Zum Erfolg von Lars P. Reichelt
Was ist für Sie Erfolg?
Wenn man gemeinsam mit Mitstreitern etwas erreicht, das vom Umfeld als nicht oder nur schwer erreichbar eingestuft wird.Sehen Sie sich selber als erfolgreich? Nicht unbedingt, da Erfolg etwas ist, das man nicht alleine, sondern nur gemeinsam, erreicht. Ich bin nur erfolgreich, wenn ich ein Team habe, das erfolgreich ist.
Wie sieht Sie Ihr Umfeld - als erfolgreich?
Die Tatsache, daß ich für ein Werk über Erfolg interviewt werde, zeigt mir, daß ich als erfolgreich angesehen werde. Ich selbst mache mir darüber aber wenig Gedanken. Für mich sind Dinge wie, Spaß an der Tätigkeit, Ideen, die funktionieren zu generieren und sie gemeinsam mit einem motivierten Team umzusetzen, wichtig. Wenn das gelingt und ich derjenige bin, der das Team führt und motiviert habe ich Anteil am Erfolg, bin aber nicht alleine erfolgreich. In meiner Jugend ruderte ich, dabei ist man auch nur als Boot und nicht als Einzelperson erfolgreich.
Wobei haben Sie erfolgreich entschieden?
Wichtig war der Studienplatz St. Gallen, wo mir neue Dimensionen aufgezeigt wurden, mir eine Basis an Freunden und eine breite Perspektive quer durch alle Länder gab. Beruflich beschritt ich immer wenig begangene Wege (I took the road less travelled.), die sich aber immer als gute Wahl herausstellten. Schon in St. Gallen beschäftigte ich mich früh mit dem Telekommunikations-Bereich, obwohl der damals den meisten als monopolisiert erschien. Da aber in den USA und in England diese Branche frei war, ahnte ich, daß das früher oder später auch anderswo ein freier Markt werden wird. Diese Entscheidungen zogen sich immer wieder durch mein Leben: Ich ging zu einer Consulting-Firma, die kaum einer kannte (weil sie sich im Telekom-Bereich engagierte), begann als Ausländer in Tschechien ein Konsortium aufzubauen, dem niemand eine Chance gab (trotzdem funktioniert es), und ging zu Connect Austria, die als Looser gesehen wurde (hier gelang es mir mit meinen Kollegen eine Strategie auszuarbeiten, die uns zum besten Neueinsteiger in Europa machte).
Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt?
Ich strebe keine Positionen an, sondern entwickle Ideen, die ich auch ausführe und führe somit von vorne. Ich bin kein Stratege, der von hinten schiebt, sondern brauche eine Führungsposition, um Ideen verwirklichen zu können.
Was ist für Ihren Erfolg ausschlaggebend?
Glück, welches man aber auch wahrnehmen können muß. So wurde ich jetzt von einem Headhunter angesprochen, um als Direktor für alle mobilen Aktivitäten von Yahoo in Europa nach London zu gehen. Glück ist, daß man mich anrief, mich in einer Position antraf, in der ich zwar glücklich bin, mir aber einen breiteren Aufgabenkreis wünschte; Glück ist, daß ich von Yahoo auch akzeptiert wurde. Wichtig ist also die Fähigkeit, Chancen wahrzunehmen. Ich habe eine kalvinistische Arbeitseinstellung: OK is not good enough. Mein Perfektionismus wird durch ein Junge Hunde-Syndrom abgemildert, was mich immer wieder zu neuen Dingen treibt. Wichtig ist auch die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen und Entscheidungen zu treffen, was ich in St. Gallen lernte. Dabei haben Österreicher ein gewaltiges Manko, sie werden nicht erzogen Entscheidungen zu treffen. Die erste Vorlesung in St. Gallen ist darüber, wie man Entscheidungen trifft; in Österreich gibt es nur zwei Lehrstühle zur Entscheidungslehre. Ich kann vernetzt denken, bin beharrlich, fähig Teams zu bilden und sie zu motivieren.Was ist für den Erfolg hinderlich? Mangel an Vorstellungsvermögen und mangelnder Glaube, es schaffen zu können. Man muß sich sagen: Das was ich mache ist richtig, muß an sich, das Team und die Aufgabe glauben und sich durchbeißen ohne aufzugeben.Welche Rolle spielt Ihr Umfeld? Prägend (für ein Kind bzw. einen Jugendlichen) ist, ob das Umfeld erlaubt, sich Vorbilder zu suchen und diese auch dann zu akzeptieren, wenn es nicht aus dem eigenen Umfeld stammt. Das Saatgut, das