? Mitarbeiter hat man immer nur eine gewisse Zeit und man muß sich bemühen, ein Umfeld zu schaffen, in dem das gesamte Team zur Geltung kommt. Man muß die Eigenschaften der Leute so ausnützen, daß sie sich ergänzen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Mit den Mitarbeitern werden regelmäßig Reports, Protokolle und Karrierepläne erstellt. Zur rein bürokratischen Pflichterfüllung muß eine Dosis Enthusiasmus dazukommen. Ich habe selbst an der Arbeit Freude und die kann ich an die Mitarbeiter weitergeben.Welche Rolle spielen Niederlagen? Keine. Ich habe noch keine Widrigkeiten erlebt.Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft? Aus der Freude - ich habe mich über alle Aufgaben stets freuen können. In den fünf Jahren beim Roten Kreuz war das z.B. das Zwischenmenschliche. Besonders bei humanitärer Hilfestellung ist der Erfolg meßbar, wenn man etwas positives zum Schicksal von Menschen beitragen kann - z.B. in Bemühungen um einen Waffenstillstand, etc.
Ihre Ziele?
Die Interessen der Schweiz zu vertreten.
Haben Sie Anerkennung erfahren?
Ja - nicht so sehr im eigenen Land, in dem man einfacher Beamter ist, sondern mehr im Ausland. Die Schweiz hat als puritanisches Land keine eigenen Orden und wir dürfen auch keine fremden Orden annehmen. Dieses Verbot hat historische Gründe, womit die Neutralität und Unabhängigkeit der Schweiz gesichert werden soll.Ihre Vorbilder? Auf Reisen lernt man viele Menschen und Einstellungen kennen. Mir gefällt z.B. das englische Bildungswesen. Wien hat als Gemeinde in den 20er und 30er Jahren trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten deshalb so gut funktioniert, weil auf einen Apparat gut ausgebildeter Verwaltungsbeamter zurückgegriffen werden konnte. In der letzten Zeit wurde die Bildung vernachlässigt und es ist höchste Zeit, daß das wieder mehr in den Vordergrund gestellt wird.