Zum Erfolg von Irene Feierl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg liegt für mich in der Zufriedenheit der Gäste. Es tut gut, am Abend schlafen zu gehen und mich darüber zu freuen, daß sich alle Gäste wohlgefühlt haben und mir sagten Schön war es bei Ihnen, ich komme wieder!. Eine solche Anerkennung ist für mich das Schönste, Reklamationen tun mir hingegen persönlich weh.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Zur Zeit fühle ich mich sehr wohl und somit - im Sinne meiner Definition - auch erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich glaube, daß ich mich vor allem in Hinblick auf einen Betrieb wie diesen dadurch auszeichne, daß ich immer dort bin, wo ich gerade gebraucht werde. Meine Stärke ist mein umfassendes Fachwissen; ich kenne mich in allen Bereichen aus und stehe somit jedem zur Verfügung, der mich braucht. Ich interessiere mich für alles und erkenne meist sofort, wo das Problem liegt. Bevor ich jemanden rufe, versuche ich zunächst einmal, es selbst zu lösen – ich bin niemand, der wegen einer kaputten Maschine sofort den Techniker ruft. Dieses breitgefächerte Interesse pflege ich in Weiterbildungskursen in den verschiedensten Bereichen sowie auf Studienreisen, aus denen ich immer wieder etwas mitnehme, und sei es nur eine scheinbar unwesentliche Kleinigkeit, die ich später einmal gebrauchen kann. Ein wesentlicher Faktor meines Erfolges ist mein Engagement für diesen Betrieb. Dinge, die ich nicht so gern erledige, delegiere ich an jemand anderes – eine meiner Stärken ist es, meine Schwächen genau zu kennen und solche Bereiche jemandem zu übergeben, der sich darin wohlfühlt.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich schaue mir eine Situation zuerst einmal sehr genau an und versuche in der Folge, selbst eine Lösung zu finden. Gelingt mir das nicht, wende ich mich an Ansprechpersonen, die im jeweiligen Gebiet kompetent sind. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch und bewältige Herausforderungen grundsätzlich allein und nach Möglichkeit sofort.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Nein. Auf mich trifft dies überhaupt nicht zu. Ich bin der Meinung, daß man sich als Frau nicht mehr beweisen oder anstrengen muß als ein Mann, sofern man in seinem Bereich gut ist. Gerade im Gastgewerbe ist das Verhältnis Frauen zu Männer im übrigen sehr ausgewogen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich bin nicht der Typ, der Befehle erteilt. Von meinen Mitarbeitern erwarte ich daher eigenverantwortliches Agieren. Vor allem müssen sie selbst erkennen, was getan werden muß, ohne dabei aber chaotisch zu sein – gerade im Service ist es wichtig, von selbst auf den Gast zuzugehen und nicht zu warten, bis er nach einem Kellner oder einer Kellnerin ruft. Die Grundlage ist daher Sensibilität, Gespür und die Liebe zum Menschen. Fachliche Kompetenz ist zwar eine gute Voraussetzung, aber nicht entscheidend – der Gast verzeiht vieles, wenn er ein lächelndes Gesicht sieht – Freundlichkeit ist fast wichtiger als hohe fachliche Qualifikation. Wesentlich ist mir Teamfähigkeit, da ich großen Wert auf gemeinsame Arbeit und ein harmonisches Arbeitsklima lege, in dem sich alle wohlfühlen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir zeichnen uns vor allem durch die Atmosphäre und die internationale und Wiener Küche aus. Ein sehr schönes Kompliment wurde uns mit dem Ausspruch gemacht: „Wenn du nicht in der Kuchlmasterei warst, hast du nichts von Wien gesehen“. Wir versuchen auf die Wünsche unserer Gäste einzugehen, bieten ihnen perfektes, freundliches Service und eine vielfältige Auswahl an Weinen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Meine Tochter ist zwar ausgebildete Köchin, studiert heute aber Medizin – dennoch springt sie gern für mich ein, wenn ich beispielsweise auf Reisen bin. Heute dominiert in meinem Leben eher der berufliche Bereich. Ich habe zwar nicht viel Freizeit, das macht mir jedoch nichts aus, weil ich meinen Beruf liebe.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Man muß einen Beruf ergreifen, den man gern ausübt. Ich sehe derzeit viele junge Menschen, die im Gastgewerbe unglücklich sind, weil sie in dieser Branche nur mangels einer anderen Lehrstelle arbeiten. Grundsätzlich rate ich zur Weiterbildung – und zwar auf freiwilliger Basis. Wer sich nur zu Kursen schicken läßt und sich nicht selbst engagiert, hat nichts davon. Ich würde einem jungen Menschen auch ans Herz legen, international tätig zu werden, um Sprachen zu lernen und Menschen kennenzulernen.