man mitbekommt wird meist von anderen, nicht von einem selbst, verbrannt. Es liegt in der Natur des Menschen, daß er sich fordert. Wenn das nicht erlaubt wird, weil es nicht opportun ist, geht viel an Fähigkeiten verloren. Ein herausforderndes Umfeld ist sehr förderlich für die Entwicklung. Im beruflichen Umfeld muß es möglich sein, daß man Ideen, Vorstellungen oder Projekte zur Diskussion freistellen kann. Ich brauche Stimulation und intellektuellen Widerstand, muß Dinge hinterfragen können und, wenn eine Entscheidung getroffen wurde, muß ich sie auch umsetzen können. Ein Umfeld, das mich nicht stimuliert und unterstützt wechsle ich. Lead, follow or get out of the way sind die Varianten, die es in einem Team gibt.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich suche Leute, die für die jeweilige Position das richtige Rüstzeug mitbringen, gehe davon aus, daß Menschen schnell lernen und gebe ihnen eine Chance. Im Zweifelsfall zählen persönliche Faktoren und ein generalistischer Zugang, wobei natürlich die fachlichen Qualifikationen den Grundstock bilden müssen. Ich schaue mir auch an, welche Sportarten jemand betreibt. Ein Tennisspieler oder Einer-Kajakfahrer ist ein Brecher, weniger der Teamspieler wie zum Beispiel ein Volleyball-Spieler.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich kann die Story gut erzählen und das Ziel in einem großen Rahmen vorgeben. Im Aufstellen und Definieren von Visionen und Wertgerüsten bin ich gut. Die Werte, die ich für ONE aufstellte, und die auf Produkte, Strategien und das Team angewandt werden, sind einfach, fair, innovativ und with a smile.Was bedeuten Niederlagen für Sie? Sie spielen dahingehend eine große Rolle, als sie das Rüstzeug sind um erfolgreich zu sein. Wer keine Fehler machen will, der sollte nichts tun und kann daher auch nicht erfolgreich sein. Ich lernte aus meinen Fehlern und finde es auch akzeptabel, wenn jemand einen Fehler zweimal macht. Einen Fehler dreimal zu machen ist dumm oder mutwillig.
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?
Wenn man Dinge, die einem vorschweben, verwirklichen kann ist das eine unglaubliche Energiequelle. Sieht es so aus, als würde ich es nicht schaffen, schöpfe ich meine Kraft aus dem Team. Privat erhalte ich Energie und Freude aus meiner Familie. Eine gut funktionierende Familie gibt Ruhe und diese wiederum Kraft. Ein unglaublicher Motivator ist Freude am Leben, und man kann täglich kleine Dinge zelebrieren - zu sehen, wie sich Mitarbeiter entwickeln, vorgenommene Kennzahlen zu erreichen oder Ideen vorzustellen.Was sind
Ihre Ziele?
Irgendwann in meinem Leben will ich in Italien leben. Ich liebe diese Lebensart, wie die Menschen dort miteinander umgehen.Bekommen Sie - ausreichend Anerkennung? Ja. ONE ist der schnell wachsende und best-performendste Nummer Drei-Anbieter in ganz Europa. Mit dem ONE-Werbespot gewannen wir heuer den Goldenen Löwen in Cannes und er wurde mehrfach (Ö3, TV-Media von Fernsehzusehern) zum besten Spot gekürt.Wie lautet
Ihr Lebensmotto?
Speed is god - and the devil is time und Denn siehe nur, wer fest das Große will, wird das Große auch erreichen. (Goethe)
Haben Sie Vorbilder?
Meinen Vater; ein grundanständiger Kerl, wegen seiner Fähigkeit auf Menschen einzugehen, Menschen zu motivieren und dabei glaubwürdig und ein guter Familienvater zu sein. Ein weiteres Vorbild und mein Mentor ist der Gründer des Management-Symposiums in St. Gallen, Wolfgang Schürer. Obwohl ich mein Leben nicht nach Vorbildern ausrichte, gibt es auch noch manch anderen, den ich bewundere.Haben Sie noch eine
Anmerkung zum Erfolg?
Wichtig ist eine Portion Leidensfähigkeit, um Durststrecken zu überwinden, die Fähigkeit, Mißerfolge zu haben und durchzukommen. Man muß sich auch daran erinnern, daß man zwei Ohren, aber nur einen Mund hat. Das heißt, doppelt soviel zuhören als zu reden sollte die Art sein, wie man kommuniziert. Und letztlich ist jede Strategie nur so gut wie seine Exekution.