Zur Karriere von Philip Lincoln Senger Reading
Wie war Ihr Werdegang?
Mein Vater, seinerzeit UNO-Beamter, zuletzt im diplomatischen Rang, prägte mich sehr durch seinen Werdegang. Er kam aus einer bildungsbeflissenen Arbeiterfamilie, die bestrebt war, ihm die Ausbildungschancen zu geben, die er, unterstützt von diversen Stipendien, wahrnahm und parallel zum ständigen Arbeiten einen akademischen Grad erreichte. Durch seine Leistungen wurde mir viel in die Wiege gelegt. Ich besuchte eine elitäre Schule - die Theresianische Akademie - dann ein elitäres College - St. John's College, Cambridge. Durch die Tätigkeit meines Vaters - er war Übersetzer - bekam ich eine Affinität zu Fremdsprachen, zum gedruckten und gesprochenen Wort. Die Auswahl des Studiums hatte mit dem Erkennen eigener Stärken zu tun. Ursprünglich wollte ich Medizin studieren, wußte aber, daß mein komparativer, großer Vorteil Sprachen sind. Sowohl die Theresianische Akademie, als auch das Studium der Sprachwissenschaften in Cambridge, absolvierte ich mit Auszeichnung. Nach Abschluß des Studiums kam ich zu einem bekannten Unternehmensberater, der Geschäfte im Ausland aufbauen wollte und einen Assistenten mit guten Sprachkenntnissen suchte. Parallel dazu fing ich ein paar Jahre später, als Übersetzer bei internationalen Organisationen in Wien und Genf zu arbeiten an. Aufgrund praktischer Erfahrungen und Kontakte zur Wirtschaft traf ich die Entscheidung, Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität in Wien zu studieren. Nach der Sponsion ging ich zur Creditanstalt-Bankverein in Wien, wo ich mich einem Ausbildungsrundlauf, welcher fünf Monate dauerte, unterzog, und als Referent für Auslandsemissionen bis 1988 tätig war. In dieser Zeit boomte das Wertpapiergeschäft in Österreich und mir machte es Freude, in diesem Bereich zu arbeiten. Auch der Arbeitsstil dort imponierte mir sehr - offen und kollegial. Unser Chef saß mit uns im gleichen Zimmer und war für uns buchstäblich jeden Augenblick, wenn wir ihn wirklich brauchten, da. Diese geringe Hierarchietiefe, die ich dort lernte war für meinen Werdegang wesentlich. Nach einer gewissen Zeit begann ich zu begreifen, daß es mir wichtig ist, neue Erfahrungen zu sammeln; so nahm ich das Angebot von der Chase Manhattan Bank (Austria) AG wahr, den Bereich Portfolio Management im Private Banking zu übernehmen. Diese Tätigkeit gab mir die Gelegenheit, die internationalen Kenntnisse zu erweitern - im Laufe meiner Ausbildung war ich in New York, Luxemburg, Frankfurt, Zürich, Genf und London - und die Möglichkeit, mich auf den Investmentbereich zu konzentrieren. Dort lernte ich das Handwerk Investor und genoß den amerikanischen Arbeitsstil - informell, sachorientiert und offen. Nach einem Jahr zeigte sich die Tendenz, die Strategie zu ändern; nachdem ich erfuhr, daß die Bank ihre Präsenz in europäischen Städten abbaut, dachte ich, daß auch die Aktivitäten in Wien stillgelegt werden. Mit dieser Vorahnung verließ ich gemeinsam mit meinem Chef und einem Kollegen die Chase Manhattan Bank und ging mit ihnen zur Meinl Bank AG, wo wir in der privaten Vermögensverwaltung tätig waren und ich ein Jahr nach Eintritt die Prokura erhielt. Ich baute dort das Private Banking auf, und das Angebot, nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers der Julius Meinl Investment GmbH seine Stelle zu übernehmen, war eine logische Folge daraus. Im Laufe der Entwicklung tauchten gewisse Konflikte auf, was mich bewog, das Unternehmen zu wechseln. Mit der gleichen Aufgabenkonstellation, wie bei Julius Meinl Investment GmbH, fing ich bei der Bank der Österreichischen Postsparkasse AG an. Nach einer internen Organisation beauftragte man mich im Jahre 1994 mit der Geschäftsführung der P.S.K. Invest Kapitalanlageges.m.b.H. Wir verdoppelten 1999 das Volumen, die Zahl der Fonds und die Zahl der Mitarbeiter.