Zum Erfolg von Beate Olerich
Was macht Ihren spezifischen Erfolg aus?
Das wesentliche ist, daß man als Frauenärztin eine Kombination darstellt. Einerseits, daß die Fraulichkeit, das Feminine, noch da ist, und daß man vom Fachwissen her auch ein gewisses Spektrum aufweist. Das halte ich für ganz wesentlich. Weil auch das Patientenklientel über die Medien sehr wißbegierig sind und auch dementsprechend fragen, und das heißt, daß man auch dementsprechend reagieren muß. Persönliche Ausstrahlung und daß man auf Menschen zugehen kann ist besonders wichtig. Ich hatte die Chance, das zu lernen, bedingt durch schwierige Sprechstunden-Tätigkeiten mit Kinderwunschpatienten. Daß man diesen Weg findet, schnell Zugang zu einem Menschen zu finden. Und man muß auch immer freundlich sein. Schlechte Laune ist hier fehl am Platz. Mir macht meine Arbeit Spaß. Ich mußte viel dafür tun, und möchte das nicht aufs Spiel setzen, weil mir dieser Beruf wahnsinnig viel Freude bereitet. Die kleinen Anerkennenden, die man durch Patienten erhält, sind sehr schön. In unserer Praxis fühle ich mich sehr wohl, weil alles paßt, auch unter uns Kollegen. Wir kommen gut miteinander aus. Ich glaube, das ist wichtig.
Was ist für Sie Erfolg?
Das ist die Zufriedenheit der Patienten. Nicht so sehr das Materielle. Okay, ich muß leben können, ich muß Schulden bezahlen usw. Aber es ist schön, wenn man erlebt, daß eine Behandlung zum Erfolg führt. Das sind so viele Kleinigkeiten im Laufe des Tages. Oder wenn Patientinnen sagen, habe ich Ihnen schon gesagt, ich freue mich, daß Sie hier sind. Das empfinde ich für mich als große Anerkennung. Das ist für mich auch eine Form von Erfolg.
Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Für mich ist ganz wichtig, daß man immer wieder versucht, aus schlechten Situationen kämpfend herauszukommen. Man läuft auch oft gegen Wände. Aber man darf einfach nicht aufgeben. Wenn ich das mit der DDR-Zeit vergleiche - Ich kam ja mit knapp drei Jahren mit meiner Mutter in die ehemalige DDR. Und dann konnte ich mit ihr reisen bis zum 14ten Lebensjahr, weil ich selbst bis dahin Schweizerin war, während mein Vater nicht raus konnte. Dann gab es für mich diesen Einschnitt und ich mußte die DDR Staatsbürgerschaft annehmen. Ich kannte also den Westen, West-Berlin, die Schweiz. Und das war auf einmal alles für mich passe´. Ich kannte eine andere Welt und war eigentlich vom Elternhaus sozusagen nicht DDR-gesonnen erzogen. Und mit dieser ganzen Abitur-Geschichte haben sie damals meinen Vater erpreßt. Mit der Jugendweihe, wo ich eigentlich von Haus aus katholisch bin. Es war schon ziemlich viel. Und ich habe den Staat als Dogma kennengelernt. Es war schon schizophren. Ich bin anders erzogen aber in der Schule durfte ich das nie sagen. So bin ich aufgewachsen. Und als ich mit 18 Jahren dann gemerkt habe, daß jemand, der das Abitur mit 4,0 bestanden hat, einen Studienplatz für Medizin bekam, nur weil der Vater einen entsprechenden Posten hat. Und ich hatte Abitur mit 1,5 und durfte nicht Medizin studieren. Da ist man dann 18 oder 19 und fängt an, die Dinge zu hinterfragen. Wir haben 1985 ein Abiturtreffen gehabt und ich war damals mitten im Studium. Das war für mich eine Genugtuung zu sagen, ich studiere jetzt Medizin. Und ich denke, aus diesem Konflikt, mit dem ich groß geworden bin, ist sicher auch dieser Kampfgeist entstanden, daß man sich einfach gewehrt hat. Ich habe mich gewehrt, weil ich es als ungerecht empfunden habe. Und ich habe immer wieder meine Ellenbogen für mich genutzt.Welche Rolle spielt die Familie für den Erfolg? Das kann so und so sein. Es kann in beide Richtungen gehen. Ich denke, eine Partnerschaft kann positiv stimulierend wirken auf den Erfolg. Wenn beide Partner eine Aufgabe haben, im Beruf, in der Gesellschaft, wo sie beide so gefordert werden, daß sie sich dann auch gegenseitig anfeuern. Es kann auch sein - und das war bei mir der Fall daß mein damaliger Ehemann meinen Drang nach Studium und Weitermachen, daß ich viel gearbeitet habe, einfach nicht verstanden hat. Das war für mich negativ. Irgendwann hatten wir uns nichts mehr zu sagen. Und dann haben wir die Konsequenzen gezogen. Man entwickelt sich eben manchmal auch unterschiedlich. Von daher bin ich sehr froh, wie ich jetzt lebe. Ich vermisse da eigentlich nichts.
Woraus schöpfen Sie Kraft?
Ich kämpfe gegen Ungerechtigkeit. Wenn mir etwas getan wird, was ich als ungerecht empfinde, gehe ich auf die Barrikaden. Und das ist für mich ein unwahrscheinlicher Kraftquell. Die Familie war nie das Entscheidende. Es war immer der Beruf und die Anerkennung im Beruf.Was sind
Ihre Ziele?
Ich möchte hier so weiterarbeiten, mein Patientenklientel so betreuen, daß ich auch vom wissenschaftlichen Standpunkt versuche, aktuell zu bleiben. Auch speziell auf meinen Gebieten Endokrinologie und Kinderwunsch. Das möchte ich nicht missen. Eventuell möchte ich das auch ausbauen. In diesen Bereichen versuche ich immer dem aktuellen Stand zu bleiben, fahre zu Weiterbildungen, mich informiere usw. Ich denke, wenn man da träge wird, kommt es zu einem Wissenverlust und auch zu einem Leistungsverlust. Es kostet viel Zeit, da auf dem Laufenden zu bleiben. Und es kommen immer wieder andere Gesichtspunkte dazu. Momentan geht sehr viel Kraft in die Praxis. Eine Universitätskarriere hätte mir nicht so viel Spaß gemacht. Ich bin jemand, der in der Praxis arbeitet und da bin ich glücklich.Welchen Ratschlag für den Erfolg haben Sie? Man braucht Engagement und Zielstrebigkeit. Und man darf seine Persönlichkeit nicht unterkriegen lassen. Man kann nicht generell sagen, daß man in der DDR nur gelitten hat. Man mußte natürlich in einem begrenzten Raum leben. Und die Situation hat sich auch mit den Jahren verschärft. Es war auch immer das Gefühl, daß man nicht darf. Jetzt kann ich alles wie zum Beispiel überall hinreisen. Aber ich habe gar nicht das Interesse. Es war auch immer das Verbotene. Und dieser Staat hat auch versucht, die Menschen zu entmündigen. Das muß man sagen. Ich glaube, wenn man beibehalten hat, daß man trotz alledem versucht hat, seine Persönlichkeit durchzusetzen, war man nicht gewollt. Das habe ich auch an meiner Stasi-Ake gesehen. Aber es ist auch nicht so, daß ich ständig nur Angst hatte.