Zur Karriere von Alfred Jägersberger
Wie war Ihr Werdegang?
Mein Vater hatte eine große Baufirma, und wie es in dieser Branche üblich ist, war er überzeugt, daß ich die Firma übernehmen würde. Meine Mutter ist gestorben als ich 14 Jahre alt war, dadurch war ich in meiner Entwicklung mir selbst überlassen und verfügte über große Freiheiten. Die Arbeit begleitete mich auch ungefähr seit dieser Zeit. Parallel zur Ausbildung bei der HTL für Tiefbau zeichnete ich Pläne im väterlichen Betrieb, was ich damals für lästig empfand, im nachhinein aber als einen sehr positiven Faktor betrachte. Sehr viel brachte mir die Tätigkeit als Jugendleiter bei der Katholischen Jugend. Wir beschäftigen uns mit Kommunikationstraining, Spielpädagogik und dem Psychodrama. Für mich war von großer Bedeutung meine Auseinandersetzung mit der Psychologie. Bei der Katholischen Jugend lernte ich auch die Organisation und wie man richtig diskutiert. Später wurde mir klar, wieviel es mir brachte. Mein großes Interesse gilt der Philosophie und ich versuchte dieses Interesse auszuleben, indem ich mit dem Studium der Philosophie begonnen habe. Parallel zum Studium arbeitete ich bei der Firma meines Vaters und außer Philosophie studierte ich Soziologie, Politologie und Volkswirtschaft. Bei der Volkswirtschaft war mir wichtig, daß ich mit dem Bürgerlichen- und Verwaltungsrecht konfrontiert war. Diese Zeit der Weiterentwicklung, der Persönlichkeitsentwicklung betrachte ich heute als eine der wichtigsten Voraussetzungen für meinen beruflichen Erfolg. Da in der HTL die Allgemeinbildung vernachlässigt wurde, war es mir ein Anliegen das nachzuholen. Ich las sehr viel philosophische, schöngeistige Literatur, alles, was mir von Bedeutung erschien. Mit 25 Jahren erlebte ich eine psychische Krise, mußte eine Therapie machen und es stellte sich heraus, daß ich unter den Zwängen meines Vaters, der mir keine Berufsauswahl ließ, sehr gelitten hatte und auf ihn böse war. Um sich von dieser Abhängigkeit zu lösen, fing ich als freier Mitarbeiter bei einem großen Architektenbüro an, wo ich aufgrund meiner Aufgaben und einer guten Bezahlung feststellte, welch großes Allgemeinwissen ich eigentlich besitze. Es stärkte mein Bewußtsein und wirkte positiv auf mein Leben. Ich spezialisierte mich weiter im technischen Bereich, auf technischen Ausführung und Bauleitung, setzte mich mit dem Computer auseinander und wurde aufgrund meiner Qualifikationen schnell in der Branche bekannt. Man hat mich weiterempfohlen, ich arbeitete schon selbständig und beschäftigte sogar fünf Mitarbeiter. Das Geschäft lief gut, ich spürte aber den Mangel an Lebensqualität und stellte fest, daß Geld im Leben nicht die zentrale Rolle spielt. Damals war ich verheiratet und arbeitete in Baden. Es zeichneten sich Spannung im Privatleben ab, die in der Scheidung ihren Niederschlag fanden. Ich trennte mich auch von den Angestellten und zog nach Wien, wo ich allein arbeite, für alles zuständig und verantwortlich bin. Mein Schwerpunkt sind Ausschreibungen mit technischer Beratung. Ich bürge allein für die Qualität, was für mich sehr wichtig ist, und habe mir inzwischen einen guten Ruf in der Branche geschaffen. Wenn ich sehr intensiv tätig bin und gut verdiene, leiste ich mir ca. zwei bis drei Monate Urlaub, um mich den Dingen zu widmen, die mich zusätzlich zum Beruf interessieren.