Zum Erfolg von Johanna Rachinger
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Die Österreichische Nationalbibliothek befindet sich seit dem 1. Jänner 2002 in der Vollrechtsfähigkeit. Für mich ist es ein Erfolg, wenn wir dieser voll und ganz entsprechen, durch langfristige Planung, schnellere Entscheidungen und einen besseren Ressourceneinsatz den Betrieb effizienter gestalten als in der Vergangenheit und die Herausforderungen besser bewältigen. Dazu bedarf es neben der fachlichen Kompetenz eines hohen Maßes an Managementfähigkeiten, die ich in der Privatwirtschaft beim größten österreichischen Verlag Ueberreuter sammeln konnte.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, weil ich mit 35 Jahren Geschäftsführerin des Ueberreuter-Verlages geworden bin und glaube, daß ich für mein Alter und als Frau doch eine sehr erfolgreiche Karriere hinter mir habe.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ausschlaggebend war sicherlich mein persönlicher Einsatz. Der nächsten Generation würde ich empfehlen, die Karriere zu planen: Ich strebte immer eine Tätigkeit im kulturellen Bereich an, die mir Spaß und Freude bereitet. Im Laufe meines Berufslebens hat sich gezeigt, daß ich mit einem Achtstundentag nicht das Auslangen finden werde, wenn ich etwas bewegen und erreichen möchte. Weiters zählt sicherlich, daß ich meine betriebswirtschaftliche Erfahrung hier in dieser Institution optimal einbringen kann.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich möchte eine Reihe von Signalen setzen, dies ist mir sehr wichtig und wird auch von den Mitarbeitern sehr positiv aufgenommen. Sie gehen mit vollem Einsatz an die Dinge heran und sind hoch motiviert. Es ist mir wichtig, den Teamgedanken in den Vordergrund zu stellen, so werden Arbeitsgruppen gebildet, in denen die einzelnen Mitarbeiter ihre Erfahrungen einbringen und in die Umsetzung der Ziele miteingebunden werden. Ich halte sehr viel von der „MbO-Methode (Management by Object) und versuche, durch Zielvereinbarungen zu führen. Wir legen mit jedem Mitarbeiter Ziele fest, die auch kontrolliert werden.Welche Aktivitäten wurden bzw. werden im Bereich Kundenservice gesetzt ? Ich führte in dieser Institution den Begriff „Kunden“ überhaupt erst ein und es ist mir wichtig, daß er auch verwendet wird. Als ich in das Unternehmen eintrat, waren die Kundenzahlen rückgängig, andererseits nahmen die Besucherzahlen auf unserer Homepage stark zu. Der Besucherschwund muß gestoppt werden: die Nationalbibliothek ist die geistige Schatzkammer Österreichs und wir haben eine Verpflichtung gegenüber der zukünftigen Generation, Serviceorientierung ist daher ein ganz großes Thema für uns. Der erste Schritt war die Änderung der Öffnungszeiten mit 1. Jänner 2002, damit auch berufstätige Menschen unser Angebot nützen können. In der Vergangenheit wurde die Bibliothek im September geschlossen, um diverse Arbeiten durchzuführen. Dies wurde ebenfalls geändert, ab heuer bleibt das Haus nur eine Woche im September geschlossen. Weiters wurde eine einheitliche Dienstbekleidung eingeführt; jeder Mitarbeiter trägt in der Zwischenzeit ein Namensschild. Wir haben die Homepage zusätzlich auch in englischer Sprache gestaltet, weil sehr viele ausländische Studenten unsere Bibliothek nützen. Man kann unsere Lesesäle nun auch mit Laptop benützen und im Herbst 2001 wurde ein zusätzlicher CD-Rom Lesesaal eröffnet. Wir haben bereits ein Konzept vorliegen, das vorsieht, daß bis zum Jahre 2005 alle unsere Kataloge über Internet zugänglich sind. Die Vollrechtsfähigkeit erlaubt uns auch, längerfristige Budgetplanungen zu erstellen, was in der Vergangenheit unmöglich war. Weiters hat mein Vorgänger im Bereich Buchrestaurierung und Buchpatenschaften schon viel Positives bewirkt. Dies sind nur einige Aktivitäten, die wir im Sinne der positiven Serviceleistung geändert haben. Diesbezüglich habe ich auch dementsprechendes positives Feedback erhalten.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Wenn ich Kinder hätte, wäre mir diese Position mit Sicherheit nicht möglich. Da mein Mann ebenfalls sehr stark in seine berufliche Tätigkeit eingebunden ist, existiert hohes gegenseitiges Verständnis, jeder von uns weiß, was es heißt, eine Führungsposition optimal zu erfüllen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Unabhängig von den fachlichen Voraussetzungen sollte von den Bewerbern ein hohes Maß an sozialer Intelligenz mitgebracht werden. Ein gutes Auftreten ist von eminenter Wichtigkeit, wenn man Erfolg im Berufsleben haben möchte. Ich empfehle der jüngeren Generation, Feedback einzuholen um an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten. Wenn man ins Berufsleben einsteigt, sollte man sich nicht zu schade sein, auch jene Tätigkeiten auszuführen, die nicht unbedingt dem theoretischen Wissensstand entsprechen, denn eine Führungskraft bemerkt sehr schnell, ob ein junger Mitarbeiter Entwicklungspotential in sich trägt, bzw. sich persönlich einsetzt. Weiters sollte man sich immer auf sein eigenes Gefühl verlassen, wenn es gilt, Entscheidungen zu treffen. Jeder muß lernen, Entscheidungen vor sich selbst zu verantworten.