Zum Erfolg von Reinhold Mattlschweiger
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Mir ist es wichtig, daß die Menschen in meiner Umgebung und auch ich selbst glücklich mit ihrer Lebenssituation sind. Nach vier erfolgreichen Jahren mit dem Roseggerhof beschlossen wir, ein zweites Lokal zu eröffnen, revidierten diese Entscheidung jedoch nach zwei Jahren wieder, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Meine Definition von Erfolg wandelte sich also im Laufe der Zeit von einer stark beruflich orientierten zu einer gesamtheitlicheren. Wir hatten damals 20 Angestellte beschäftigt und waren an sieben Tagen in der Woche im Betrieb tätig. Dies bewog uns schließlich dazu, einen Schlußstrich zu ziehen. Dieser Entschluß war rundherum erfolgreich. Mittlerweile können wir uns auf unsere guten Mitarbeiter verlassen und haben Zeit für unser Privatleben. Ich weiß, welches Einkommen wir benötigen, um gut leben zu können. Darüber haben wir keine finanziellen Ambitionen mehr.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich durfte in sehr guten Betrieben arbeiten und hatte in meinem Beruf stets Spaß an meiner Arbeit. Wenn man etwas gern macht, kann man auch viel erreichen. Ohne Liebe zur Arbeit ist Erfolg unmöglich. Kochen ist gleichfalls mein Hobby.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Wir hatten mit unserem Lokal einen schweren Start, da wir Anfangs ein typisches Ausflugslokal betrieben, dessen à la Carte-Kundschaft wirtschaftlich nur marginal zum Florieren des Betriebs beitrug. Man könnte sehr viel besser kochen, wenn man nicht davon leben müßte. Man muß die Gäste erst erziehen, damit sie bereit sind, für Qualität entsprechend zu bezahlen. Erst als wir entsprechende Kunden an uns binden konnten, hatte ich das Gefühl, daß unser Lokal im gewünschten Sinn funktionierte.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Als wir unser zweites Lokal aufgaben, war dies eine gute Entscheidung für unsere Familie. Ich bin generell mit meinen Entscheidungen zufrieden, kann aber nicht sagen, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich anders entschieden hätte.
Ist Originalität oder Imitation besser um erfolgreich zu sein?
In einer Großstadt wie Wien oder München kann man in unserer Branche mit Originalität sicherlich viel erreichen. Hier in Graz verfolgte ich jedoch viele meiner Ideen wegen deren Aussichtslosigkeit in unserer kleinen Stadt nicht. Gewisse Dinge funktionieren nur mit der Akzeptanz der Kunden, doch manche Menschen essen eben am liebsten immer nur Wiener Schnitzel.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Während meiner Lehrzeit konnte mir mein Küchenchef viel vermitteln. Ich stand jedoch generell immer auf eigenen Beinen und verfolgte meine Ziele unabhängig von anderen Menschen meines Berufslebens.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Früher bemühten wir uns um eine gute Reputation in Zeitschriften und ähnlichem. Heute ist mir so etwas nicht mehr wichtig. Ein zufriedener Gast, mit dem ich mich gut unterhalten kann, vermittelt mir heute wesentlich mehr Genugtuung und Anerkennung.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Es gibt etliche unnötige Verordnungen, die viel Geld verschlingen. Zum Beispiel wurde vor einigen Jahren der Gebrauch von Holzbrettern zugunsten von Kunststoffabrikaten verboten. Nun wird er aufgrund ungesunder Weichmacher in Kunststoffen wieder verlangt. Ein weiteres Problem sind die Lohnnebenkosten. Im Steuerbereich muß ich jährlich 10.000 Euro aufwenden, um zu wissen, wieviel Steuer ich zu zahlen habe. Dieser Aufwand ist geradezu pervers. Man darf sich daher nicht wundern, wenn die Schwarzarbeit blüht.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich denke, man sieht mich als eigensinnigen, aber freundlichen Menschen, der stets versucht, Qualität auf den Tisch zu bringen. Ich bemühe mich um ein gutes und freundschaftliches Verhältnis zu meinen Mitarbeitern und Kunden. Früher waren Haubenlokale eine ernste Angelegenheit. Ich möchte ein Lokal führen, in dem sich Menschen wohlfühlen können.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ohne gute Mitarbeiter kann man nichts aufbauen. Es hilft mir nichts, wenn ich nur gut kochen kann, aber allein bin.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
In erster Linie entscheidet die Sympathie. Ein Bewerber muß in unser kleines Team passen. Berufliche Qualitäten kommen ohnehin erst nach einer gewissen Arbeitszeit zum Vorschein.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich versuche einen familiären Charakter im Lokal zu gewährleisten. Wir gehen zum Beispiel gemeinsam ins Kino und können offen über alles sprechen. Meine Mitarbeiter klagen manchmal über mangelndes Lob, mit diesem spare ich jedoch bewußt.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Sie merken, daß versuche gerecht zu sein und mich um ein angenehmes Verhältnis bemühe.
Wie ist Ihr hierarchischer Strukturkoeffizient?
Wir arbeiten nicht in einer Rangordnung, sondern in einem Team, in dem jeder seine Rolle innehat.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir sind sehr flexibel und können auf die jeweiligen Anforderungen eingehen. Wir bewirten auch viele Hochzeitsveranstaltungen und haben kein Problem mit Nachbarn.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich reagiere nicht auf andere Unternehmen. Mit meinen unmittelbaren Gastronomienachbarn pflege ich ein unkompliziertes Verhältnis, in dem es normal ist, daß man in manchen Fällen Gäste an den Mitbewerber vermittelt.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich versuche so flexibel wie möglich zu sein. Meine Frau hat im Lokal wenig zu tun und verfolgt ihr eigenes Berufsleben, was es für mich nötig machte, mich zeitlich gut zu organisieren.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Derzeit wende ich dafür zuwenig Zeit auf. Ich mag Wifi-Kurse nicht besonders gern, sondern informiere mich lieber in der Praxis der Gastronomie. Dinge, die man sich selbst erarbeiten konnte, sind wertvoller.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Wir wollen in den nächsten Jahren ein umfassendes Umstrukturierungs- und Umbauprojekt durchführen, das unseren Betrieb weiterhin attraktiv machen soll.
Ihr Lebensmotto?
Leben und leben lassen.