Zum Erfolg von Peter Noever
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Für mich bedeutet Erfolg die Herstellung der inneren Balance und des Gleichgewichtes. Heute wird aber Erfolg fast nur im beruflichen Kontext gesehen und bedeutet eher Macht und Reichtum, nicht aber unbedingt Zufriedenheit und ist mehr vom jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld abhängig. Was war für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Dieses winzige Stück Antimaterie im Universum – jede Zeit bietet eine spezifische Chance, die einem selbst gilt und die es gilt, wahrzunehmen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Dort, wo ich meine Vorstellungen kompromißlos umsetzen kann. Ich könnte das Haus nicht betreten, wenn ich mich auf die Funktion des Direktors reduzieren müßte und die Institution nicht täglich als Herausforderung verstehe. Erfolg wird meist als das gesehen, was nach außen kommuniziert wird. Das MAK versteht sich jedoch als Plattform der Auseinandersetzung (Kunst dient nicht der Verschönerung). Es geht nicht nur um Ausstellungen, gerade theoretische Arbeiten; wissenschaftliche Forschung und gestalterische Maßnahmen prägen dennoch entscheidend die Entwicklung einer Institution.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Ich glaube nicht, daß Erfolg zu planen ist; man muß den Zeitpunkt erkennen, die Chance begreifen und die Herausforderung annehmen. Als ich diese Aufgabe übernahm, glaubte ich, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Ich hätte weder drei Jahre früher, noch drei Jahre später dieselben Voraussetzungen vorgefunden. Das Metier war für mich neu und das Interesse für Museen in der Öffentlichkeit nicht besonders groß. Das Haus war verwahrlost, sowohl baulich, als auch inhaltlich – eine klare Strategie, eine neue Definition war zwingend. Für den Umbau und die Neugestaltung wurde mir die künstlerische Leitung übertragen. Während der Umbauarbeiten war das Haus immer für die Öffentlichkeit zugänglich. Als Erfolg werte ich, daß es mir gelungen ist, dieses Ringstraßenpalais nicht verlogen zu rekonstruieren, sondern mit klaren architektonischen und künstlerisch hochwertigen zeitgenössischen Aspekten das Haus neu zu definieren. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Anregungen sind aus den gegensätzlichsten Bereichen für mich unverzichtbar.Was haben Sie angestrebt: diese Tätigkeit oder diese Position? Bereits 1968 machte ich hier im Haus mit Hans Hollein eine Ausstellung. Anläßlich der 1984 von mir kuratierten Ausstellung über den italienischen Designer Archille Castiglioni machte ich mich mit dem Haus vertraut, und vielleicht war dies der ausschlaggebende Anlaß, mich in Folge für die Leitung des MAK zu bewerben.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Anerkennung ist ein hierarchisches Problem. In dem Moment, in dem ich Anerkennung verlange, unterwerfe ich mich. Auch wenn ich oftmals das Gefühl habe, mißverstanden zu sein, habe ich nicht die Intention, Anerkennung zu fordern. Da ich gezwungen bin, das Richtige zu definieren, muß ich auch an dieser Definition messen, was geschehen ist. In der Kunst ist jedoch nicht sofort zu erfahren, was richtig ist, sondern es dauert längere Zeiträume. Entwicklungen zu erkennen und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen geht nicht von einem Moment zum nächsten. Es ist besonders schwierig, Dinge aus der Zeit, in der man lebt, heraus zu beurteilen. Aber eben dies ist mein Job. Das ist ein komplexer Vorgang, der nicht meßbar ist.Wie verarbeiten Sie Niederlagen? Niederlagen treffen einen meist unvorbereitet und ich versuche, diese als Herausforderung zu begreifen. Der sogenannte Erfolg ist aber ohne Niederlagen nicht möglich. Auch der Schönheit muß man das Gegenteil gegenüberstellen, sonst wäre es unerträglich langweilig.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Unterschiedlich und ambivalent, viele sehen aber meine Tätigkeit mit der rosaroten Brille und nur das Interessante und Exotische darin. Tatsächlich sehe ich meine Funktion als täglichen Kraftakt, da man ein Museum nicht wie eine Bank leiten kann, auch wenn heute versucht wird, es nach Kosten-Nutzen-Rechnung zu bewerten. Man muß sich in dieser Position zu 100 Prozent und ohne Limit einbringen.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Jeder ist ein Produkt seines Umfeldes. Auch wenn ich keine Fülle von Menschen für meine Entscheidungen benötige, da man jede Entscheidung sowieso nur selbst verantworten muß, gibt es Abhängigkeiten, die man nicht verleugnen darf. Entscheidend ist es, die Energie und das Wissenspotential der Mitarbeiter miteinzubeziehen. Darüber darf man sich nicht hinwegsetzen. Ein wesentlicher Punkt ist die Fähigkeit, die richtigen Personen richtig einzusetzen.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Ich lege Wert auf Neugierde, Interesse an Kunst, Entwicklungsfähigkeit und unkonventionelle Vorgangsweisen. Es gibt keine letztgültige Methode, besonders nicht in der Kunst. Auch wenn geordnete Strukturen nötig sind, muß es Freiräume geben und man sollte für alle Lösungen offen sein.Wie motivieren Sie Mitarbeiter? Ich nehme mir nicht das Recht zu motivieren. Hier im Haus ist vor allem die Aura von Kunst motivierend.Woraus schöpfen Sie Kraft? Aus dem, was ich tue. So war es auch eine große Herausforderung, der alten Bausubstanz neues Leben einzuhauchen. Dieses Haus ist deshalb ein Juwel, weil hier ein Geist vorhanden ist, der gewisse Dinge ermöglicht. Diese Aura zu pflegen ist auch eine Verpflichtung.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Es gibt eine Reihe von Projekten, die mir wichtig sind. In Wien ist es mein Anliegen, das Projekt CAT – Contemporary Art Tower im Gefechtsturm Arenbergpark als Zentrum der Gegenwartskunst zu verwirklichen. Es ist nicht nur eine Herausforderung für die Stadt Wien, eine Nahtstelle zur Produktionsstätte der Kunst zu schaffen, sondern auch das geschichtlich belastete Gebäude mit positiven Energien zu durchfluten. Kunst ist die einzige Kraft, die einen solch negativ besetzten Ort in etwas Positives verwandeln kann.
Ihr Lebensmotto?
Mein Versuch, die Dinge beim Namen zu nennen, führt oft dazu, daß man mir in dieser Stadt nicht glaubt; da man nicht gewohnt ist, mit direkter Sprache umzugehen.