Zum Erfolg von Anton Neumayr
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Primär die Erfüllung jener Wünsche und Träume, die man sich zu Beginn der Karriere gesteckt hat. Daß man sich durch die Befriedigung seiner Wünsche und Anerkennung seiner Erfolge saturiert fühlt. Solange man seine Tätigkeit gern macht, macht einem Streß, Anstrengung und Verzicht auf Anderes nichts aus.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja. Das Ziel Facharzt zu werden erreichte ich ebenso, wie die akademische Leiter zu erklimmen, eine eigene Klinik zu leiten und als Chef fungieren zu können. Im Rahmen dieser Tätigkeit gelang es mir, diese Klinik nicht nur fachlich sondern auch in puncto Menschenführung erfolgreich zu gestalten. Nachdem ich diese Ziele erreichte, folgten auch Ehrenzeichen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Beim Lernen tat ich mir aufgrund meines überdurchschnittlichen Gedächtnisses leichter als andere. Wichtig ist Talent, genetische Veranlagung und das Umfeld. Der abrupte Wechsel von der Musik zur Medizin war 1938 politisch bedingt, aber schon vorher war Medizin ein Wunschberuf. Fleiß allein genügt nicht. Ehrgeiz: sich ein Ziel zu setzen, das über den Durchschnitt hinausgeht. Dafür habe ich die ersten zehn Jahre auf vieles verzichtet, um deutlich über dem Wissensstand der Kollegen zu sein. Mein Fachgebiet betrieb ich mit großer Intensität, so wurde ich auch schneller zum Universitäts-Assistenten befördert, was den Grundstein für meine universitäre, klinische Laufbahn legte. Sehr förderlich waren auch meine Fremdsprachenkenntnisse (neben Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Russisch spreche ich auch etwas Spanisch), die mir nicht nur Türen öffneten, sondern auch beim Studium von Fachliteratur hilfreich sind. In einer Führungsposition reicht das fachliche Wissen allein nicht aus, man muß Führungseigenschaften mitbringen und wissen, wie man eine Klinik oder Abteilung aufbaut. Beweist man Führungsqualitäten, motiviert man auch die Mitarbeiter und kann so ein wissenschaftliches Team aufbauen. Mißerfolge und zu viele Hobbies sind für den Erfolg hinderlich. Hobbies lenken einen vom zentralen Ziel, auf das man sich voll konzentrieren muß, ab, man verzettelt sich und kann es nicht ohne Hilfe von außen (z.B. politischen Schub) schaffen. Für mich ist nur derjenige, der es allein, ohne Protektion und Privilegien geschafft hat erfolgreich - zum Beispiel Wlaschek oder Stronach.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Nachdem ich die Innere Medizin am Elisabeth-Spital aufbaute und modernisierte wechselte ich 1975 in die Rudolfsstiftung. Dieses neu erbaute Spital war für viele Prominente ein weiterer Anreiz zu mir zu kommen, was nicht nur mir, sondern auch der Gemeinde Wien viel Prestige brachte.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Mein erstes, ganz großes, musikalisches Vorbild war mein Klavierlehrer Professor Ledwinka, der noch mit Johann Strauss spielte. Ein außergewöhnlicher Pädagoge, der mir nicht nur technisch viel gab, sondern vor allem mein Herz für die Musik öffnete, was letztlich für meinen Anschlag am Klavier wichtig ist. Mein Vorbild in der Medizin war der Internist Professor von Bergmann, der während meines Studiums in Berlin lebte Medizin durch seine Diagnose ohne weitere Unterlagen vorführte. Zu 70 Prozent stimmt die erste Diagnose, ist die richtige nicht unter den ersten drei Alternativen, kommt man nie drauf. Einen großen Einfluß auf mein Bedürfnis anderen zu helfen hatte mein Vater (sozialdemokratischer Bürgermeister von Hallein 1919 bis 1934, Landtagspräsident von Salzburg, Landeshauptmann-Stellvertreter von Salzburg und 1946 bis 1953 Salzburger Bürgermeister), der ein Herz für notleidende Menschen hatte und vieles von seinem Gehalt an wohltätige Organisationen hergab.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich übernahm dreimal ein bestehendes Team an drei Spitälern, mit denen ich jeweils weiterarbeiten mußte und habe sie dazu in die Zucht genommen. Letztlich muß man sich sein Team selbst schaffen, es ist das Produkt des Chefs.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Eindruck der fachlichen Ausbildung, wie jemand mittut und seinem Engagement nach dem alten Hypokratischen Prinzip helfen zu wollen. Einen Mitarbeiter, der in seiner Freizeit Patienten im Beserlpark besuchte um sie zu fragen, wie es ihnen nach der Behandlung geht, machte ich umgehend zum Oberarzt, nachdem mir das zu Ohren gekommen war.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Durch mein tägliches Beispiel, fachlich durch mein eigenes Wissen und durch das Beteiligen an den Erfolgen, auch in finanzieller Hinsicht. Grundvoraussetzung ist aber eine gewisse Leistungsbereitschaft. Wenn man jemanden nicht motivieren kann, muß man ihn ausscheiden.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Die Frau muß für die Arbeit des Mannes Verständnis haben, sonst wäre sie nur ein Klotz am Bein.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
In der Medizin ist das Jagen nach Geld immer ein Flop. Geld muß für einen Arzt immer erst an zweiter oder dritter Stelle stehen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Im Herbst erscheint noch ein Buch von mir über die Krankengeschichte von berühmten Personen (Schiller, Strindberg, Tratll, Roússeaú). Die ersten drei Bände waren über Musiker, ein Band über Diktatoren (Hitler, Napoleon, Stalin), einer über Dichter, einer über Maler und der vorige war über Luther, Wagner und Nietzsche. Ich werde weiter mit den Philharmonikern musizieren.
Ihr Lebensmotto?
Es kommt nicht so sehr darauf an, dem Leben viele Jahre abzuringen, sondern darauf, den Jahren mehr Leben einzuverleiben.