Zum Erfolg von Erwin Perzy
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Für mich bedeutet Erfolg, etwas Neues zu kreieren, das von anderen angenommen wird. Wenn ich eine neue Schneekugel entwerfe, die sich gut verkauft, fühle ich mich erfolgreich. Erfolg hat für mich nicht mit Reichtum zu tun, der finanzielle Aspekt spielt nur insofern eine Rolle, als ich für meine Arbeit auch adäquat entlohnt werden will.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Durchaus. Wäre ich nicht erfolgreich, würden sich meine Kunden nicht für meine Produkte interessieren.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich verfüge über Organisationstalent und handwerkliche Fähigkeiten, erfasse Situationen relativ schnell und ziehe daraus die richtigen Schlüsse. Ausschlaggebend ist auch meine Zielstrebigkeit: Sobald ich ein Ziel erreicht habe, peile ich schon wieder das nächste an.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Wenn man sich als Tagträumer zu sehr mit sich selbst beschäftigt, hat man für seine Umgebung kein offenes Auge und Ohr, erkennt keine Chancen und kann auch nicht darauf reagieren. Chancen erkenne ich, indem ich mit offenen Augen durch die Welt gehe.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Vor einigen Jahren, als das Exportgeschäft mit den USA besonders stark war, rieten mir viele, ich solle doch auf einen anderen Standort ausweichen und auf der grünen Wiese ein neues Betriebsgebäude errichten. Da ich aber sehr viele Mitarbeiter beschäftige, die in der unmittelbaren Umgebung wohnen und viele Maschinen mit diesem Gebäude, das unser Eigentum ist, verwachsen sind, hätte das sehr weitreichende Folgen und neben einer enormen Investition auch einen halbjährigen Betriebsstillstand zur Folge gehabt. Also entschied ich mich dagegen. Kurz darauf fiel der Dollarkurs dramatisch und bescherte mir starke Umsatzeinbußen. Hätte ich damals auf die Ratschläge gehört und mit Schulden expandiert, würde es das Unternehmen heute vielleicht gar nicht mehr geben.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Originalität spielt für mich persönlich eine sehr wichtige Rolle.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Ich hatte niemals Vorbilder. Ich bin ein absoluter Individualist, der, wenn an einem heißen Sommertag alle im Bad sind, im Wald spazieren geht, und, wenn im Herbst alle auf den Berg gehen, etwas total Konträres macht. Was den Betrieb betrifft, konnte ich mir niemals vorstellen, etwas anderes zu machen - ich fühle mich durchaus meinen Vorfahren verpflichtet. Allerdings würde es mich freuen, wenn mir der finanzielle Bereich keine Kopfschmerzen bereiten würde.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Ein gewaltiges Hindernis stellt die Bürokratie dar. Mein Erfolg wurde dadurch sehr gebremst. Manche realitätsfremde Gesetze zwingen mich dazu, Auswege zu suchen und lange Umwege in kauf zu nehmen, oder verschlingen unnütze Zeit. Ein weiteres, nicht branchenspezifisches, sondern sehr umfassendes Problem ist die Zahlungsmoral, die sich seit der Einführung des Euro drastisch verschlechtert hat, bzw. die allgemeine schlechte Wirtschaftslage, gegen die man als Unternehmer ohnmächtig ist.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Über Nachbestellungen, wenn ein Produkt besonders gut verkauft wird, freue ich mich ebenso wie über Einladungen zu Werbebesuchen auf Messen oder Weihnachtsmärkten von Kunden, oder nette Briefe von Menschen, die ein bestimmtes Motiv suchen - weil sie diese eine bestimmte Schneekugel z.B. vor 50 Jahren bei der Großmutter bewunderten, mit ihr aber nicht spielen durften und diese Kugel nun selbst haben wollen. Die eine wichtige Form der Anerkennung besteht einfach darin, daß der Endverbraucher mein Produkt will und es sich gut verkauft, ich also wirtschaftlich erfolgreich bin. Auf der anderen Seite freue ich mich über das Interesse und die Präsenz von nationalen und internationalen Journalisten und Filmteams, die von selbst auf uns zukommen und Werbung für die Firma machen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Im persönlichen Gespräch finde ich heraus, ob sich der Bewerber für die Arbeit interessiert, dann lege ich Wert auf persönliche Sympathie und darauf, daß die Mitarbeiter auch im Umgang miteinander harmonieren. Wir haben eine sehr geringe Fluktuation, in den letzten zehn Jahren habe ich nur eine neue Mitarbeiterin eingestellt, weil ihre Vorgängerin in Pension ging.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich praktiziere ein japanisches System mit wöchentlichem gemeinsamen Briefing, das das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt. Dabei kann jeder seine Wünsche vorbringen, wir besprechen die aktuellen und kommenden Aufträge, und jeder weiß, was der andere gerade macht - und warum. Auch fallweises Lob, das mir nur selten über die Lippen kommt, ist nötig. Ich führe meinen Betrieb sehr familiär und lasse meinen Mitarbeitern sehr große Freiräume; im Prinzip ist es egal, ob die Schneekugeln um sieben oder acht Uhr früh zusammengebaut werden, wichtig ist, daß sie fertig sind, wenn der Kunde sie möchte.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Die beiden Bereiche verschwimmen allein schon insofern, als meine Lebensgefährtin ebenfalls sehr kreativ ist. Ich arbeite rund 70 Stunden pro Woche, auch von zuhause aus, und möchte Beruf und Privatleben gar nicht trennen, weil ich meine Tätigkeit liebe und grundsätzlich Freude daran habe.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
2002 entstand im Haus ein Schneekugelmuseum mit all den alten Motiven, das einen Überblick über den Werdegang des Unternehmens und alle Produkte geben soll. Im Laufe der Zeit hatte sich sehr vieles angesammelt, was zu schade ist, um in Kartons zu verstauben. Mein Ziel liegt heute darin, das Geschäft weiterhin erfolgreich zu führen, um es in ein paar Jahren in wohlgeordneten Verhältnissen an meine Tochter zu übergeben, die gerade ihre kaufmännische Ausbildung abgeschlossen hat, jetzt noch die Ausbildung zum Werkzeugmacher absolviert und demnächst in den Betrieb einsteigen wird.
Ihr Lebensmotto?
Die Sorgen - soweit es geht -, über Bord zu werfen.