Zum Erfolg von Iassen Stoyanov
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich habe meinen Kreis geschlossen. Erfolg bedeutet für mich persönlich, so weit gekommen zu sein, daß ich genug gesehen habe, um den Erfolg nicht mehr in mir selbst zu suchen, sondern in meinen Schülern und allen begleitenden Personen. Erfolg bedeutet für mich nicht, viele Schüler zu haben, sondern meine Tänzer glücklich zu sehen. Ein Teil meiner Philosophie besteht darin, mich bei der Arbeit mit Menschen mit Psychologie zu beschäftigen, um sie zu verstehen. Ich brauche deswegen keine Vorbereitung. Mein Geheimnis ist, daß ich mich mit denen beschäftige, denen es schlecht geht. Die anderen lernen vom Zuschauen. Das nächste Mal ist es dann umgekehrt.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich sehe mich selbst als erfolgreich, aber jetzt sind meine Schüler dran. Ihnen zum Erfolg zu verhelfen ist mein Leben, weil man allein nicht erfolgreich sein kann. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Insgesamt waren die letzten 25 Jahre ein Lernprozeß, nicht nur in der Praxis als Interpret, sondern auch für mich persönlich. Mit der Zeit hat sich meine eigene Arbeit entwickelt. Ich habe immer versucht, andere Künstler zu verstehen und nicht darauf geachtet, welches Material sie benutzen oder welche Ideen sie haben. Aus dem Verstehen haben sich meine eigenen Ideen entwickelt und ich habe gesehen, wo meine Wege liegen. Die einzelnen Schritte sind mir leicht gefallen - ich habe mir weniger Gedanken über Erfolg gemacht, sondern einfach „getan“. Ich habe mich in meinem Beruf auf zwei Dinge gleichzeitig konzentriert - klassischen und modernen Tanz. Mein erstes Engagement hatte ich im Bereich moderner Tanz und mein zweites in Linz war wieder dem klassischen Tanz gewidmet. In meiner derzeitigen Arbeit lasse ich beides zusammenfließen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Eigentlich fühlte ich mich ab meiner Ausbildung erfolgreich, die ich ohne mein Talent nicht hätte schaffen können.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Zuerst war das die Heirat meiner ersten Frau, dann die Geburt unserer beiden Kinder. Als wir unser Haus verloren, wurde mir bewußt, daß alles im Leben einen Sinn hat, die guten und die schlechten Ereignisse. Wenn man versucht, die Hintergründe zu verstehen und lernt, damit umzugehen, kommt man einen Schritt weiter.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Das waren gute Freunde. Diese kann man sich nicht kaufen. Es gibt keinen Geldbetrag, den man mit ihnen vergleichen könnte. Wenn man Freunde hat, hat man auch die Kraft, weiterzuarbeiten.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Zunächst muß man wissen, daß das Leben in Siebenjahresschritten abläuft. Deswegen sollte man mit vierzehn Jahren eine den Talenten entsprechende Ausbildung beginnen. Mit 28 soll man spätestens wissen, was man machen will, um ein erfolgreiches Leben zu führen. Zudem ist es wichtig, Interesse für die Vergangenheit zu zeigen. Es werden beispielsweise in meinem Metier mehr und mehr moderne Aufführungen gezeigt, die Technik entwickelt sich so schnell, daß kaum jemand folgen kann. Es ist aber grundsätzlich vor allem wichtig, daß die Menschlichkeit erhalten bleibt.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte meine Schüler glücklich sehen. Das ist mein Leben, für mich persönlich habe ich sonst keine Ziele mehr. Ich schreibe gerade ein Buch. Ich habe eine Bewegungstechnik entwickelt, durch die es möglich ist, den Körper aufzubauen und zu tanzen, ohne dabei eine Schädigung des Bewegungsapparates zu erleiden. Mein eigener Körper ist durch die vielen Jahre Tanz bereits verletzt, das ist auch gleichzeitig ein ungelöstes Problem in unserer Branche. Ich beschäftige mich mit Tai Chi und habe diese Lehre in meine neue Technik einfließen lassen. Das wird vielleicht mein nächster Erfolg.
Ihr Lebensmotto?
„Die Erde ist unsere Bühne. Die Bühne ist unser Leben.“